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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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einmal willkommen in Glenwood.« Er schwenkte einen Arm durch die Luft. »Sie waren ja schon mal hier, aber ich erkläre Ihnen rasch alles. Die Toilette ist auf der anderen Seite vom Flur. Jeans Schreibtisch – jetzt Ihr Schreibtisch – steht hier. Deshalb sind Sie die Erste, die die Leute sehen, wenn sie hereinkommen.«
    »Dann kann ich nur hoffen, dass es mich nicht bei der Arbeit stört«, sagte Ren.
    Gressetts Miene verriet, dass er nicht wusste, was sie meinte.
    »Hier sitze ich«, fuhr Gressett fort und zeigte auf einen Schreibtisch, der im rechten Winkel hinter ihrem stand und somit für Besucher außer Sichtweite war. »Todd sitzt hier. Der Waffenschrank ist dort. Da hinten steht die Kaffeemaschine. Der Bürocomputer ist da drüben. Und der Computer mit den streng geheimen Daten ist dort.« Er lächelte. »Bürovorräte sind auf dem Regal gleich neben Ihnen.«
    »Wofür sind die bunten Crayola-Stifte?«
    »Für die Kinder.«
    »Laufen hier viele Kinder herum?«
    »Nur wenn sie einen Schulausflug machen, oder wenn sie …«
    »Zeugen sind und den Verdächtigen zeichnen müssen. ›Der Mann hatte ganz dünne Arme und Beine und einen großen runden Kopf ohne Haare und runde Augen …‹«
    Gressett lächelte, doch Ren war sich nicht sicher, ob er den Scherz verstanden hatte. Sie vermutete, dass sie und Gressett in Zukunft oft verhalten lächeln würden, ohne zu wissen, warum.
    »Ich würde Sie gerne an Ihrem ersten Tag zum Mittagessen einladen«, bot Gressett an.
    »Danke«, sagte Ren, »das ist sehr freundlich von Ihnen, aber leider muss ich heute Nachmittag nach Breckenridge und meine Sachen dort abholen.«
    »Kein Problem. Übrigens, Juicy Lucy’s ist das beste Restaurant in Glenwood.«
    Dort hatte Ren schon einmal gegessen. Wenigstens was das Essen betraf, schienen sie und Gressett die gleiche Wellenlänge zu haben. Für gutes Essen sah Ren über manche Dinge hinweg.

    Drei Stunden später saß sie Sheriff Bob Gage gegenüber. Er hockte in einem weit geschnittenen grauen Anzug auf der Kante seines Schreibtisches.
    »Da ist sie also, unsere kleine Heldin, die Überläuferin«, sagte Bob. »Glenwood … ach du meine Güte.«
    »Was für eine Krawatte … ach du meine Güte«, erwiderte Ren.
    »Jemand hat mir gesagt, die Krawatte sei cool. Ich weiß nur nicht mehr, wer es war.«
    »Vielleicht, weil es zwanzig Jahre her ist, als die Krawatte noch modisch gewesen ist.«
    Bob schmunzelte. »Möglich.«
    Ren seufzte. »Ich möchte nicht hier weg.«
    »Sie können uns jederzeit besuchen, und dann gehen wir einen trinken«, sagte Mike.
    »Es ärgert mich, dass ich mitten aus einem Fall gerissen werde.«
    »Kann ich gut verstehen.«
    »Das ist einfach nicht richtig!«, sagte Ren.
    »Warum werden Sie überhaupt versetzt? Was glauben Sie?«
    Ich wünschte, ich müsste nicht lügen. »Ich habe keine Ahnung. Fehlende Mittel …«
    »Das FBI? Können die keine Agentin entbehren?«
    »He, ich bin unentbehrlich.«
    »Ist in Glenwood alles zum Erliegen gekommen?«
    »Vielleicht.«
    Ren lachte, umarmte die beiden und verließ das Büro.

    Im Firelight Inn war es ruhig. Die Esstische waren bereits für das Frühstück am nächsten Morgen gedeckt. Ren sah nur einen Mann auf dem Sofa sitzen, der seine E-Mails überprüfte. Er hob nicht den Blick. Ren stieg die Treppe zu ihrer Suite hinauf und packte ihre Sachen. Der vertraute Schmerz verdrängter Gefühle schnürte ihr die Kehle zu.
    Sie ließ einen Scheck auf dem Bett liegen, ließ die Schlüssel stecken und verabschiedete sich vom Firelight Inn. Es war ein wunderschöner Tag mit blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Als sie die vielen Menschen auf den Straßen sah, wäre sie am liebsten umgekehrt und für immer geblieben. Sie war nicht ortsgebunden. Sie konnte nach Glenwood pendeln, und auch nach Denver. Aber sie war es Gary Dettling schuldig, ihren Job inGlenwood anständig zu machen. Er würde ihr jetzt auf die Finger schauen, das hatte er immer getan. Er wusste Dinge, die sonst niemand wusste, und in seiner fürsorglichen und einschüchternden Art hielt er sie im Zaum.
    Als Ren in die Main Street einbog, liefen ihr Tränen über die Wangen. Sie weinte um Jean, um Billy, um Vincent und um einen Mann, den sie nicht gekannt hatte und der zuerst verprügelt worden war und dann einsam und allein sterben musste. Und sie beweinte ihr eigenes Schicksal.
    Durch den Tränenschleier sah sie Salem Swade vor dem Gold Pan stehen. Er bekam dort immer ein Gratisfrühstück. Hätte

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