Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
Vom Netzwerk:
den Pfad zur Tür hinauf.
    »Caroline?«, rief sie. »Hier ist Ren Bryce, FBI.«
    Sie sah eine Bewegung hinter der Glastür, doch niemand öffnete.
    »Lassen Sie mich bitte herein«, rief Ren.
    Schließlich öffnete Caroline Quaintance die Tür und lächelte verkrampft. Ren betrachtete sie nun in einem anderen Licht, und das wusste Caroline.
    »Ich nehme an, Sie wissen, warum ich hier bin«, sagte Ren.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Wirklich nicht, Caroline? Dann will ich es Ihnen sagen. Ich weiß, dass Sie Jean Transoms Tochter sind.«
    Caroline wandte sich ab, stieß die Tür weit auf und ging ins Wohnzimmer.
    Ren folgte ihr. »Ich weiß es noch nicht lange«, sagte sie.
    »Wie haben Sie es erfahren?«
    »Der Pathologe hat festgestellt, dass Jean ein Kind zur Welt gebracht hat. Außerdem ist mir die Ähnlichkeit zwischen Ihnen, Jean und Ihrer Nichte Amber aufgefallen.«
    »Ja … Ich habe gelesen, dass Jeans Leichnam gefunden wurde«, sagte Caroline leise. »Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken und fühlen soll.« Zögernd setzte sie sich auf eine Ecke des Sofas und begann lautlos zu weinen. Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ich weiß es nicht …«, sagte Caroline schluchzend. »Sie war meine Mutter. Meine Mutter … Selbst das klingt sonderbar. Ich kannte sie nicht, aber ich mochte sie. Wir hatten einen guten Draht, wie man so sagt. Aber wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich sie geliebt habe …« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    Ren legte tröstend eine Hand auf Carolines Arm. »Jean war Ihre Mutter. Sie sollten Ihren Gefühlen nachgeben. Sie können nicht dagegen ankämpfen.«
    »Es tut mir leid, aber … ich wünschte, ich würde gar nichts empfinden.«
    »Warum?«
    »Weil es zu schwer ist. Ich habe mein ganzes Leben umgekrempelt, um einen Platz für meine Mutter zu schaffen. Auf der anderen Seite war da der Druck, es verheimlichen zu müssen … allein schon wegen ihres Jobs.« Sie rieb sich die Augen. »Und was mache ich jetzt?«
    »Ich weiß, wie schwer das alles für Sie ist«, sagte Ren. »Aber Sie können stolz darauf sein, was Sie bewältigt haben, und dass Sie so offen für eine Beziehung zu Jean gewesen sind.«
    Caroline hob den Blick. »Danke. Vielen Dank.«
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen? Was hat Jean Ihnen vonIhrem Vater erzählt?«, fragte Ren, die sicher war, dass es eine Lüge gewesen sein musste.
    »Dass er ein Footballstar an der Highschool gewesen sei, und sie war die hübsche blonde Cheerleaderin«, sagte Caroline.
    »Haben Sie mal daran gedacht, Ihren Vater ausfindig zu machen?«, fragte Ren.
    Caroline schüttelte den Kopf. »Ich dachte … na ja, er hat meine Mutter mies behandelt. Wer will schon einen solchen Mann kennen lernen, selbst wenn er der eigene Vater ist? Nachdem ich gehört hatte, dass er uns im Stich gelassen hat, glaube ich, dass ich meinen Charakter größtenteils von meiner Mutter geerbt habe. Und dafür bin ich dankbar. Ich habe wirklich nicht das Bedürfnis, herauszufinden, was mit meinem Vater ist.«
    Ren nickte.
    Jean Transom hatte ihrer Tochter die banale Geschichte einer jungen Liebe erzählt. Eine Lovestory, wenn auch ohne Happyend. Jeder möchte das Kind von Eltern sein, die einander geliebt haben. Es ist einfach, eine solche Geschichte zu erzählen – und einfach für ein im Stich gelassenes Kind, diese Geschichte bereitwillig zu glauben.
    Die einzige Wahrheit, die Caroline über ihre Eltern wusste, war die, dass ihr Vater ihre Mutter schlecht behandelt hatte.
    Eine zwölfjährige Mutter.

    Ren fuhr auf den Parkplatz neben der Kirche gegenüber vom Firelight Inn. Sie stellte den Motor ab, als sie rechts hinter sich schwere Schritte hörte, die kurz darauf verstummten. Dann übertönte eine laute Männerstimme den dumpfen Aufprall eines Körpers, der gegen einen Pick-up oder einen Pkw geschleudert wurde.
    »Was denkst du dir dabei, zu Mountain Sports zu gehen?«
    »Was?«, fragte ein jüngerer Mann.
    »Frag nicht so blöd! Hast du den Verstand verloren?«
    »Ehrlich, ich weiß nicht, was du meinst … bitte, hör auf …«
    Eine jüngere und eine ältere Stimme. Die ältere Stimme kannte Ren: Sie gehörte Malcolm Wardwell.
    »Verdammter Mistkerl!«, rief Malcolm. »Du weißt genau, was ich meine. Darum willst du auch, dass ich damit aufhöre.«
    »Das ist aber sehr weit hergeholt …«
    »Ach ja?«, sagte Malcolm. »Da bin ich anderer Meinung, du undankbares Stück Dreck!«
    »Dein einziger Sohn ist ein Stück Dreck?«
    Malcolm

Weitere Kostenlose Bücher