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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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Wie konntest du zulassen, dass sie sie mitgenommen haben? «
    Er streckt die Hand aus, aber ich weiche zurück.
    » Welcher Bruder? Wer hat das Tierheim angerufen? « Meine Stimme bebt vor Wut.
    » Du kannst ihm keinen Vorwurf machen « , sagt Großvater. » Er hat nur versucht, das Beste für dieses Haus zu tun. Die Katzen haben die Scheune völlig eingedreckt. «
    » Wer war es? « , frage ich.
    » Philip « , antwortet er und zuckt resigniert die Achseln. Er redet weiter und erklärt, wie gut es ist, dass die Katzen fort sind, aber ich höre nicht mehr zu.
    Ich denke über Barron und Maura und meine gestohlenen Erinnerungen nach, über die Katze, die nun fort ist, und wie ich dafür sorgen werde, dass Philip dafür bezahlt. Für alles. Mit Zinsen.

NEUNTES KAPITEL
    ICH HASSE TIERHEIME . ICH HASSE die stinkende Mischung aus Urin, Kot, Futter und nassen Zeitungen. Das verzweifelte Heulen der Tiere, das unaufhörliche Kreischen aus den Käfigen und das schlechte Gewissen, weil ich nichts für sie tun kann, all das macht mich völlig fertig. Ich bin schon neben der Spur, als ich das erste Tierheim betrete, und finde sie doch erst im dritten. Die weiße Katze.
    Sie drückt sich an die Rückwand ihres Käfigs und sieht mich an. Sie schreit nicht und reibt auch nicht ihr Gesicht an den Gitterstäben, wie es einige der anderen Tiere tun. Sie sieht aus wie eine Schlange, die jederzeit angreifen kann.
    Aber sie sieht nicht so aus, als wäre sie je ein Mensch gewesen.
    » Was bist du? « , frage ich. » Lila? «
    Jetzt steht sie auf und kommt nach vorne ans Gitter. Sie miaut einmal klagend. Ein Schauer aus Angst und Abscheu läuft mir über den Rücken.
    Ein Mädchen kann keine Katze sein.
    Unwillkürlich kommt die Erinnerung an meine letzte Begegnung mit Lila hoch. Ich schmecke das Blut. Ich fühle das Lächeln, das beim Anblick ihrer Leiche um meine Mundwinkel zuckt. Selbst wenn diese Erinnerung falsch sein sollte, fühlt sie sich echt an. Das hier– die Vorstellung, dass sie lebt und ich sie immer noch retten kann– fühlt sich an wie Theater. Als würde ich mich selbst belügen. Oder den Verstand verlieren.
    Allerdings sehen ihre Augen, eins grün, eins blau, denen von Lila sehr ähnlich. Und sie sieht zu mir hoch. Ja, selbst wenn ich vielleicht verrückt werde, selbst wenn es unmöglich scheint, bin ich sicher, sie ist es.
    Als ich mich umdrehe, jault sie, immer wieder, aber ich zwinge mich, sie zu ignorieren und den Raum, in dem die Tiere untergebracht sind, zu verlassen. Ich trete an den Schreibtisch. Eine kräftige Frau mit einem Sweatshirt, auf dem kleine Schnauzer abgebildet sind, zeigt einem Typen, wo er seine Flyer hinhängen kann. Sie loben eine Belohnung für einen vermissten Ballpython aus.
    » Ich möchte die weiße Katze zu mir nehmen « , erkläreich.
    Sie schiebt ein Formular rüber. Dort soll ich Namen und Adresse meines Tierarztes eintragen, wie lange ich schon an der angegebenen Adresse wohne und ob ich mit dem Entfernen der Krallen einverstanden bin. Ich schreibe hin, was sie meiner Meinung nach hören wollen, und lasse den Teil mit dem Tierarzt aus. Meine Hände zittern, und ich fühle mich wie kurz nach dem Autounfall meines Vaters, als die Zeit für mich anders tickte als für den Rest der Menschheit. Sie vergeht zu schnell und zu langsam, und ich habe nur einen Gedanken: mit der Katze das Tierheim zu verlassen. Dann kann ich mich hinsetzen und warten, bis meine Zeit sich wieder eingeholt hat.
    » Ist das Ihr Geburtstag? « , fragt sie und tippt auf das Formular.
    Ich nicke.
    » Sie sind erst siebzehn. « Sie zeigt auf den Passus ganz oben auf der Seite, wo fett gedruckt steht: Keine Tierabgabe an Abnehmer unter 18 . Ich starre auf die Worte. Normalerweise achte ich auf solche Dinge. Ich bereite mich vor und male mir vorher aus, was alles passieren könnte. Stattdessen schnappe ich nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    » Sie verstehen das nicht « , sage ich, woraufhin sie die Stirn runzelt. » Ich habe mich nicht richtig ausgedrückt. Das ist meine Katze– ich meine die, die ich mitnehmen will. Jemand hat sie hierher gebracht, schon klar, aber eigentlich gehört sie mir. «
    » Sie hatte kein Halsband « , sagt sie. » Und keine Markierung. «
    Ich lache nervös, als hätte sie mich erwischt. » Sie bleibt damit immer irgendwo hängen. «
    » Mein Junge, diese Katze streunte in einer Scheune. Sie wurde erst vor einigen Stunden hergebracht, und falls jemand sie gefüttert hat, war es nicht

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