Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
Vom Netzwerk:
Familie liegt. Ein Mensch reinen Herzens und sehenden Auges wird die Verfehlungen der Vergangenheit wieder gutmachen und dem Leid ein Ende setzen.
    Neunhundert Jahre - sei verflucht, Hexe!
    Mit einem zornigen Schnauben ließ Gabriel den Deckel der Truhe fallen und drehte sich zum Kamin um. Aber er hielt mitten im Schritt inne, weil Cudu plötzlich aufsprang und zur Tür trottete. Der Hund schnupperte an dem Spalt an der Schwelle, winselte leise und sah Gabriel an. Dann drückte er die Schnauze an die Tür und schnüffelte erneut. Er wimmerte und kratzte, dann stieß er mit einem Mal ein herzzereißendes Jaulen aus.
    »De tha ceärr, Cudu?«
    Gabriel ging zu ihm, um nachzusehen, was den Hund so aufregte.
    Cudu scharrte noch einmal an der Tür. Sobald Gabriel sie öffnete, flitzte Cudu los und lief mit großen Sätzen zu der Turmtreppe am Ende des Flurs.
    In der Regel war der Hund gleichgültig - es gab nur wenig, was ihn aufschrecken konnte, deshalb folgte ihm Gabriel. Er wollte herausfinden, was Cudu derart aus der Fassung brachte. In seiner Hast merkte er nicht einmal, dass ihm die Pergamentrolle aus der Hand fiel.
    Sie liefen die erste Turmtreppe hinauf, und als Gabriel die Tür zum Turm öffnete, rannte Cudu den Korridor entlang zur nächsten Treppe, als ob ihn jemand gerufen hätte. Dasselbe wiederholte sich im nächsten Stockwerk, und als sie dort ankamen, nahm Gabriel zum ersten Mal den beißenden Geruch nach Rauch wahr.
    Er riss die Tür zum nächsten Turm auf, Cudu drängte sich vor und nahm die letzte Treppe - die Treppe zu den Kinderzimmern.
    Panik ergriff Gabriel.
    Weißer Rauch quoll ihm entgegen und wurde dichter, je weiter Gabriel kam. Im Mondlicht, das durch ein hohes Fenster schien, sah er, dass Qualm durch den Ritz unter der schmalen Tür zum Kindertrakt drang.
    Cudu hechelte mehr vor Aufregung als Anstrengung, und scharrte wie besessen an der steinernen Schwelle, als wollte er sich einen Tunnel vom Turm zum Korridor dahinter graben.
    »Gabh nam«, sagte er und schob den Hund weg.
    Er griff nach dem Türknauf, aber er war so heiß, dass er ihn kaum anfassen konnte. Er nahm sein Taschentuch zu Hilfe, doch die Tür war verschlossen.
    Für einen Moment war Gabriel wie gelähmt. Wie konnte diese Tür abgeschlossen sein? Seines Wissens gab es nicht einmal einen Schlüssel dafür.
    Er rüttelte an dem Knauf und warf sich gegen die Tür, aber sie gab nicht nach. Er atmete tief durch und ermahnte sich, ruhig zu bleiben.
    Vielleicht hatte Eleanor in ihrer Kammer oder im Schulzimmer einen Schlüssel gefunden, der passte, und die Tür abgesperrt, weil sie sich dann sicherer fühlte.
    Sicherer vor wem oder was ?
    Gabriel hämmerte an die Tür.
    »Eleanor! Juliana! Hört ihr mich?«
    Keine Antwort, aber er vernahm ein Knistern -Flammen, die von Holz genährt wurden. Gabriel lehnte sich an die solide Turmmauer und trat mit dem Fuß gegen die Tür, so fest er konnte - einmal, zweimal, bis die Tür endlich aufsprang und gegen die Wand knallte. Hitze schlug ihm entgegen, und voller Entsetzen sah Gabriel, wie die Flammen an den Wänden des Schulzimmers leckten und gierig in den Flur züngelten.
    Er rief wieder nach Eleanor und Juliana, aber niemand antwortete. Er lief zu Eleanors Kammer, warf sich gegen die Tür und brüllte erneut.
    Es war dunkel im Zimmer - kein Fenster, kein Licht -, und es war so voller Qualm, dass er kaum etwas sehen konnte.
    »Eleanor!«
    Alles blieb still. Er stürmte in den Raum, trat alles beiseite, was ihm im Weg stand, nur um ein leeres Bett vorzufinden.
    »Verdammt!«
    Gabriel wirbelte herum und rannte zu Julianas Kammer. Auch die war leer. Wo, in Gottes Namen, konnten die beiden sein? Im Schulzimmer loderte das Feuer.
    O Gott, nein ...
    Er versuchte sich einen Weg durch die Hölle zu bahnen, aber die Flammen waren zu groß, der Rauch zu dicht und die Hitze undurchdringlich. Was, wenn die beiden da drin waren und ihm nicht mehr antworten konnten? Da die Tür zum Turm verschlossen gewesen war, konnten sie, wenn überhaupt, nur durch ein Fenster entkommen sein. Aber es war vergittert. Es gab keinen Fluchtweg. Lagen sie vielleicht bewusstlos in den Flammen und im Rauch? Zweifellos. Wo konnten sie sonst sein?
    Gabriel schnappte sich Eleanors Bettdecke, schlug auf die Flammen ein und versuchte vergeblich, sich einen Weg in das brennende Zimmer zu bahnen. Er brauchte Hilfe, wagte aber nicht, die beiden hier zu lassen und nach unten zu laufen. Noch während er gegen die Flammen ankämpfte, drang

Weitere Kostenlose Bücher