Weiße Nebel der Begierde
seine Augen wirkten sanft und verschlafen. Allein bei seinem Anblick quoll ihr Herz über.
»Ich liebe sie alle, aber du und Juliana, ihr seid jetzt meine Familie. Ihr seid mein Leben. Bitte bring mich nach Hause, Gabriel. Ich möchte nicht dauernd auf Häuserreihen und Rauch schauen oder die Flüche der Müllmänner und Straßenkehrer hören, und ganz bestimmt habe ich keine Lust mehr mit anzusehen, wie ein junges Mädchen gerügt wird, weil sie die Teetasse falsch hält. Ich möchte die Weite, das Meer und den blauen Himmel sehen.« Sie sah ihm in die Augen. »Und dich ... und unsere Kinder, wie sie auf den Wiesen toben.«
»Kinder?« Er blinzelte.
Darüber hatten sie noch nie gesprochen.
»Ja, Gabriel. Ich möchte dir einen Sohn schenken. Unseren Sohn.«
»O Mädchen ...«
Gabriel vergrub die Finger in ihr Haar und küsste sie zärtlich und so lange, bis sie beide atmlos waren. Eleanor schob ein Bein über seines. Ich könnte bis in alle Ewigkeiten so liegen, dachte sie, im Schutz seiner warmen Haut und seiner sanften Hände, und ich würde mich nie wieder allein fühlen.
»Ich bin auch noch zu einer anderen Entscheidung gekommen«, sagte sie, als der Kuss endete, sich ihre Lippen aber noch berührten.
»Zu welcher?«
»Ich denke, dass ich nicht sehr viel Wert darauf lege, dich in Hosen zu sehen.«
Gabriel grinste und lachte leise, als er ihre Zungenspitze mit seiner berührte und eine Hand unter die Bettdecke gleiten ließ.
»Das ist gut zu wissen, Mädchen ...«
Er drückte ihre Hüften an seine, und sie fühlte, wie seine Männlichkeit schwoll.
»... besonders, da ich im Moment keine anhabe.«
Eleanor schaute ihn einen kurzen Moment schweigend an, dann sagte sie: »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen glauben kann, Sir. Ich fürchte, ich muss Sie um einen Beweis bitten.«
Und er lieferte ihr den Beweis.
Zweimal.
Kapitel neunzehn
Eleanor saß am Kamin im Salon und las, während Juliana und Brighde auf dem Teppich am Boden lagen und einen großen Papierbogen mit Wasserfarben bemalten.
Wenn man sie ansah, musste man sich fragen, wozu sie überhaupt ein Papier brauchten. Sie hatten mehr Farbe auf ihre Nasen, Wangen und Fingern verschmiert als sonst wo.
Gabriel hatte versprochen, dass sie gleich am nächsten Morgen abreisen würden. Es war erst eine Woche seit ihrer Ankunft in London vergangen, aber in dieser Zeit war so viel geschehen, dass es Eleanor vorkam, als wären sie schon einen Monat in der Stadt.
Mr Pratt hatte Anfang der Woche eine Unterredung mit dem Anwalt von Georgianas Familie, und nachdem er ihn über die Veränderung in Gabriels Lebensumständen in Kenntnis gesetzt hatte, entschieden sich Georgianas Eltern klugerweise, Abstand von einer Klage gegen Gabriel zu nehmen. Die neue Ehe und der Ruf der Westovers hatten genügt, um ihre Habgier zu ersticken. Zudem wurde Julianas mütterliches Erbe in einen Treuhandfonds umgewandelt, so dass niemand Zugang zu dem Vermögen hatte, bis sie volljährig war.
Sie besuchten Brighdes Großmutter, die allein in einem kleinen, baufälligen Häuschen in Cheapside wohnte. Gabriel hatte einen Arzt gerufen, der bei einer Untersuchung feststellte, dass die schlechte, beißende Luft in London Ursache ihrer Krankheit war, die nicht, wie man zunächst vermutet hatte, einen tödlichen Verlauf nehmen würde. Der Arzt sagte voraus, dass sie sich vollständig erholen würde, wenn sie aus der Stadt wegzöge. Daher würde auch Brighdes Großmutter sie nach Schottland begleiten.
Christian und Grace waren gestern nach Skynegal abgereist und hatten versprochen, im nächsten Monat nach Dunevin zu kommen. Robert und Catriona, der Duke und die Duchessa of Devonbrook, würden auf Trelay Rast machen, wenn sie für die Wintermonate zu ihrem Landgut Rosmorigh in die Highlands fuhren.
Eleanor lud all ihre Freunde und Verwandten zu Hogmanay, dem Silvesterabend, nach Trelay ein, weil Gabriel und sie an diesem Tag noch einmal heiraten wollten - diesmal im Schleier des Dunstes und im Grünen vor einem uralten Altar aus Felsgestein auf dem Schlosshügel. Sie würden nur Freunde, Familie und die Inselbewohner um sich haben, während die Klänge des Dudelsacks über das Meer wehten.
Im Moment hielten sich nur Eleanor und die Mädchen im Stadthaus auf, denn Gabriel kümmerte sich darum, dass Eleanors Sachen - unzählige Truhen, Kisten und Koffer - aus Knighton House geschafft und mit einem großen Fuhrwerk nach Trelay transportiert wurden.
Eleanor hatte am Morgen einen langen
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