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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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Augenblick zum anderen, einer entschlossenen Ablehnung gewichen. Plötzlich wurde es kalt im Raum, und die Flammen, die zwischen ihnen gelodert hatten, verlöschten jäh.
    »Gabriel ...?«
    Er schüttelte den Kopf. »Du weißt nicht, was du sagst.«
    »O doch, das weiß ich.«
    Er zog sich zurück und schloss die Augen. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und Eleanor spürte die Wucht der Zurückweisung bis tief in ihre Seele.
    Sie schlang die Arme um sich, um ihre Blößen zu bedecken. Plötzlich schämte sie sich.
    Er erwiderte ihre Liebe nicht.
    Gabriel sah Eleanor an, fluchte laut auf Gälisch und schlug mit der Hand gegen die von Juliana bemalte Wand. »Verdammt, Mädchen, es darf nicht sein. Es darf niemals geschehen. Verstehst du das nicht? Ich kann nicht vergessen, wer wir sind, auch wenn ich es mir noch so sehr wünsche. Es darf einfach nicht sein.«
    Eleanor quollen heiße, brennende Tränen aus den Augen und tief in ihrem Inneren krampfte sich etwas schmerzhaft zusammen.
    Sie starrte ihn stumm an, überwältigt von der Demütigung und dem Herzeleid. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie brachte kein Wort heraus, als Gabriel hinausging, als würde er aus einem Traum verschwinden, und sie mutterseelenallein auf der Fensterbank zurückließ.

Kapitel  vierzehn
    Gabriel saß in seinem Arbeitszimmer und starrte verzweifelt in die Dunkelheit.
    Er blinzelte, um die Müdigkeit zu vertreiben, und sah auf die Uhr, die auf dem Tisch neben ihm stand.
    Es war schon früher Morgen, kurz vor Tagesanbruch. Das Kaminfeuer flackerte nicht mehr, weil er seit Stunden keine Scheite mehr nachgelegt hatte. Er hatte die ganze Zeit hier in seinem Sessel hinter verschlossener Tür gesessen und sich alle Mühe gegeben, Eleanors verletztes und erschrockenes Gesicht aus seinem Gedächtnis zu verbannen.
    Die enorme Menge Brandy, die er getrunken hatte, konnte seine Sinne nicht wie erhofft betäuben. Stattdessen litt Gabriel unter schrecklichen Kopfschmerzen, aber seine Gedanken blieben klarer, als ihm lieb sein konnte. Er hätte sich gewünscht, sich im Rausch zu verlieren und seine Erinnerungen und die Reue im Alkohol zu ertränken. Er wollte sich mit Dunkelheit umgeben und nutzte jedes Mittel, um das, was geschehen war, was er getan - oder was er nicht getan - hatte, ein für alle Mal aus seinem Bewusstsein zu drängen.
    Aber nichts hatte gefruchtet - weder der Brandy noch die Dunkelheit, noch die Einsamkeit -, und er wusste, dass sich dieser eine Augenblick, der hoffnungsvolle Klang ihrer Stimme, als sie die drei verhängnisvollen Worte ausgesprochen hatte, für immer in seine Erinnerungen eingebrannt hatten.
    Ich liebe dich ...
    Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er diese Worte aus einem anderen Mund als dem seiner Mutter gehört. Mit diesem Bekenntnis hatte sich Eleanor ihm ganz geschenkt, ihm ihr Herz, ihren Körper und ihre Seele dargeboten. Aus diesen Worten wurden Gedichte gemacht, sie füllten die Seiten ganzer Bücher und sie wurden zum Stoff der Theaterstücke, die auf der Bühne aufgeführt wurden.
    Diese Worte drückten eine Frage und Hoffnung aus, flehten und warteten - warteten auf einen Ausdruck derselben Gefühle. Sie waren das kostbarste Geschenk, doch ihm war es wegen der Vergangenheit verwehrt, es anzunehmen.
    Gabriel starrte auf den Teppich zu seinen Füßen und verfluchte seinen Vorfahren, der vor Jahrhunderten dieses Unheil über die Familie gebracht hatte. Wenn er nicht längst das Zeitliche gesegnet hätte, wäre Gabriel imstande gewesen, ihn eigenhändig ins Jenseits zu befördern.
    Aber er konnte den Fluch nicht anwenden, das wusste er, es sei denn ...
    Erzürnt stand Gabriel auf und ging zu der Truhe in der Ecke, um die verdammte Pergamentrolle herauszunehmen, die ihn und seine Ahnen unerträglich lange verfolgt hatte, und sie dorthin zu befördern, wohin sie gehörte - ins alles verzehrende Feuer.
    Gabriel zerrte an der silbernen Kette, die er um den Hals trug, und beförderte den Schlüssel zutage, um das Schloss der Truhe zu öffnen. Er nahm die Rolle und las noch ein letztes Mal die uralte Botschaft der Hexe.
    Neunhundert Jahre und ein Jahrhundert mehr, wird jedes lebende Wesen - Mensch oder Tier -, dem Ihr erlaubt, die Tür zu Eurem Herzen aufzustoßen, verschwinden und eines grausamen Todes sterben, während Ihr hilflos zuseht und verlassen und allein zurückbleibt. Nur hier auf dieser Nebel umhüllten Insel liegt die Wahrheit. St. Colombas Stab wird den Fluch verbannen, der auf Eurer

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