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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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Mylord?«
    Der Viscount sah auf - sein Blick traf sofort auf sie. Er nahm die Brille ab und legte die Feder weg. »Miss Harte, bitte kommen Sie herein.«
    Sein Ton wirkte steif, sachlich, erschreckend unbeteiligt. Sie betrat langsam den Raum und bemühte sich, die Furcht zu ignorieren, die ihr die Schritte so schwer machte.
    Sie setzte sich und glättete ihre Röcke über den Knien, dann sah sie Lord Dunevin an. Er musterte sie einen Augenblick schweigend; er hatte die Lippen zusammengepresst und die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet.
    Lieber Gott im Himmel, er wird mich fortschicken!
    »Miss Harte, wie Sie vielleicht schon vermuten, möchte ich mit Ihnen über den gestrigen Zwischenfall mit Juliana sprechen.«
    »Mylord, ich ...«
    Er hob eine Hand. »Miss Harte, bitte erlauben Sie mir, dass ich zu Ende rede.«
    »Nein, Mylord. Zuerst habe ich Ihnen etwas zu sagen.«
    Eleanor rutschte nach vorn auf die Stuhlkante. Sie wandte den Blick von seinem verblüfften Gesicht und richtete ihn auf einen kleinen Delphin aus Porzellan, der auf dem Schreibtisch stand. Wenn dies das Ende war, dann würde sie in jedem Fall noch das loswerden, was sie zu sagen hatte, bevor sie ihre Sachen packte.
    »Es ist nicht nötig, dass Sie weitersprechen, Sir. Tatsächlich weiß ich bereits, was Sie mir sagen wollen.«
    Der Viscount lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue hoch. »So?«
    »Ja. Sie denken daran, mich wegen des gestrigen Vorfalls von den Aufgaben einer Gouvernante zu entbinden, aber Sie sollen wissen, dass ich nicht die Absicht habe, das Kind im Stich zu lassen.«
    Sie merkte, dass die Gäule mit ihr durchgingen, deshalb milderte sie ihren Ton und sah Lord Dunevin direkt in die Augen.
    »Ich weiß, dass sie glauben, mich falsch beurteilt zu haben, als Sie mich einstellten, aber Sie irren sich. Ich kann Juliana helfen. Sie haben selbst erlebt, wie sie durch das Fernglas schaute und wie sie allmählich auf ihre Umwelt reagierte. Ich kann mir nicht erklären, was gestern geschehen ist, was ich getan habe, dass Juliana sich so verhalten hat, aber ich flehe Sie an, nicht zuzulassen, dass meine Unachtsamkeit Julianas Fortschritten ein Ende macht. Sie brauchen mich nicht zu bezahlen, Mylord. Ich bleibe ohne Gehalt und werde meine Arbeit mit Juliana fortsetzen.«
    Der Viscount saß lange reglos da und dachte über ihre Worte nach. Seine Miene war unergründlich und gab nicht preis, ob es Eleanor gelungen war, ihn zu überzeugen. Schließlich antwortete er: »Schön, Miss Harte. Ihr Standpunkt leuchtet mir ein. Sie können bleiben.«
    »Oh.«
    Gabriel sah, dass sich Unsicherheit auf ihrem Gesicht abzeichnete. Sie war wie ein offenes Buch für ihn. Augenscheinlich hatte sie Einwände von ihm erwartet und zweifellos den ganzen Morgen damit zugebracht, sich zu überlegen, mit welchen Argumenten sie ihn von dem Vorhaben, sie zu entlassen, abbringen könnte. Dieses rasche Einlenken verwirrte sie, vielleicht rätselte sie sogar, ob sie ihn richtig verstanden hatte.
    Aber sie brauchte nicht lange, um alles zu begreifen. »Sie hatten gar nicht vor, mich wegzuschicken, oder?«
    Er schüttelte den Kopf und tarnte ein Grinsen mit Nonchalance.
    »Aber warum haben Sie mich dann nicht zurückgehalten und mich all die Dinge sagen lassen, obwohl Sie doch wussten, dass letzten Endes ...«
    Weil ich dieses Feuer in deinen grünen Augen sehen wollte ...
    Gabriel räusperte sich, um diesen unwillkommenen Gedanken zu vertreiben. »Wenn Sie sich erinnern, Miss Harte, ich hatte versucht, etwas zu sagen, aber Sie wollten nichts hören.«
    Sie richtete sich kerzengerade auf und neigte den Kopf ein wenig zur Seite. Gabriel versuchte, nicht auf die einzelne Locke zu starren, die ihr auf die Schulter fiel.
    »Oh, Sie haben Recht. Ich bitte um Vergebung, Mylord.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Dennoch muss ich Ihnen erklären, weshalb sich Juliana gestern so eigenartig verhalten hat. In Wahrheit war das Ganze meine Schuld, Miss Harte. Hat Ihnen irgendjemand von Lady Dunevins Tod erzählt?«
    Sie sah ihn an. »Nur so viel, dass sie mit Juliana einen Spaziergang machte und plötzlich verschwand.«
    Gabriel nickte ernst. »Ich bin losgegangen, um sie zu suchen, als sie so lange nicht zurückkamen, und genau auf dem Felsen, auf den Sie gestern kletterten, habe ich Juliana ohne ihre Mutter gefunden. Sie stand reglos da und zitterte wie Espenlaub. Ich kann nur annehmen, dass Lady Dunevin ausgerutscht oder gestolpert und

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