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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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außerhalb von Accra passiert. Dann jene, die gerne etwas tun würden, denen aber aus irgendeinem Grund die Hände gebunden sind. Denn die Interessenlage ist in der ghanaischen Politik genauso verstrickt wie die in Deutschland.
    Das ländliche Ghana verfügt über extrem schlechte Infrastrukturen, und so kann man Gesetze und Verordnungen in der Provinz schwer durchsetzen. Also lässt man es oftmals lieber gleich ganz. Besucht man in Ghana nur Accra, hat man ein völlig verzerrtes Bild von der Situation im Land. Denn hier gibt es Strom, es gibt fließend Wasser, es gibt Autos und Mobiltelefone, und im alltäglichen Straßenbild bekommt man den Eindruck, der Lebensstandard sei durchaus passabel. Doch sobald man die Städte verlässt, sieht es sofort ganz anders aus. Und viele Politiker bleiben deshalb lieber in Accra, wo das Leben leicht ist und verhältnismäßig luxuriös.
    Zu denen gehörte Honorable Member of Parliament Nana Yaw Ofori-Kuragu zum Glück nicht. Er ist Regionalpolitiker mit Leib und Seele, und wir verstanden uns von Anfang an sehr gut. Er war auf mich aufmerksam geworden, als wir die Toilettenanlage einweihten, und nun hörte er mir interessiert zu, als ich ihm von meinen Plänen, einen Brunnen für Apewu zu bohren, erzählte.
    »Das ist eine wunderbare Idee, die ich sofort unterstützen würde«, sagte der Honorable. »Aber ich sehe nicht, wie das realisiert werden könnte.«
    [Bild vergrößern]
    13. Honorable MP Nana Yaw Ofori-Kuragu
    Doch ich bin nun mal kein Mensch, der den Satz »Das geht nicht« gelten lassen könnte. Ich finde, wir bekommen Grenzen gesetzt, um Lösungen zu finden, wie wir sie am besten überwinden können. Alles, was ich bisher erreicht habe, war nur möglich, weil ich felsenfest davon überzeugt war, dass es das Richtige und auf jeden Fall zu schaffen ist. Und wenn ich von etwas überzeugt bin, dann will ich das so unbedingt erreichen, dass es mir am Ende auch gelingt. Ich überlege mir dann, welche Schritte muss ich als Nächstes unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen? So war das auch mit diesem Brunnen: Ich wollte ihn bauen, und ich wusste, es würde gelingen.
    Im Grunde gab es zwei Hindernisse. Das eine war das nötige Geld, das andere das Problem der nicht vorhandenen Straße. Ich weiß nicht mehr, wie oft Emmanuel und ich zusammensaßen und darüber berieten, wie wir diese riesigen Fahrzeuge zum Brunnenbau nach Apewu bringen könnten. Sitzt man da unten am See, kommt einem das ganz und gar unmöglich vor. Wir sprachen mit unserem Chief darüber, und eines Abends sagte ich: »Wenn wir keine Straße haben, müssen wir eben eine bauen.«
    Emmanuel sah mich mit großen Augen an, ebenso der Chief.
    »Wie meinst du das?«, fragte Emmanuel.
    »So, wie ich es sage.«
    Dabei musste ich lachen, bis die anderen einfielen und wir uns die Bäuche hielten. So einfach war das. Jedenfalls in meiner Vorstellung. Und doch ließ ich mich von diesem Vorhaben nicht mehr abbringen.
    Diese Worte im Herzen, flog ich einmal mehr zurück nach Deutschland, das mir immer weniger vorkam wie mein Heimatland. Die Kälte in den Gesichtern der anderen Reisenden. Das so nahe Nebeneinandersitzen, ohne sich zu grüßen. All das begann mich abzustoßen. Nach der Landung in Düsseldorf bei drei Grad und Nieselregen wäre ich am liebsten auf dem Absatz umgedreht und direkt zurück nach Ghana geflogen.
     
    Wieder erzählte ich allen Menschen, die mir über den Weg liefen, von meinem Plan, einen Brunnen in einem der abgelegensten Dörfer der Welt zu bauen, mitten im Aschanti-Land am Ufer eines traumhaft schönen Sees. Und dann passierte etwas, das meine Arbeit in Ghana mit einem Schlag aus den familiären und freundschaftlichen Kreisen in Hagen heraushob und bei einer größeren Öffentlichkeit bekannt machte. Ja, man kann sagen: In Sachen Professionalisierung meines bislang eher privaten Projektes bedeutete dieses Erlebnis den Durchbruch.
    Es war eine Nachtschicht im Krankenhaus wie jede andere. Notfälle wurden eingeliefert, und wir kümmerten uns um sie. Da kam ein besonderer Fall zu uns: Der Insasse eines in der Nähe gelegenen Gefängnisses wurde mit Herzbeschwerden und mit Verdacht auf Infarkt eingeliefert – in seiner Begleitung ein junger Polizist, der auf ihn aufpassen musste.
    Die Sache zog sich in die Länge, und während sich die Ärzte um den Patienten kümmerten, kam ich mit dem Polizisten ins Gespräch. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, und wie das eben so bei mir ist, kam ich

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