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weißblau queer gestreift

weißblau queer gestreift

Titel: weißblau queer gestreift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brandl
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Zimmer. Was nun? Nein, ich mag nicht mehr trauern. Ich bin scheißwütend. Auf mich selbst. Am liebsten würde ich jetzt ein paar Mal gegen die Wand laufen oder etwas kaputt machen. Oder mich zumindest betrinken, bis ich ganz taub und deppert werde. Habe ich denn überhaupt was Ordentliches zum Trinken da? … Mein Blick fällt auf das obere Küchenregal. Dort ist eine Flasche Rotwein. Die steht schon ewig da oben rum. Bestimmt fünf oder sechs Jahre. Irgendwer hat mir die mal zum Geburtstag geschenkt. Ich hasse Rotwein. Vor allem den Trockenen, Schweren. Genau so einer wird das wohl sein.
    Ich stehe auf und greife nach der grünen Flasche. Ein Merlot. Aha. Zwölf  Prozent. Hm. Die Plörre ist jedenfalls der einzige Alkohol, den ich daheim habe. Was soll’s. Er muss ja nicht schmecken, er soll nur wirken. Ich hole den Korkenzieher aus der Schublade und beginne mit dem Versuch, die Flasche zu öffnen. Dabei stelle ich mich recht ungeschickt an. Der Korken bricht ab. Also drücke ich die untere Hälfte einfach in die Flasche rein. Nun sind zwar bestimmt einige Korkteilchen im Wein, aber egal: Das Zeug schmeckt gewiss sowieso greißlig. Ich lege mich mit der Flasche aufs Sofa und fange an zu trinken. Ein Glas brauche ich nicht.
    Bei den ersten Schlucken schüttelt es mich richtig, weil der Wein so herb ist. Aber ich trinke mit Todesverachtung weiter. Recht schnell, damit ich es bald hinter mir habe. Um mir die Sache zu erleichtern, rauche ich viel dabei. Eigentlich ständig. Kaum ist eine Kippe aus, zünde ich mir schon die nächste an. Nach der halben Flasche wird mir leicht übel. Keine Ahnung, ob es am Wein oder an den dicken Rauchschwaden in der Luft liegt. Ich öffne das Fenster und lege mich wieder auf die Couch. Weiter geht’s. Eine halbe Stunde und einige Zigaretten später ist es geschafft. Die Flasche ist leer und ich bin besoffen. Mir ist richtig komisch zumute. Nein, das ist kein guter Rausch. Ob ich mich bald übergeben muss? Ich nehme eine aufrechte Sitzhaltung ein, dem offenen Fenster zugewandt, so dass ich gut atmen kann. Durch den Mund sauge ich die kühle Nachtluft ein. Nicht die Augen schließen, nein! Das Karussell dreht sich dann, und das so schnell …
    Öha. Wie schwer mein Körper plötzlich ist. Und wie taub mein Kopf. Nicht mehr denken, nein. Mir ist übel. Und ekliger Geschmack im Mund. Egal. Muss endlich aufhören zu denken. Nur dasitzen und atmen. Und alles ist egal. Ja, genau. Alles egal … Bin so müde. Darf ich vielleicht doch die Augen zumachen? Nur einen Moment? Ja, es wird schon gehen. Gar nicht so unangenehm. Dieses schummrige Drehen, Schwummern und Drullern…
    Zefix! So kalt hier … Ich schlage die Augen auf – und schließe sie sofort wieder. Ist das grell! Autsch. Mein Kopf tut weh. Vorsichtig öffne ich die Augen ein zweites Mal. Nun weiß ich, warum ich vor Kälte zittere. Es ist Tag. Und das Fenster war die ganze Nacht offen. Ich muss hier auf der Couch eingeschlafen sein, im T-Shirt, ohne Decke. Mühsam rappele ich mich auf und schließe das Fenster. Dann lasse ich mich wieder aufs Sofa sinken. Ich greife nach meiner Kuscheldecke und hülle mich bis zur Nase darin ein. Mann, fühle ich mich mies. Warum habe ich mich nur betrinken müssen? Ach ja. Wegen Mandy und Birgit. Das waren die beiden Gründe, eigentlich gute Gründe, um zu saufen. Ärgerlich trotzdem. Weil es mir nun dreifach beschissen geht.
    Und was jetzt? Wie spät ist es eigentlich? Halb neun. Nein, das ist keine christliche Zeit. Ich sollte mich ins Bett trollen und dort weiterschlafen. Hm … war heute irgendwas? Muss ich mir den Wecker stellen? Ach so. Scheiße. Ich muss ja heute Abend wieder zur Arbeit. Außer ich lasse mir was einfallen …
    Ich schließe die Augen und versuche mich zu konzentrieren. Nein, ich mag Hilde nicht begegnen. Wer weiß, wie die so drauf ist. Nicht dass ich mir wieder so einen abgedrehten Schwachsinn anhören darf wie neulich den von meiner Mutter. Und arbeiten mag ich auch nicht. Aber ab dem dritten Krankheitstag brauche ich ein ärztliches Attest. Und um den Schein zu kriegen, müsste ich sieben Kilometer bis nach Aholming radeln, zu meiner Hausärztin Dr. Baldauf. Das Auto meiner Mutter werde ich mir nicht leihen, dafür müsste ich mir wieder eine Ausrede einfallen lassen. Und wenn ich dann bei der Ärztin wäre, müsste ich ihr ins Gesicht lügen. Darauf habe ich keine Lust. Ich könnte sie anrufen und fragen, ob sie mir ausnahmsweise so ein Attest ausstellt, ohne dass ich

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