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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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eilte weg.
    „Ich gehe mit. Wartet bitte. Sie wird gesund“, dann
hastete er dem Doktor hinterher. In dem schmalen, dunklen Flur stank es nach
Äther und anderen unangenehmen Dingen. Die warme Luft war stickig, abgestanden
und automatisch atmete er durch den Mund. Es roch ekelhaft.
    Der Pater öffnete eine Tür und sprach mit einer älteren
Frau, die abwechselnd zu William, zu Pater Paul schaute. Sie sprachen in einer
Sprache, die er nicht verstand. Das Palaver ging eine Weile hin und her und er
wurde bereits ungeduldig.
    „Aber … aber das geht nicht“, brachte sie verblüfft
heraus.
    William kürzte das Gerede ab. „Die Patientin wartet.
Quatschen können Sie später, beten ebenfalls. Können wir anfangen, bevor sie
stirbt?“, erkundigte er sich sarkastisch. Die beiden schauten ihn an, sahen
seinen Blick und die Frau erhob sich.
    „Kommen Sie mit. Sie müssen sich waschen.“ Er folgte der
Frau und tat, was sie ihm sagte. Er hatte keine Ahnung, was da auf ihn zukam,
aber er würde es überstehen, sagte er sich, zog einen schneeweißen Kittel über,
der ihm wie ein Brett vorkam, so steif und viel zu eng war der.
    Er blickte auf Wanjiru, die mit geschlossenen Augen auf
einen Holztisch lag. Nur von einem weißen Tuch bedeckt. So stand er dabei,
schaute zu, wie man ihr den Bauch aufschnitt. Das Blut störte ihn nicht weiter,
aber der ekelhafte Geruch, der in dem Raum lag. Die Fenster waren halb
geschlossen. Es war heiß hier drinnen, überall schwirrten Fliegen, dazu dieser
süßliche Gestank vermischt mit dem Äthergeruch und allerlei anderen widerlichen
Aromen. Das stinkt schlimmer wie die Fäkalien im Dorf, dachte er angewidert,
unterdrücke den aufkeimenden Brechreiz. Verstohlen blickte er sich um. Ein
großes Kreuz hing über einem alten Schrank, indem allerlei Flaschen und Gläser
standen. Auf einer Kommode lagen Scheren, weiße Lappen, und wie er vermutete,
Operationsbesteck, schmalen Schalen, neben runden Tontöpfen und einer
Waschschüssel. Auch darüber hing ein Kruzifix. Es war gespenstisch still und er
schaute zu der Frau, die auf dem einfachen Holztisch lag. Der Doktor arbeitete
schnell und er schien Ahnung zu haben, sinnierte er. Jedenfalls sah es so aus.
Er wischte mit dem Handrücken wiederholt über die Stirn, auf der sich sofort
neue Schweißperlen bildeten, bis er etwas zu der Krankenschwester sagte, die
mit einem Tuch die beseitigte.
    Als sie nach einer Ewigkeit wie es schien den Raum
verließen, atmete er erleichtert auf. „Danke Doktor“, wandte er sich an ihn.
    „Sie kann nicht bei uns bleiben. Bis heute Abend müssen
Sie sie wegschaffen.“
    „Ach ja? Wohin? Sie überlebt die Fahrt nach Hause nicht,
oder?“
    „Diese Schwarzen sind zäh.“
    „Diese Schwarzen sind Menschen wie Sie und ich, aber das
scheint man vergessen zu haben. Gut, ich hole sie nachher ab. Steht so viel
über Nächstenliebe in der Bibel? Sie sind nur Pharisäer.“ Er wandte sich ab.
„Doktor Paul, passen Sie gut, sehr gut auf, dass ihr so lange nichts passiert“,
rief er ihm noch einmal zu, bevor er endgültig hinauseilte.
    Ndemi und sein Vater saßen unter einer Akazie. Tief atmete
er mehrmals durch, zündete eine Zigarette an, schlenderte zu den beiden.
    „Sie haben sie operiert und alles ist gut gegangen“,
berichtete er, während er Ndemi eine Zigarette gab. „Sie darf noch ein paar
Stunden bleiben, dann müssen wir sie abholen. Ist in der Nähe ein Dorf, wo sie
für ein paar Tage liegen kann?“
    „Ndiyo, nicht weit weg“, antwortete Kihiga. „Ist Bruder
von Ngina. Guter njamas, guter Mensch.“
    „Vielleicht sollten wir dorthin fahren und das vorher
klären.“
    In dem Dorf begrüßte man sie freundlich und der Mzee
berichtete, was geschehen war, während William mit Ndemi am Auto wartete.
    „Asante, Bwana. Das wird dir mein Abuu nie vergessen.“
    „Halb so schlimm“, lächelte er den Freund an. „Ich werde
die Menschen nie verstehen. Was macht es für einen Unterschied, welche Hautfarbe
jemand hat? Es ist egal, ob schwarz, weiß oder gepunktet. Der Mensch an sich
zählt.“
    „Gepunktet ist gut“, schmunzelte Ndemi. „Magineti moset ne
kagoeet kolany ketit. Du bist eine Ausnahme. Geh nach Nairobi. Es ist unser
nchi und trotzdem werden wir überall wie Fremde, hapana wie criminal, Kranke
behandelt. Wir dürfen nirgends hin, dürfen nicht einkaufen, wie du. Dürfen
nicht in Hotel, wie du. Dürfen nichts! Glaub mir, Bwana, eines Tages werden wir
uns das nicht mehr gefallen lassen und alle

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