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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Abenteuern des Engländers so fasziniert gewesen, dass der Verdruss der Geschwister nebensächlich geworden war. Robinson war nach einem Schiffbruch auf einer Insel vom Ozean gefangen gehalten worden. Kein Schiff segelte in der Nähe des Eilandes vorbei.
    Ob es in der Ostsee auch solche Inseln gibt? Gewiss nicht, überlegte sie, es ist doch nur ein kleines Meer. Da segeln bestimmt alle nasenlang Schiffe vorbei. Vielleicht kann man so eine Insel schon vom Ufer aus sehen.
    Johanna träumte von Kokospalmen und von Palisadenburgen gegen wilde Tiere. Das Thema Meer verband ihre Phantasie nun mal mit Exotik und mächtigen Naturgewalten.
    Margittas Bettzeug raschelte. Schnell schwang Johanna die Beine aus ihrer Kissenburg und huschte zur Freundin hinüber, die sich genüsslich auf ihrem Laken räkelte. Johanna riss ihr gnadenlos die Bettdecke fort. Margitta wehrte sich sofort und schleuderte dem Störenfried ein Kopfkissen entgegen. Gekicher und Getuschel folgten. Beide machten es sich in Margittas breitem Bett bequem.
    „Müssten wir nicht bald geweckt werden? Heute soll es doch losgehen“, fragte Johanna.
    „Psst, sei still, ich höre Elvira schon die Treppe herunterkommen.“
    Margitta bedeutete der Freundin, sich mit ihr unter dem Deckbett zu verstecken. In ihrer Deckenhöhle konnten sie sich natürlich das Lachen nicht verkneifen, so dass die Gouvernante beim Betreten des Zimmers sofort wusste, wo das Versteck der Mädchen auszumachen sei. Aber sie ließ den beiden den Spaß und zog zuerst die Vorhänge auf. Sofort flutete Sonnenlicht in den geschmackvoll eingerichteten Raum.
    „Margitta aufstehen!“ Als sich niemand zeigte, versuchte Elvira eine andere Taktik. „Margitta, Liebes, weißt du, wo Johanna ist?“
    Das Kichern unter der Bettdecke wurde lauter.
    „Hier bin ich!“ Johanna hatte es nicht mehr ausgehalten. Sie sprang aus dem Bett wie eine Spiralfeder, die aus der Arretierung entlassen worden war, hüpfte im Zimmer hin und her und steckte Elvira und Margitta mit ihrer kindlichen Freude an.
    „Macht euch frisch und zieht euch an, Mädels, die gnädige Frau erwartet uns zum Frühstück und dann wird auch schon der Wagen vorfahren.“
    Elviras Aufforderung löste hektische Betriebsamkeit aus. Die Freundinnen halfen sich gegenseitig beim Ankleiden. Glücklicherweise war mit der Französischen Revolution das Korsett mit seinen aufwändigen Schnürbändern aus der Mode gekommen. Pariser Schneidermeister gaben zwar immer noch den Ton in der europäischen Modewelt an, aber die Roben des Empire hatten schon erhebliche Abwandlungen erfahren. Die Reisekleider der Mädchen waren hochgeschlossen, mit Spitzenkragen aufgeputzt, hatten lange Ärmel und jeweils von der hoch angesetzten Taille abwärts fallende Röcke, die im Rücken Falten warfen. Kaum steckte Johanna in ihrem Kleid, war es mit ihrer Ausgelassenheit vorbei.
    Die Zofe des Hauses Plessen wehte zur Tür herein. Sie hatte sich mit diversen Gerätschaften zur Verschönerung der jungen Damen ausgerüstet, gruppierte nun Kohlebecken, Brennschere, Papilloten, Haarnadeln, Kämme und Bürsten, Bänder und Haarteile auf Margittas Frisiertoilette. Margitta überließ Johannas Haarpracht den Vortritt. Zunächst bürstete die Zofe die glänzenden langen Haare gründlich durch und wickelte sie mit geschickten Fingern auf Papilloten. Auf dem Kohlebecken machte sie die Brennschere heiß und quetschte die aufgedrehten Locken so lange, bis sie von der Hitze fixiert wurden. Bei der Prozedur verbreitete sich immer ein merkwürdiger Geruch. Margitta zog die Nase kraus und Johanna lachte, weil sie die Fratze ihrer Freundin im Spiegelbild entdeckt hatte. Nachdem Haare und Papilloten erkaltet waren, entfernte die Zofe sämtliche Wickler. Dann frisierte sie auf Johannas Wirbel einen Haarknoten und arrangierte alle übrigen Locken mit Kämmen und Nadeln um den Mittelpunkt der Frisur. Zum Schluss schlang sie ein dunkelgrünes Seidenband um den Lockenknoten, das von der gleichen Farbe wie Johannas Kleid war.
    Insgeheim fragte sich Johanna nach dem Sinn des erheblichen Aufwandes. Die kunstvolle Frisur verschwand regelmäßig unter Hauben oder Hüten, die neuerdings auch für Frauen in Mode gekommen waren.
    Bei Margitta wiederholte die Haarkünstlerin die Prozedur, flocht aber noch zusätzlich ein Haarteil mit ein, das einmal aus Margittas Kinderhaar geknüpft worden war.
    Erst als die Zofe, zufrieden über ihr Werk, die beiden Mädchen aus ihrem Zugriff entließ, konnten Johanna

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