Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
Vom Netzwerk:
ihren Weg ans Ufer des Bosomtwisee finden? Und es brauchte nicht nur das Bohrfahrzeug selbst, sondern zusätzlich einen LKW mit einem Wassertank, um die Sedimente aus dem neu gebohrten Loch herauszuspülen.
    Die Straße, die wir bauen würden, musste also diese schweren Fahrzeuge aushalten. Außerdem war es nötig, die ganze Bohrmannschaft hinzubefördern. Rasch kamen wir überein, dass es unmöglich war, den steilen Pfad von Morontuo herab an den See auszubauen. Stattdessen schlug ich vor, den Fußweg nach Abonu, das auf der gegenüberliegenden Seeseite liegt und durch eine halbwegs vernünftige Straße mit Kumasi verbunden ist, zu verbreitern. Doch auch dies waren viele Kilometer, und der Weg war oft nicht breiter als ein Trampelpfad.
    Ich bat Emmanuel herauszufinden, welche Brunnenbau-Firma am zuverlässigsten und erfahrensten war. Seine Wahl fiel auf eine Firma aus Accra. Von diesem Unternehmen hatte Emmanuel nur Gutes gehört. Mr. Kofi, der Leiter und Besitzer, war bekannt dafür, dass er auch schwierige Projekte zu einem guten Ende bringen konnte. Übrigens werden in Ghana alle männlichen Kinder, die an einem Freitag geboren werden, Kofi genannt.
    Ich hielt es für ein gutes Omen, dass auch ich an einem Freitag geboren wurde, deswegen nennen sie mich in Ghana auch Afua, das ist die weibliche Form für »Freitagsgeborene«.
    Und tatsächlich sollte die Begegnung mit Kofi für mich schicksalhaft werden.
    Doch zunächst mussten wir uns um die Straße kümmern. Denn wenn wir die um den See herum ausbauen wollten, dann war das nicht mehr länger nur die Sache von Apewu. Fünf weitere Dörfer lagen an dieser Strecke, und deren Bewohner mussten uns, sollte unser Plan gelingen, beim Straßenbau helfen.
    Also führte Emmanuel Gespräche mit den Chiefs der Nachbardörfer. Ich lege großen Wert darauf, dass nicht ich als Weiße dort hingehe und sage, wo es langgehen soll. Stattdessen verhandelte Emmanuel als einer der ihren mit den Menschen vor Ort und legte ihnen unser Anliegen dar. Mit viel Geduld und guten Argumenten versuchte er, zwischen den verschiedenen Parteien zu vermitteln, und keiner könnte das besser als er.
    Denn wie kann man jemanden davon überzeugen, dass er bei tropischer Hitze die Mühen auf sich nimmt, einige Kilometer Straße zu bauen, von der er selbst nicht profitieren wird? Da muss man das nötige Fingerspitzengefühl haben und die Gepflogenheiten der Menschen kennen. Man muss ihnen Wertschätzung entgegenbringen und ihre Regeln kennen und beachten. Emmanuel ist ein wunderbarer Botschafter unserer Anliegen, und so gelang, was meiner Meinung nach in Deutschland unmöglich wäre: Die Einwohner von fünf Gemeinden leisteten zehn Wochen lang unbezahlte Schwerstarbeit, rodeten das Gebüsch am Rand des Trampelpfades, um ihn ausreichend zu verbreitern, schleppten schwere Steine und Baumstämme, um die schlimmsten Löcher zu ebnen, füllten alles mit Erde auf, befestigten abschüssige Stellen und schufen so tatsächlich, was ich mir vorgestellt hatte: eine Straße.
    Alles wäre so wunderbar gewesen, hätten nicht ausgerechnet dann schwere Regenfälle eingesetzt, die all die mühsam geleistete Arbeit zunichtemachten: Der Regen schwemmte die aufgeschüttete Erde, die Stämme und Steine wieder in den See. Und was machten meine geliebten Ghanaer? Sie begannen einfach noch mal von vorn. Schufteten und ackerten, und am Ende waren die schlimmen Schäden behoben. Apewu war tatsächlich durch eine Straße mit der Außenwelt verbunden!
    Als es so weit war, kam Kofi, der Brunneningenieur, aus Accra und sah sich das Ganze an. Danach rief er mich in Deutschland an und sagte: »Na ja, Bettina, eine richtige Straße ist das natürlich nicht, und ich denke, das wird ganz schön schwierig. Aber wir versuchen das jetzt einfach.«
    Ich war unendlich erleichtert. Schon damals merkte ich, dass auch Kofi ein ganz besonderer Mensch sein musste. Er hätte genauso gut sagen können: »Für einen so kleinen Auftrag von nur einem Brunnen riskiere ich nicht meine teuren Maschinen.« Nein, er war bereit, das Abenteuer zu wagen.
    Damals saß ich in Deutschland wie auf Kohlen. Ich arbeitete bis zum letzten Augenblick, und als ich endlich im Flugzeug nach Accra saß, wusste ich, dass die Bohrfahrzeuge schon nach Apewu unterwegs waren. So verpasste ich die äußerst dramatische Anfahrt der schweren Fahrzeuge über die selbstgebaute Piste, doch allein die Schilderungen ließen mir im Nachhinein die Haare zu Berge stehen. An einer

Weitere Kostenlose Bücher