Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)
gefesselt. Mit Riesentitten. «
» Äh, nein. « Ich trinke einen Schluck Kaffee und zucke zusammen. Großvater hat ihn absurd stark gemacht.
Er schiebt sich grinsend ein Stück Bacon in den Mund. » Wäre ja auch zu komisch gewesen, wenn wir das Gleiche geträumt hätten. «
Ich verdrehe die Augen. » Erzähl mir lieber nicht zu viel. Wer weiß, vielleicht träume ich das ja heute Nacht. «
Großvater gluckst, aber dann muss er niesen.
Ich schaue aus dem Fenster. Auf dem Rasen sind keine Katzen zu sehen. Während ich zuschaue, wie Großvater sich großzügig Ketchup auf die Eier kippt, denke ich: Da ist zu viel Blut, und ich kann mich nicht daran erinnern, sie erstochen zu haben, aber ich habe ein nasses Messer in der Hand und das Blut klebt wie dicker Tortenguss auf den Dielen.
» Erzählst du mir jetzt diesen Traum? « Großvater setzt sich schmatzend an den Tisch.
» Klar « , sage ich und blinzele, als ich wieder wahrnehme, wo ich bin. Mom hat gesagt, diese plötzlichen ekelerregenden Erinnerungsschübe von dem Mord würden mit der Zeit besser, aber sie treten nur weniger häufig auf. Vielleicht wehrt sich mein innerer Anstand gegen das Vergessen.
» Brauchst du eine schriftliche Einladung? « , fragt Großvater.
» Der Traum fängt damit an, dass ich draußen im Regen stehe. Ich bin zur Scheune gegangen und dann in meinem Bett aufgewacht, mit Matsch an den Füßen. Bin vermutlich wieder geschlafwandelt. «
» Vermutlich? « , fragt er.
» Lila kam in dem Traum vor. « Ich zwinge diese Worte heraus. Wir sprechen nie über Lila oder darüber, wie mich die ganze Familie seitdem beschützt hat. Keiner redet davon, wie meine Mutter den Fellkragen ihres Pullovers vollgeheult hat, wie sie mich in den Arm genommen und gesagt hat, selbst wenn ich es getan hätte, hätte die kleine Zacharov-Zicke es bestimmt verdient, und alle könnten sagen, was sie wollten, ich wäre immer noch ihr Baby. Oder von den dunklen Rändern unter meinen Fingernägeln, die ich nicht wegbekam. Ich versuchte es mit den Nägeln, später mit einem Buttermesser, und drückte so sehr, bis es anfing zu bluten. Bis mein Blut die andere Dunkelheit wegwusch.
Anscheinend bringt mich mein Gewissen endlich zur Strecke. Wurde auch Zeit.
Großvater hebt eine Augenbraue. » Vielleicht würde es dir helfen, über sie zu reden. Über den Mord. Du musst es dir von der Seele reden. Ich habe schlimme Dinge getan, Kleiner. Ich werde dich bestimmt nicht verurteilen. «
Kurz nach dem Mord an Lila wurde Mom verhaftet. Das lag nicht direkt an mir, aber sie war nicht in Form. Sie wollte ein dickes Ding drehen, und zwar schnell.
» Was soll ich denn sagen? Dass ich sie umgebracht habe? Ich weiß, dass ich es getan habe, auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann. Ich frage mich seitdem, ob Mom jemanden dafür bezahlt hat, dass ich mich nicht an die Einzelheiten erinnern kann. Vielleicht dachte sie, wenn ich das Gefühl vergesse, würde ich es nicht wieder tun. « Irgendwas in mir muss abgestorben sein, denn normale Leute stehen nicht über der Leiche eines Menschen, den sie lieben, und spüren nur eine ferne, fürchterliche Freude. » Lila war Traumwerkerin. Deshalb haben das Schlafwandeln und die Albträume auch eine gewisse Ironie. Damit will ich nicht sagen, dass ich es nicht verdiene; ich will nur verstehen, was los ist. «
» Möglicherweise solltest du nach Carney fahren und deinen Onkel Armen besuchen. Ein wenig Gedächtniswerk schafft er noch. Vielleicht kann er deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen. «
» Onkel Armen hat Alzheimer « , sage ich. Großvater ist seit seiner Kindheit mit ihm befreundet, eigentlich ist er gar nicht mein Onkel.
» Unsinn, Rückstoß eben « , protestiert Großvater schnaubend. » Aber wir können auch erst mal abwarten, was dein schicker Arzt dazu sagt. «
Ich gieße mir noch mehr Kaffee ein. Eine Woche, nachdem Lila gestorben war und Barron und Philip ihre Leiche dort versteckt hatten, wo Leichen eben versteckt werden, rief ich Lilas Mutter von einem Münztelefon ausan. Ich hatte den anderen versprochen, nichts dergleichen zu tun.Großvater hatte mir erklärt, wenn irgendwer herausfände, was ich getan hatte, müsste die ganze Familie dafür bezahlen. Ich wusste, dass die Zacharovs kaum vergessenwürden, wer das Grab gegraben, das Blut aufgewischt und versäumt hatte, mich auszuliefern, aber ichmusste dauernd an Lilas Mutter in diesem Haus denken.
Wie sie allein darauf wartete, dass ihre Tochter nach Hause
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