Weiße Stille
nicht. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, warum sie mir das antun. Und ich bin bestimmt nicht glücklich darüber.«
»Das erklärt deine Tränen.«
Ren lächelte gequält. »Es ist nicht nur das, Billy.«
»Oh. Das ist eine gute Gelegenheit für einen sauberen Schnitt. Ich habe nur laut gedacht. Ich meine, Glenwood ist doch nur anderthalb Stunden entfernt.«
»Tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Haben sie das mit uns herausbekommen?«
Ja. »Nein.«
»Ich weiß nicht, ob ich dir glauben kann.«
»Sie wissen es nicht, Billy. Und selbst wenn, würdest du keine Schwierigkeiten bekommen.«
Beide schwiegen eine Zeitlang. Billy zog ihre Beine auf seine Schenkel.
»Du hast hübsche Füße.« Er beugte sich hinunter und küsste sie.
»Danke.«
Billy schob eine Hand unter ihren Po und zog Ren auf seinen Schoß. Er schaute ihr in die Augen.
»Was glaubst du, was du finden wirst?«, fragte sie.
Billy zuckte mit den Schultern. »Dir gefällt es, wenn jemand die Arme um dich legt, Ren. Aber manchmal habe ich das Gefühl, es ist dir egal, wessen Arme es sind.«
»Das ist gemein.«
»Es ist dir egal, solange derjenige, dem diese Arme gehören, nicht zu sehr an dir hängt, stimmt’s?«
Ren schwieg.
»Seltsam … du hast wieder diesen Blick«, sagte Billy.
»Was für einen Blick?«
»Diesen entrückten Blick.«
»Das glaube ich nicht. Und wenn, hat es nichts mit dir zu tun.«
»Als würde dieser Blick durch mich hindurchgehen.«
»Das habe ich gar nicht gemerkt.«
Billy zuckte mit den Schultern.
»Ich kenne dich nicht sehr gut«, sagte Ren.
»Und dich verwirrt mein Pokerface«, sagte Billy. »Die Miene, die ich aufsetze, wenn ich in der Kneipe arbeite. Die Miene, die ich aufsetze, wenn ich die Blödmänner sehe, die kommen und gehen. Diese Miene, über die du dich ständig wunderst.« Er neigte den Kopf zur Seite. »Habe ich recht? Hast du mal überlegt, was sich dahinter verbirgt? Was bedeute ich dir eigentlich? Hast du nur nach einer kleinen Abwechslung in deinem Leben gesucht, die dir einen Kick versetzt?«
»Hör auf«, sagte Ren. »Das ist nicht fair.«
»Du hast es nicht gewusst«, fuhr Billy fort. »Vom ersten Tag an hast du nicht gewusst, welche Gefühle du mir entgegenbringst, nicht wahr? Das heißt … ein Teil deines Körpers schon, das habe ich ja erlebt. Aber was ist hiermit?« Er zeigte auf ihren Kopf. »Oder hiermit?« Er zeigte auf ihr Herz. »Meine Güte, Ren. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, ich sei schwul.«
»Was?«
»Du bist einem Mann ähnlicher als jede Frau, die ich jemals kennen gelernt habe. Als würdest du mit dem Schwanz denken.«
Sie lachte. »Ich habe eher an deinen gedacht.«
»Das hast du eben nicht, und darum hast du Angst bekommen.«
Ihr Lächeln erlosch. »Ich weiß nicht …«
»Wie kann eine so clevere Frau so wenig Verbindung zu ihren Gefühlen haben?«
»Und du?«, sagte Ren. »Mit deinen Tattoos siehst aus wie ein … ein …«
Billy lachte. »Ich helfe dir. Ich sehe aus wie der meistgesuchteVerbrecher der Vereinigten Staaten.« Er lächelte traurig. »Ich würde Gott weiß was dafür geben, dass du hierbleibst.« Er wandte den Blick ab.
»Oh, Billy. Wie schaffst du es bloß, immer noch nett zu mir zu sein?«
»Weil ich hoffe, dass du es irgendwann wissen wirst. Dass du es herausfindest. Und dass ich eine Chance kriege.«
»Ich kann es dir nicht versprechen.«
Er drückte ihre Hand. »Ich weiß. Aber ich bin hier.« Er lächelte traurig. »Ich warte.«
48.
Ren wusste, dass die Fahrt durch den verschneiten Glenwood Canyon, einen der malerischsten Abschnitte des Highways, vielleicht das Schönste war, was der heutige Tag ihr zu bieten hatte. Es schneite leicht, und sie hörte sich während der Fahrt die Soundtracks von Filmklassikern an. Als sie Glenwood erreichte, war Tiny Gressett bereits zur Stelle – allerdings nicht, um sie willkommen zu heißen.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie heute kommen.« Er schaute auf den Tischkalender.
Klar. »Ach je, das ist ja gar nicht das Datum von heute«, sagte Ren lächelnd.
»Nein. Sie haben recht.« Gressett starrte sie an, und Ren sah, dass er erst mit einiger Verzögerung begriff, was sie gemeint hatte. »Vermutlich war Jean Transom die Letzte, die das Datum richtig eingestellt hat. Genau. Der zwölfte Januar. Das war der Tag, an dem sie in Urlaub gefahren ist.«
Rens Lächeln erlosch. »Das ist sehr traurig.«
»Ja«, pflichtete Gressett ihr bei. »Aber zuerst
Weitere Kostenlose Bücher