Weiße Nebel der Begierde
ihrer Hochzeit Hausherrin von Knighton House war, sie herzlich willkommen.
»Eleanor, willkommen daheim. Wir sind alle glücklich, dich zu sehen.«
Sie ging auf sie zu, umarmte Eleanor und flüsterte ihr ins Ohr: »Du hast mir schrecklich gefehlt. Christian ist fürchterlich missmutig, wenn du nicht in der Nähe bist.«
Die Grace, der Eleanor jetzt gegenüberstand, unterschied sich erheblich von dem duckmäuserischen Mädchen, das Christian vor sechs Monaten geheiratet hatte. Diese Grace war selbstbewusst und strahlend, eine glanzvolle Erscheinung von der eleganten blonden Frisur bis zu den perfekt zum Seidenkleid passenden Schuhen.
Eleanor lächelte dankbar für ihre Bemühungen, die Situation zu entspannen. »Ich habe dich auch vermisst.«
»Sie müssen Lord Dunevin sein«, sagte Grace und hielt Gabriel die Hand zum Gruß hin. »Ich bin Grace. Eleanors Schwägerin. Bis Sie in Erscheinung traten, war ich das neueste Mitglied dieses Clans. Willkommen in der Familie.«
Eleanor hatte Gabriel im Voraus alle Adelstitel der anwesenden Personen genannt. Jetzt ergriff Gabriel Graces Hand und beugte sich über sie. »Lady Knighton.« »Bitte, treten Sie näher und lernen Sie den Rest der Familie kennen.«
Mit dieser Aufforderung brach das reinste Chaos aus. Alle redeten durcheinander, drängten sich, Eleanor in die Arme zu schließen und Gabriel und die Mädchen zu begrüßen.
So viele Fragen. So viele Umarmungen.
Wie hatten sie sich kennen gelernt?
Wo hatten sie geheiratet?
Planten sie, länger in der Stadt zu bleiben?
Eleanor schwirrte der Kopf inmitten all der lächelnden Gesichter und Umarmungen, und plötzlich spürte sie, dass jemand hinter ihr stand.
Sie drehte sich um und sah Christian. Sie lächelte.
»Christian.«
»O Nell.«
Ihr Bruder brachte kaum ihren Kosenamen heraus, dann riss er sie an sich und drückte sie so fest, dass sie kaum noch Luft bekam.
»Es tut mir so Leid«, flüsterte er und ließ sie lange nicht los.
Eleanor fühlte, dass er Mühe hatte, seine Gefühle im Zaum zu halten, und sie bedauerte, dass sie ihm so viele Sorgen bereitet hatte. Sie konnte die Tränen vor Freude, ihn wiederzusehen, nicht mehr zurückhalten.
Schließlich löste sie sich von ihm. »Komm, Bruder, da ist jemand, den ich dir vorstellen möchte.«
Eleanor nahm Christians Hand und führte ihn zu Gabriel und Juliana. »Christian, darf ich dich mit meinem Mann, Lord Dunevin, bekannt ma-chen? Gabriel, das ist mein Bruder Lord Knighton.«
Die beiden Männer schüttelten sich die Hände. Während sie sich höflich begrüßten, betrachtete Eleanor ihren Bruder genauer.
Wie Grace hatte auch er sich verändert in der Zeit, in der sie weg gewesen war. Er trug nicht mehr die Last des schrecklichen Geheimnisses, das sein Leben bestimmt hatte. Sein Lächeln wirkte gelöster, sein Auftreten lockerer. Er war mit sich und der Vergangenheit im Reinen, und offensichtlich fühlte er sich so befreit, dass er imstande war, die Schönheit seiner Frau wahrzunehmen, der Frau, die andere für ihn ausgesucht hatten. Eleanor freute sich für die beiden.
Christian kauerte sich vor Juliana, die sich sofort näher an Eleanors Röcke drängte.
»Es ist mir eine Freude, dich kennen zu lernen, Miss MacFeagh«, sagte Christian zu Juliana. »Du hast ein sehr hübsches Kleid an.« Er reichte ihr die Hand. »Mein Name ist Knighton, und ich würde mich sehr freuen, wenn ich dein Onkel sein dürfte.«
Juliana sah zu Eleanor auf, die lächelte und ihr aufmunternd zunickte. Nach kurzem Zögern legte Juliana vorsichtig die Hand in die von Christian.
Christian richtete sich auf, hielt ihre Hand fest und führte sie lächelnd zu dem großen Käfig, in dem Frances’ Kanarienvogel auf seiner Stange saß und nach dem großen Tumult aufgeregt zwitscherte.
Christian war wunderbar zu Juliana. Alle nahmen sie mit offenen Armen auf. Eleanor strahlte.
»Nun, nachdem wir die Begrüßung hinter uns gebracht haben«, sagte Grace von der Schwelle aus, »können wir uns zu Tisch begeben. Forbes sagt, unser Dinner steht zum Servieren bereit.«
Sie durchquerten alle gemeinsam die Halle und gingen in das geräumige Speisezimmer, wo der große Mahagonitisch für ein formelles Mahl gedeckt war. Man hatte die Kristallkelche und das beste Familiensilber aus dem Schrank geholt und geputzt, bis es im Licht des Kandelabers blitzte und funkelte - nur das Beste für diese besondere Gelegenheit.
Eleanor nahm ihren üblichen Platz zu Christians Linker ein, Juliana saß
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