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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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eine Stimme aus der Feme zu ihm.
    »Gabriel?«
    Er hielt inne und lauschte. »Eleanor? Wo bist du?«
    »Ich bin auf der Treppe.«
    Auf der Treppe? Seine Verwirrung machte grenzenloser Erleichterung Platz. »Wo ist Juliana?«
    »Bei mir. Was ist geschehen?«
    »Lauf hinunter in den Hof und such Fergus und alarmiere alle, die noch da sind. Sag ihnen, dass im Schulzimmer Feuer ausgebrochen ist.«
    Zum Glück hatten sich eine ganze Menge Inselbewohner entschieden, im Schlosshof oder in den Ställen zu übernachten, statt bei Dunkelheit den meist langen Heimweg anzutreten. Nach kürzester Zeit stand eine Mannschaft bereit, die in jedem Stockwerk Eimer mit Wasser von Hand zu Hand reichte, andere ließen Seile aus den Fenstern, um Eimer heraufzuziehen.
    Fergus stand Gabriel bei, und zusammen nahmen sie die Eimer entgegen, um mit dem Wasser die Flammen zu löschen. Als sie sich ein wenig vorgearbeitet hatten, packte Gabriel einen Stuhl und warf damit die Fensterscheibe ein, damit der Rauch abziehen konnte.
    Eleanor stand im Hof und schnappte erschrocken nach Luft, als das Glas klirrte und dicke Rauchwolken aus dem Fenster quollen. Der orangefarbene Schein des Feuers leuchtete bedrohlich vor dem dunklen Morgenhimmel. Sie überlegte, was den Brand so spät in der Nacht verursacht haben könnte. Sie und Juliana hatten sich wegen der Michaelisfeier den ganzen Tag nicht in den Kinderzimmern aufgehalten, deshalb hatte niemand Feuer im Kamin entfacht. Als sie am Abend hinunter ins Zimmer der Viscountess geschlichen waren, hatten sie die Kerze mitgenommen, um den Weg zu beleuchten.
    Nach einiger Zeit war der Rauch, der durch das vergitterte Fenster strömte, nicht mehr so dicht. Die Flammen waren Gott sei Dank eingedämmt.
    Es hatte Stunden gedauert, den Brand zu löschen, und die ersten Sonnenstrahlen erhellten den östlichen Himmel in prächtigen Farben. Mairi lief wie ein aufgescheuchtes Huhn im Hof herum, brachte feuchte Tücher aus der Küche, damit sich die Helfer den Ruß von den Gesichtern wischen konnten, und stellte frisches Wasser für die vom Rauch rauen Kehlen bereit.
    Eleanor sah in die Gesichter der Umstehenden und schickte ein stilles Dankgebet zum Himmel. Wenn die Leute nicht geholfen hätten, hätte das Feuer sicher um sich gegriffen, und das altehrwürdige Schloss der Dunevins stünde ganz in Flammen.
    Eleanor sah Gabriel nicht sofort, als er in den Hof kam, aber als sie ihn schließlich im Gespräch mit Fergus vor den Ställen entdeckte, wäre sie beinahe in Tränen ausgebrochen. Seine Kleider waren versengt, sein Gesicht war kohlschwarz, und er sah aus, als würde er gleich umfallen vor Erschöpfung. Trotzdem blieb er noch eine ganze Weile im Hof, um allen Helfern persönlich zu danken und ihnen zu sagen, dass sich das Feuer dank ihrer Unterstützung nicht über das oberste Stockwerk hinaus ausgebreitet hatte.
    Sie alle hatten großes Glück gehabt. Bis auf ein paar kleine Verbrennungen und brennende Augen hatte niemand ernsthaften Schaden davongetragen. Die Verwüstung im Schulzimmer war beträchtlich, aber andere Räume im Schloss waren nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Es würde einige Arbeit und Mühen kosten, den Kindertrakt wieder aufzubauen.
    Später an diesem Tag, als Eleanor im Arbeitszimmer war und in den Büchern aus der Bibliothek schmökerte, während Juliana einen Mittagsschlaf machte, kam Gabriel endlich zu ihr.
    »Ich hatte gehofft, Sie hier zu finden«, sagte er, als er eintrat.
    Ihm war so gut wie nichts mehr von den Anstrengungen der Nacht anzusehen. Er hatte ein Bad genommen und die Kleider gewechselt, nur sein Gesicht war noch ein wenig gerötet von der Hitze, der er ausgesetzt gewesen war. Allerdings machte er den Eindruck, als würde er die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern tragen.
    Eleanor legte das Buch, in dem sie geblättert hatte, ins Regal und kam von der Trittleiter herunter. »Ich wollte ein wenig lesen, solange Juliana schläft. Und ich hatte auch gehofft, mit Ihnen sprechen zu können.«
    »Und ich mit Ihnen.« Er sah sie an. »Bitte.«
    Eleanor setzte sich vor seinen Schreibtisch und faltete die Hände im Schoß. Diese Geste rief ihr ihren ersten Tag auf der Insel in Erinnerung, als sie voller Angst auf die Begegnung mit dem Schlossherrn gewartet und sich vor dem neuen Leben an dem fremden Ort gefürchtet hatte. Es kam ihr vor, als wäre das schon Ewigkeiten her. Jetzt war alles anders, ganz anders.
    Sie sah zu Gabriel auf und dachte an die letzte Nacht, daran,

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