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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Garten auf der Leine.
    „Wo kümmst du her?“
    Anne stand wie zur Salzsäule erstarrt. Lisa rührte sich und streckte die Ärmchen nach der großen Schwester aus. Schnell schlüpfte Anne zu ihr ins Bett und kuschelte sich an den kleinen warmen Körper. Sie küsste Lisa aufs Haar und flüsterte: „Ik wier up ’n Schiethus.“
    „Un dortau hest du di anmölt?“, erhielt sie zur Antwort.
    „Ja, un nu sey still un slåp, süss wecken wi noch de lütt Dirn up.“
    „Anne?“
    „Hm ...“
    „Gifft dat Späukels?“
    „Nö, glöf ik nich, slåp nu!“
    Anne erinnerte sich mit Grausen an ihre Flucht nach Hause, aber ein Zwiegespräch mit der vierjährigen Schwester über Gespenster, noch dazu zu mitternächtlicher Stunde, hielt sie für unangebracht. Erleichtert bemerkte sie nach einiger Zeit das regelmäßige Atmen beider Kinder. Sie stand vorsichtig auf und kippte die verräterische Leiter in den Garten. Alle Teufel und Gespenster, die ihr bis hierhin gefolgt waren, wollte sie nicht in das Zimmerchen locken, in dem ihre unschuldigen Schwestern schliefen. Sie kehrte zurück ins Bett und wünschte sich, schnell einzuschlafen. Aber ihre Verfehlung war so ungeheuerlich, dass ihr Wunsch nicht in Erfüllung ging. Ihr Gewissen peinigte sie Stunde um Stunde. Zudem machte sie der Verlust ihres Prinzen tieftraurig. Sie musste einsehen, es sei nicht einfach, Gefühle fortzusperren.
     
    Stein machte mit Zeus noch einen späten Rundgang. Er genoss die kühle Luft nach der Hitze des Tages und fühlte sich merkwürdig erleichtert. Die Auseinandersetzung mit dem Grafen war hart und anstrengend gewesen, aber er hatte sie hinter sich gebracht. Die Tatsachen hatte er weder beschönigen wollen noch können. Was hätte es auch genutzt? Die unausweichliche Konfrontation mit den längst bekannten Fakten wäre nur verschoben worden. Doch nach der gemeinsamen Inspektion des Gutes und der Analyse des Vierteljahresberichtes hatte auch der Graf eingestanden, für dieses Wirtschaftsjahr seien keine Wunder zu erwarten.
    Stein wurde von seinem Resümee des Tages abgelenkt, weil Zeus plötzlich in einem Dickicht verschwand. Nach den Geräuschen zu urteilen, hatte er eine oder gleich mehrere Ratten aufgespürt. Stein war besorgt um seinen Hund. Nach seiner Meinung litt Zeus an ständiger Selbstüberschätzung. Sein Vierbeiner war zwar mit nadelspitzen Beißern ausgerüstet, aber Zeus kalkulierte nicht ein, dass es sich dabei nur um Milchzähnchen handelte. Die Geräusche aus dem Gebüsch wurden immer bedrohlicher. Stein war schon versucht, selbst hineinzukriechen. Aber die mit Brombeerdornen versetzte Hecke machte jede diesbezügliche Bemühung zunichte.
    „Gleich morgen verschwindet das Gestrüpp, bietet nur Unterschlupf für elendes Ungeziefer!“, schimpfte er vor sich hin. Gleich darauf vergegenwärtigte er sich, die morgen beginnende Kornernte stehe seinem Vorhaben gewiss im Wege.
    „Zeus, mein Guter, hierher zu mir, mein Hundchen.“ Aber der Verwalter konnte locken, schmeicheln – auch drohen – Zeus blieb im Gestrüpp und ließ sich nicht blicken. Nur die Kampfgeräusche zeigten Stein an, sein Hund schlage sich wacker. Ein scheußliches Fiepen ertönte und ging dem untätigen Zuhörer durch Mark und Bein. Eine Zeit lang war es still. Verzweifelt lauschte Stein. Dann raschelte es erneut. Der Verwalter war jedoch zum Warten verurteilt, bei der Dunkelheit nutzte auch sein Jagdgewehr nichts, woran er schon gedacht hatte. Außerdem bestand die Gefahr, den eigenen Hund zu erschießen. Unterdessen verlagerten sich die Geräusche auf die andere Seite des undurchdringlichen Bewuchses. Tapp, tapp, tapp ..., da war es wieder. Zeus bog um das Gestrüpp herum, seine Beute hinter sich herschleifend, die ihm schlaff aus dem Fang hing. Sie war so groß, dass sie bis unter den Körper des Welpen reichte.
    „Na, mein kleiner Held, was hast du da besiegt, zeig doch mal her.“ Der kleine Held schüttelte seine Beute energisch, um auch sicherzugehen, dass jegliches Leben daraus entwichen war. Stein lobte ihn ausgiebig und nahm ihm die fette Ratte ab. Angewidert schleuderte er sie fort. Zeus stob dem Kadaver hinterher und apportierte erneut. Resigniert fand Stein sich damit ab, den Hund abermals loben zu müssen.
    An Spazierengehen war nicht mehr zu denken. Steins Sinnen und Trachten galt nur noch der Entsorgung der nächtlichen Jagdbeute. Zeus durfte aber nicht dabei sein, sonst läge sie Tag für Tag vor der Tür des Verwalterhauses. Die beste

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