Weiße Stille
und kam zu ihr.
»Ren!« In seinen Augen spiegelte sich Freude.
»Hallo, Billy«, sagte Ren lächelnd und ein wenig verlegen.
»Die Bräune steht dir«, sagte Billy.
»Dir auch.«
Sie blickten einander an. Die Gäste riefen Billy Bestellungen zu, doch er ignorierte es.
Schließlich räusperte sich Ren und ließ den Blick in die Runde schweifen. »Ich wusste gar nicht, dass hier so viel los ist.«
Billy lachte. »Du hast gedacht, die Kneipe hätte dichtgemacht.«
»So habe ich es nicht gemeint. Ich dachte nur, alles wäre so wie früher.«
Billy lächelte traurig. »Wäre das nicht großartig?«
»Gib mir bitte ein Bier«, sagte sie. »Wir unterhalten uns, wenn du hier fertig bist, okay?«
Billy schaute auf die Uhr. »Noch eine Stunde. Kannst du so lange warten?« Er steckte sich zwei Finger in die Ohren.
Ren lachte. »Ja, kann ich.«
Sie ließ sich von der Stimmung anstecken, plauderte mit Studenten, die in ihrer Nähe standen, gab ihnen Jägermeister aus, trank ein paar Schnäpse mit ihnen und tanzte mit einem sonderbaren Typen. Ab und zu kam Billy vorbei und warf ihr einen lächelnden Blick zu.
Es dauerte zwei Stunden, bis die letzten Gäste gegangen waren und Billy die Kneipe schloss. Er setzte sich auf einen Hocker Ren gegenüber.
»So, das wäre geschafft«, sagte er. »Jetzt habe ich endlich Zeit für dich.«
»Ist das hier jeden Abend so?«, fragte Ren.
»Von Donnerstags bis Sonntags ist hier der Teufel los. Oder wenn irgendwo eine Veranstaltung oder ein Musikfestival stattfindet.«
»Dann laufen die Geschäfte offenbar gut.« Ren war beeindruckt.
»Oh ja. Der Laden hat übrigens einen neuen Besitzer«, sagte Billy.
»Tatsächlich? Wie ist er denn so?«
»Ein irrer Typ.«
»Und wer ist dieser Irre?«
»Ich.«
Ren lachte. »Das gibt’s doch nicht. Glückwunsch. Das hast du wohl mit Geldern aus deinen dunklen Geschäften finanziert.«
»Stimmt genau.« Er grinste.
»Du hast das von Jean gehört?«
Billy nickte. »Ist das gut oder schlecht für dich?«
»Nun, ich arbeite wieder an dem Fall. Und um deine Frage zu beantworten: Ich weiß es nicht.«
Billy schüttelte den Kopf. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie dich jemals von dem Fall abgezogen haben. Warum haben sie das getan?«
Ren zögerte. »Ich kam mit den Ermittlungen nicht voran«, sagte sie schließlich.
»Die anderen haben den Fall doch auch nicht gelöst, Ren. Du kannst dir nicht an allem die Schuld geben.«
»Jedenfalls bekomme ich eine zweite Chance.«
»Und das ist gut so.«
»Meinst du?« Ren blickte ihn an. »Ich wünschte, der ganze Fall würde sich in Luft auflösen.«
»Aber nur, wenn du ihn vorher gelöst hast, nicht wahr?«
Ren lächelte. »Du hast recht. Bitte lass uns noch einmal darüber sprechen, was sich in jener Nacht hier abgespielt hat.«
»Ja, sicher. Hat die Untersuchung der Leiche denn irgendwelche neuen Erkenntnisse gebracht?«, fragte Billy.
»Wahrscheinlich nicht. Wir müssen aber noch die Obduktion abwarten«, erwiderte Ren. »Billy, du musst mir mehr Informationen geben. Würdest du noch einmal genau darüber nachdenken, wer in jener Nacht hier war?«
»Ich habe dir die Liste gegeben, und mir fällt niemand ein, der auf dieser Liste fehlen könnte«, sagte Billy. »Es waren Fremde für mich. In einer Kneipe ist das nun mal so. Abgesehen von den Leuten, die du kennen gelernt hast – Salem, Jo und meine Wenigkeit.«
»Das macht mich noch verrückt«, stöhnte Ren. »Ich bin ganz sicher, dass Jean Transom zuletzt hier gewesen ist. Ich weiß es einfach.« Sie schüttelte den Kopf. »Und es ist mehr als nur einer dafür verantwortlich, was ihr zugestoßen ist, weil sie ihren Wagen mitgenommen haben. Wir wissen immer noch nicht, wo das Auto ist. Wahrscheinlich finden wir es nie. Das alles ist verdammt rätselhaft.«
Und jetzt spreche ich mit einem V-Mann darüber.
54.
Rens Handy klingelte. Auf dem Display leuchtete Denis Lascos Name.
»Hallo, Ren. Ich habe etwas Interessantes gefunden. Es steckte in einer von Jean Transoms Taschen, die ich bei der ersten Überprüfung übersehen habe. Es ist das Foto einer Frau. Und ich weiß, wer die Frau ist, weil ich an dem Fall gearbeitet habe. Ich gebe das Foto in Ihrem Büro ab, in Ordnung?«
»Ja. Wer ist die Frau?«
»Ihr Name ist Sleight, Ruth Sleight. Sie war neununddreißig Jahre alt und wohnte in Frisco.«
»Ruth Sleight …«, murmelte Ren. »Ich habe bei Jean eine mysteriöse Ruth-Akte gefunden. Tatsächlich wollte ich gerade
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