Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
stand sie, in der Tür zur Küche. Groß und schlank und wunderschön. Damals trug Mimie ihr Haar kurz, was ihr apartes Gesicht und ihre fein gezeichneten Züge vorteilhaft zur Geltung brachte. Sie lächelte.
»
Akwaaba
«, sagte sie, »willkommen in unserem Haus.«
Wir sahen uns in die Augen, und mir war auf der Stelle klar, dass ich mich mit ihr verstehen würde. Kofi zeigte mir mein Gästezimmer. Es hatte sogar ein eigenes Badezimmer, wie es bei gut situierten Familien in Afrika üblich ist. Nach den vielen Wochen in Apewu, wo wir es als unglaublichen Fortschritt ansahen, das Wasser in Eimern nicht mehr vom Bach, sondern von einem richtigen Brunnen zu holen, um uns im Badehäuschen auf afrikanische Weise mit einem Becher zu begießen, war dies Luxus pur.
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15. Mimie und Bettina
Später erfuhr ich, dass für Mimie deutscher Besuch durchaus nichts Ungewöhnliches war, denn Kofi hatte viele Geschäftspartner aus Deutschland. Dennoch merkte sie schnell, dass ich eine andere Geschichte mitbrachte als die Geschäftsleute. Während jene wohl hauptsächlich daran interessiert sind, ihre Projekte möglichst rasch abzuwickeln, um dann wieder nach Hause zu fliegen, verstand Mimie, dass es mir um die Ghanaer selbst ging. Und das fand sie äußerst erstaunlich.
Mimie hat einen Universitätsabschluss in Modedesign und beschäftigte damals mehrere Schneiderinnen, die für ihr Studio arbeiteten. Gleichzeitig half sie Kofi dabei, sein Geschäft aufzubauen. Für mich war sie die erste afrikanische Frau, die eine höhere Ausbildung hatte und ein Geschäft führte – eine gebildete Frau in meinem Alter mit einem weiten Horizont. Sie sprach Englisch, und endlich konnte ich mich ohne Übersetzer von Frau zu Frau mit einer Afrikanerin unterhalten. Außerdem kochte sie wie eine Göttin. Vor allem ich, die ich als Vegetarierin in Afrika immer Probleme habe, etwas Vernünftiges zu essen zu bekommen – denn für einen Afrikaner ist ein Essen ohne Fleisch oder Fisch kein richtiges Essen –, konnte bei ihr nur so schwelgen.
Während dieses ersten Besuchs, der nur sehr kurz währte, denn mein Flug zurück nach Deutschland ging bereits am übernächsten Tag, sprach ich hauptsächlich mit Kofi. Immer noch war unser großes Thema das Wunder unseres geglückten Brunnenbaus in Apewu. Auch für weitere Projekte war Kofi für mich ein unendlich interessanter Gesprächspartner. Kofi hatte die Welt gesehen, war beruflich viel gereist und hatte dadurch einen weiteren Horizont als die meisten anderen Ghanaer, die ich kannte. Und schon bereits in den wenigen Tagen fühlte ich mich bei dieser Familie wie zu Hause.
»Komm wieder«, sagte Mimie beim Abschied.
Ich sah in ihren Augen, dass sie es wirklich so meinte.
Wieder zurück in Deutschland, während mich unser übliches geschäftiges und hektisches Leben wieder in Beschlag nahm, setzte ich mich eines Abends hin und schrieb Mimie und Kofi einen Brief. Ich bedankte mich bei ihnen für ihre Gastfreundschaft und versuchte zu schildern, was sie für mich bedeutete. Ich schrieb von meinem Heimweh nach Ghana und wie sehr ich hoffte, bald wiederkommen zu können. Das ist jetzt schon viele Jahre her. Erst neulich, als wir eines Abends auf unserer Terrasse in Accra zusammensaßen, holte Mimie auf einmal diesen Brief aus ihrem Zimmer und las ihn mir vor.
»Kannst du dich erinnern?«, wollte sie wissen.
Ich war unendlich gerührt. Selbstverständlich wusste ich noch alles und konnte mich genau an jenen Abend erinnern, als ich diesen Brief schrieb.
»Du hast ihn aufgehoben?«, fragte ich zurück.
»Natürlich«, sagte Mimie, betrachtete den Brief liebevoll, ehe sie ihn wieder zusammenfaltete. »Ich habe alles aufgehoben, Betti.«
Auch wenn ich damals schon ahnte, dass Mimie und ich einmal echte Freundinnen, ja Schwestern sein würden, so gab es doch, wie in jeder Beziehung, einige Schlüsselmomente, die uns einander immer näherkommen ließen.
Ich war nun jedes Mal, wenn ich in Ghana ankam und bevor ich wieder abreiste, Gast in Kofis und Mimies Haus. Mimie überraschte mich mit wunderschönen afrikanischen Kleidern, die sie eigens für mich entworfen hatte und die mir ausgezeichnet standen. Sie und Kofi erklärten mir, dass ich als Queen Mother von Apewu am besten nur noch einheimische Kleidung tragen sollte, und das entsprach so sehr meinen eigenen Wünschen, dass ich es ohne zu zögern seither so pflege.
Einmal in Afrika angekommen, schlüpfe ich nicht nur in diese
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