Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
das sind umgerechnet rund 7 Euro 50, und das ist für Ghana richtig viel Geld. Ich habe selten einen stolzeren und zufriedeneren Menschen gesehen als diese Frau.
Damals also, am Tag nachdem es gelungen war, bis zum Grundwasser zu gelangen, stand das gesamte Dorf um den Brunnenplatz und sah zu, wie die Frauen in ihr wichtiges Amt eingewiesen wurden.
Als der Brunnen schließlich fertig war, feierten wir ein großes Einweihungsfest. Das ist immer ganz wichtig, denn große Ereignisse müssen einfach mit einem Fest begangen werden, vor allem, wenn sie eine so große Auswirkung auf das tägliche Leben der Menschen haben wie frisches Trinkwasser. Es ist nämlich für viele, besonders auch für Ältere, schwer zu verstehen, warum das Wasser, das über Generationen das Dorf erhalten hat, auf einmal schlecht sein soll.
»Unser Urururgroßvater hat dieses Wasser schon getrunken«, heißt es dann, »und wir sind auch noch da.«
Die Menschen sind an den Geschmack dieses Wassers gewöhnt, und oft lehnen sie anfangs das Brunnenwasser ab, denn es schmeckt anders, ein wenig salziger, schließlich kommt es aus viel größerer Tiefe. Wir lassen grundsätzlich jedes Wasser aus einem Brunnen, den wir bohren, prüfen, ehe wir ihn freigeben, und alle unsere Brunnen haben erstklassige WHO -Qualität. Das muss noch nicht heißen, dass es den älteren Menschen schmeckt. Auch wenn sie vorher den Brunnen ausdrücklich wünschten, so ist die Macht der Gewohnheit doch oft stärker.
Ein wichtiges Ritual, das habe ich damals verstanden, ist also bei einer Einweihungsfeier der Moment, wenn die erste Schale Wasser dem Chief Odikro überreicht wird.
Ich weiß es noch wie heute, wie damals unser Chief die Schale entgegennahm. Atemlose Stille legte sich über die versammelte Dorfgemeinschaft. Ich höre noch das Schlürfen, mit dem der Chief das Wasser trank, einen Moment des Innehaltens und dann sein lautes, genüssliches: »Hmmmmm!« Und der ungeheure Jubel, der daraufhin ausbrach.
Denn wenn der Chief das Wasser für gut befindet, dann ist es auch gut. Und letztendlich sind es, wie schon erwähnt, die Frauen, die entscheiden, wo das Wasser geholt wird. Bringen uns einzelne einmal wieder ihre Kinder mit Durchfallerkrankungen und Wurmbefall in den Augen, dann erklären wir ihnen geduldig: »Das kommt davon, weil du dein Wasser immer noch aus dem Bach holst. Mit Brunnenwasser wäre das nicht passiert!«
Besonders gut ist es auch, wenn wir in einem Dorf, so wie in Apewu, längerfristig Projekte durchführen. Zum Beispiel einen Kindergarten oder eine Schule bauen. Dann können wir die Kinder durch die Schulspeisung bereits an den Geschmack des gesunden Wassers gewöhnen und ihnen im Unterricht immer wieder vor Augen führen, wie wichtig es ist, sauberes Wasser zu trinken. Und nach und nach setzt sich das dann auch durch.
Haben wir also erst einmal die Frauen vom Brunnenwasser überzeugt, dann werden sie es auch dort holen, selbst wenn ihr Mann vielleicht meckert und sagt, das Wasser schmecke ihm nicht, er wolle lieber das Wasser aus dem Bach. »Nein«, sagen die Frauen dann ziemlich selbstbewusst, »das Wasser wird vom Brunnen geholt.« Und dabei bleibt es dann auch. Denn den Mann habe ich noch nicht gesehen, der sich mit einem Eimer bewaffnet auf den Weg macht, um selbst Wasser zu holen.
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14. Der Brunnen von Apewu
Als der Brunnen fertig war, verabschiedete sich die ganze Brunnenbohrmannschaft und setzte sich wieder, diesmal in umgekehrter Richtung, in Bewegung. Ich nahm Abschied von Kofi, wohl wissend, dass er mit all den Widrigkeiten an unserem Projekt eigentlich so gut wie nichts verdient hatte. Ich sprach ihn darauf an, doch er meinte nur: »Ach Unsinn. Du setzt dich dermaßen ein. Da ist es doch selbstverständlich, dass wir Ghanaer unseren Teil dazu beitragen.«
Er fragte mich, wo ich denn wohnte, wenn ich in Accra war.
»In einem Guest House«, antwortete ich.
»Dann komm doch das nächste Mal zu uns«, sagte er. »Meine Frau Mimie und ich würden uns freuen.«
Er schrieb mir die Adresse auf, und ich sagte: »Klar! Danke schön! Ich schau bei euch vorbei.«
Damals hatte ich keine Ahnung, dass diese Einladung noch weitreichende Folgen haben sollte.
Es ist später Nachmittag, da tritt ein erschöpfter und dennoch strahlender Emmanuel zum Tor herein. Er hat den ganzen Weg von Ho nach Accra hinter sich gebracht. Heute Morgen war er noch am Voltasee dabei, als Josuah in sein neues Zuhause gebracht wurde.
»Wie war
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