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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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farbenfrohen Gewänder, sondern auch in meine Rolle als Nana. Inzwischen ist mir das so sehr zur zweiten Natur geworden, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenken muss. Ich steige in Deutschland als Bettina Landgrafe ins Flugzeug und komme in Accra als Nana Enimkorkor an.
    Und welche Bedeutung diese Rolle bei meinen Leuten in Apewu hat, das zeigt eine kleine Geschichte, die ich während meinem Aufenthalt im Frühjahr 2011 erlebte. Zum ersten Mal begleitete mich bei diesem Besuch ein Verwandter, nämlich mein Cousin. Auch das Dorf war ganz aus dem Häuschen, denn die Familie nimmt einen hohen Stellenwert in Ghana ein, und er wurde von allen herzlich aufgenommen. Während eines Stammesmeetings erhielt er sogar die Erlaubnis, etwas zu sagen. Als er aber von mir als »Bettina« sprach, da unterbrach ihn der Dorflehrer höflich, aber bestimmt und korrigierte ihn. Ich sei Nana Enimkorkor und nicht Bettina oder gar Betti, und er möge mir doch bitte Respekt zollen. Es sei äußerst unhöflich und respektlos, mich anders als Nana anzusprechen. Mich hat das sehr beeindruckt. Ich weiß ja um die Seriosität dieses Titels. Dieses Beispiel hat mir einmal wieder vor Augen geführt, wie viel ich diesen Menschen doch bedeute.
     
    So ist es auch für mich noch ein stetiges Dazulernen. Damals während meiner ersten Besuche in ihrem Haus erfuhr ich von Mimie auch vieles darüber, wie Afrikanerinnen leben und denken, wie sie fühlen und was sie bewegt. Wenn ich nicht im Busch unterwegs war, sondern mich während meiner kurzen Zwischenstopps in Accra aufhielt, gingen wir zusammen ins Kino oder unternahmen sonst etwas gemeinsam. Manchmal waren das ganz banale Dinge, zum Beispiel gingen wir zusammen einkaufen, und Mimi zeigte mir, wo man in Accra Nutella bekommen kann. Ein Glas kostet allerdings 14 Euro, und so muss jeder, der mich in Accra besuchen kommt, in seinem Gepäck unweigerlich ein Mammutglas von dieser dunkelbraunen Köstlichkeit für mich mitbringen. Denn ich bin leider süchtig danach.
     
    Leider blieb es nicht aus, dass ich während meiner Fahrten und Aufenthalte im ghanaischen Busch, auch durch den Kontakt mit kranken Menschen und durch Essen, das ich nicht vertrug, die eine oder andere Krankheit einfing. Meistens schlägt uns Europäern das dann auf die Verdauung, das weiß jeder, der einmal in Afrika oder den Tropen unterwegs war und die afrikanische Variante von »Montezumas Rache« erleiden durfte. Der Durchfall auf Reisen durch den Busch ist besonders unangenehm, weil man nirgendwo eine vernünftige Toilette antrifft und als Frau an den Straßenrändern nur schwer ein einsames Plätzchen findet. Mit diesem Phänomen hatte ich mich bereits abgefunden, aber eines Tages erkrankte ich wirklich schwer.
    Wir waren gerade in Apewu, als es mich nachts überraschte. Ich bekam Durchfall, und noch auf dem Weg aus meinem Zimmer nach draußen sackten mir die Beine weg. Mein Bauch verkrampfte sich, und von einer Sekunde auf die nächste war mir, als flösse alle Kraft aus meinem Körper.
    Ich rief nach Victor, der mich damals begleitete. Er brachte mir einen Eimer, doch ich war so schwach, dass er mich festhalten musste, damit ich mich überhaupt darauf setzen konnte. Das Wasser schoss nur so aus mir heraus, und in meinem ganzen Leben war mir niemals so elend gewesen. Stundenlang schwankte ich zwischen Eimer und Bett hin und her. Bei 40 Grad Hitze und 40 Grad Fieber und so großem Flüssigkeitsverlust dachte ich allen Ernstes, ich müsse sterben. Ich fühlte mich völlig ausgedörrt und hatte das Gefühl, innerlich zu vertrocknen. Immer wieder versuchte ich, mir selber eine Infusionsnadel zu legen, aber dafür war ich schon längst viel zu schwach. Alles, was ich tun konnte, war atmen. Zu mehr reichte die Kraft nicht mehr aus.
    Am nächsten Tag trugen sie meine Matratze nach draußen in den Innenhof, weil die Hitze im Zimmer unerträglich war. Rasch sprach sich herum, dass Nana krank war, das ganze Dorf ging bedrückt herum und jede Minute erkundigte sich jemand nach meinem Befinden. So vergingen vier Tage, in denen Victor treu über mich wachte, bis endlich meine Medikamente anschlugen und ich mich etwas besser fühlte.
    Da ich glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben, folgten wir unserem ursprünglichen Plan und fuhren noch weiter weg von Accra in die Brong-Ahafo-Region, in Victors Heimat im Nordwesten Ghanas. Während unserer Fahrt in die Kleinstadt Brodi bekam ich eine fürchterliche Bindehautentzündung. Erst abends,

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