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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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auch keine schlechte.
     Sie befand sich irgendwo in der tiefen Schlucht dazwischen.
    Die schweren Vorhänge waren zugezogen. Ein kuscheliger Wuschelteppich. An der anderen Wand stand ein Bücherregal. Ein Sofa,
     zwei Sessel, ein Couchtisch in der Mitte, darauf ein Aschenbecher; daneben drei Bücher und ein kleiner geflochtener Korb.
     In dem Korb lagen noch mehr Delphine mit blauen Augen, wie der an meinem Schlüsselring.
    Der gesamte Raum roch nach Räucherstäbchen.
    Auf der linken Seite gab es zwei Schlafzimmer, rechts eine kleine Küche und ein Bad.
    Der Raum mit dem Einzelbett war etwas einfacher. Das Bettzeug hatte große bunte Quadrate darauf, an der Wand hing ein einzelnes
     Bild. Es war eine Nachtszene: Im Mondlicht |270| stand eine langhaarige Prinzessin mit dem Rücken zum Betrachter und hatte die Hand nach einem Einhornfohlen ausgestreckt.
     Ich stellte meine Tasche aufs Bett, öffnete sie, nahm die Glock heraus und legte sie auf den Nachttisch. Ich zog meine Schuhe
     und Socken aus, fand meinen Kulturbeutel und stellte ihn aufs Bett. Ich zog mein Handy hervor und rief im SouthMed Hospital
     an. Es dauerte ein paar Minuten, bis ich eine Krankenschwester aus der Intensivstation am Apparat hatte. Sie sagte, Emma gehe
     es unverändert. »Aber wir leben für die Hoffnung, Mr. Lemmer.«
    Ich rief B. J. an; er hatte Nachtschicht.
    »Alles ruhig«, sagte er.
    Jeanette Louw meldete sich nach dem zweiten Klingeln. »Der Südostwind bläst uns weg«, sagte sie. Ich konnte den Wind heulen
     hören. Im Hintergrund Stimmen, außerdem das leise Rauschen des Meeres. Ich fragte mich, wo und mit wem sie Silvester feierte.
     »Dein Jeep hat falsche Nummernschilder. Wo bist du?«
    »Das willst du lieber nicht wissen.«
    »Machst du Fortschritte?«
    »Nein. Aber ich arbeite daran.«
    »Es wird sicher einige Zeit dauern«, sagte sie.
    Ich nahm meine Waschutensilien und ging ins Bad. Als ich das Licht anschaltete, war es blau. Die weißen Fliesen waren von
     Hand farbenfroh verziert worden mit Mustern, Fischen, Delphinen, Muscheln und Algen. Auf dem Wassertank der Toilette standen
     vierzehn Kerzen. Es gab nur eine Badewanne, keine Dusche. Am Rand der Wanne standen in einer Reihe Öle, Cremes, Shampoo und
     Kräuter-Badesalze.
    Ich öffnete die Hähne und zog mich aus. Ich überlegte kurz, ob ich mir ein richtiges Schaumbad einlassen sollte, und lachte
     über mich.
    Ich stieg hinein und lag im heißen Wasser.
    In der Ferne konnte ich den Bassrhythmus der Musik hören, und ab und an jubelten Menschen. Ich sah auf die Uhr. Noch zwei
     Stunden bis Mitternacht.
    |271| Ich schloss die Augen, begann am Anfang und dachte nach.
    Vergiss den Frust. Bändige den Drang, etwas zu
tun
. Denk noch einmal über alles nach, was du weißt. Objektiv. Kühl. Ich reihte alle Fakten langsam und vorsichtig auf, wie Dominosteine.
     Was hatte den ersten zu Fall gebracht, was hatte die Kettenreaktion in Gang gesetzt? Egal, wie ich es betrachtete und wo ich
     suchte, es gab nur einen Anlass: Emmas Anruf bei Phatudi.
    Mach Schritt für Schritt weiter. Vier Schlüsselereignisse. Der Angriff auf Emma. Der Mord an Wolhuter. Der Angriff auf uns.
     Die Ermordung Edwin Dibakwanes.
    Dieser Gedankengang brachte eine neue Perspektive mit sich. Anfangs waren es nur ökoterroristische Aktionen, die sich innerhalb
     des Gesetzes abspielten und relativ harmlos waren. Dann eskalierten sie systematisch zu Vergehen wie Brandstiftung und tätlichem
     Angriff. Plötzlich der große Sprung zum Mord, das Eis gebrochen durch Cobie de Villiers; es folgten der Versuch, Emma zu ermorden
     und kurz danach Wolhuter und Dibakwane.
    Warum? Was war der Katalysator? Warum so plötzlich?
    Ich wusste es nicht, grübelte nicht weiter.
    Was hatte die großen Dominosteine zum Kippen gebracht? Beim ersten war es ein Anruf, beim zweiten war es … ein Anruf. Ich
     setzte mich in der Wanne auf und presste meine Handfläche an die Schläfen. Denk nach! Beim dritten? Vierten? Nein, keine Anrufe.
     Oder doch? Wie war der Tag gelaufen, der Tag, an dem Emma im Regen gestanden hatte?
    Wir tranken Kaffee auf der Veranda. Sie hatte leichte Kopfschmerzen, aber ihr selbstironisches Lächeln war wunderschön. Sie
     hatte Mogale angerufen. Branca hatte zurückgerufen. Zwei Telefonate. Aber noch wussten wir nichts von dem Brief am Tor. Dick
     kam, um zu flirten. Susan erzählte uns von dem Brief. Wir trafen Edwin am Gate. Dann fuhren wir nach Mogale. Schauten uns
     mit Branca in Cobies Haus um,

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