Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
schlafen wird und wo er, statt auf den See hinaus zu rudern, in die Schule darf. Auch dies wäre nicht möglich ohne die Spenden aus Deutschland. Und dann meldet sich Emmanuel, der schon wieder auf dem Weg von Ho nach Accra ist.
»Wenn alles gutgeht«, sagt er, »komme ich heute Abend vorbei. Wir müssen etwas besprechen. Der
Chief Odikro
hat sich gemeldet. Er will wissen, wann wir das große Stammes- Daba machen zur Einweihung des Kindergartens im Nachbarort Dunkura. Das ganze Dorf ist schon aus dem Häuschen, weil ihre
Nana
bald wiederkommt. Sie sagen, du warst schon viel zu lange nicht mehr in Apewu.«
Wir lachen beide. Denn das sagen sie immer. Ein warmes Gefühl entsteht in meiner Magengegend, breitet sich von dort über meinen ganzen Körper aus. Es ist die Freude, bald wieder »nach Hause« zu fahren. Ich kann es kaum glauben, dass es erst acht Jahre her ist, seit sie mir den Titel
Nana Enimkorkor v
erliehen haben. Inzwischen ist er mir zur zweiten Natur geworden. Es ist einiges geschehen in jenen Jahren danach. Und dann kommt mir ein Ereignis in den Sinn, etwas, was mir gezeigt hat, dass nichts unmöglich ist auf dieser Welt, außer man findet sich damit ab. Es ist die Geschichte von einem Brunnen, den es eigentlich gar nicht geben dürfte.
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Kapitel 4
Wasser für Apewu
W ar ich vor meiner »Beförderung« zur Nana mehr oder weniger zu Besuch gekommen, so war es mir von nun an, als kehrte ich nach Hause zurück, wenn ich in Apewu ankam. Nirgendwo sonst auf der Welt werde ich mit so viel Herzlichkeit und ehrlicher Freude empfangen. Damals begann mein Leben in zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich begann immer mehr zu begreifen, welchen Sinn es hat, dass ich mit einem afrikanischen Herzen in Deutschland geboren wurde. Denn nur so kann ich »meinen« Leuten, wie ich die Ghanaer seit langem nenne, wirklich helfen.
Ich habe niemals geplant, eine Hilfsorganisation aufzubauen. Es ist einfach so gekommen. Eines führte zum anderen. Ich bin ein Mensch, der einen Schritt nach dem anderen tut, wenn er ihn für notwendig erachtet. Große Bedenken, was in Zukunft daraus wohl entstehen könnte, halte ich für kontraproduktiv. Ich sehe, was zu tun ist, und packe es pragmatisch an. Nach und nach entstand daraus, was wir heute sind: Madamfo Ghana.
Damals sah ich, dass meine Leute in Apewu dringend gutes Trinkwasser brauchten. Die Toilettenanlage war ein wichtiger Anfang. Dennoch litten Erwachsene wie Kinder nach wie vor darunter, dass sie Wasser aus einem verseuchten Bach tranken. Den meisten war dies gar nicht so bewusst, schon immer hatte man das Wasser aus dem in den See strebenden Bach geholt, seit Generationen schon. Vielleicht war früher das Wasser von einer besseren Qualität gewesen, aber heutzutage wimmelte es nur so von Erregern und Keimen.
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12. Wasserstelle von Apewu
Der Chief und das ganze Dorf sahen das genauso, gleich nach der Elektrizität war ein Brunnen ihr größter Wunsch. Wir waren uns völlig einig darin, dass sauberes Wasser die Grundlage für die Gesundheit unseres Dorfes darstellte. Die Menschen hofften auf ihre Nana Enimkorkor. Doch wie um alles in der Welt sollte ich hier ein Brunnenbohrfahrzeug herzaubern?
Was ich bereits bei meinem zweiten Besuch in Ghana begonnen hatte, nämlich die offiziellen Stellen aufzusuchen und mich durchzufragen, wer für das Dorf Apewu und für den Bereich, in dem ich tätig werden wollte, zuständig war – das führte ich nun auch bei meinen nächsten Besuchen konsequent fort. Ich erkundigte mich also, wie es mit den Planungen im Straßenbau aussah, ob man in absehbarer Zeit damit rechnen könnte, dass der Staat eine anständige Straße nach Apewu bauen würde. Ich erfuhr, dass dies, ebenso wie die Anbindung an das Elektrizitätsnetz, durchaus geplant sei, doch wann es in den Bereich der Wirklichkeit rücken würde, darüber konnte mir niemand Auskunft geben.
Mittlerweile warten wir seit zehn Jahren darauf. In den Jahren 2004/2005 lernte ich den Regierungsvertreter für unsere Region näher kennen, der uns im Parlament in Accra vertritt. Ich erkannte sofort, dass ich es mit jemandem zu tun hatte, der keineswegs die Hände in den Schoß legen wollte, sondern unter den vielen desinteressierten und korrupten Politikern, denen ich inzwischen auch begegnet war, positiv herausstach. Bei meinen Recherchen hatte ich bereits alle möglichen Arten von Politikern kennengelernt. Zum einen die, denen ziemlich egal ist, was
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