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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Positionen.
     Ich hatte keine Angst, stand nur nicht zur Verfügung.
    Das rhythmische Rascheln aus ihrem Schlafzimmer konnte man zunächst ignorieren. Es war langsam und leise. Aber es ging weiter,
     immer weiter.
    Ich spitzte die Ohren. War es ihr Fitnessgerät? Nein. Leiser, sanfter, zarter.
    |277| Dann wuchs die Erkenntnis wie eine Blume in meinem Hirn. Die Matratze und das Bett schwankten sanft.
    Endlos.
    Friedlich; das Tempo nahm langsam und unbewusst zu.
    Ein Geräusch kam hinzu. Es war nicht ihre Stimme, sondern ihr Atem, der sich durch ihre Zähne und ihre Nase quetschte, im
     Gleichklang mit wachsender Begeisterung.
    Mein Körper reagierte.
    Schneller.
    Es war sehr heiß im Zimmer.
    Fester.
    Lieber Gott.
    Heftiger. Meine Vorstellung lieferte mir ein Bild.
    Ich lag da und lauschte, gebannt und fasziniert. Was sie tat, war zugleich gemein und genial.
    Ich wollte mir mit den Händen die Ohren zuhalten. Ich wollte ein eigenes Geräusch fabrizieren, um ihres zu übertönen. Ich
     tat nichts. Ich lag da und lauschte.
    Ich stellte es mir vor. Wie lange weiß ich nicht – vier Minuten? Acht? Zehn?
    Schließlich war sie eine Maschine, die in einem wilden, drängenden Rausch schnell dahinraste.
    Wenn ich zu ihr ging, wusste ich, wie es sein würde. Sie würde mich ermutigen, ihr Vergnügen ausrufen, sie würde sich geschickt
     bewegen, ihre Hüften gekonnt kreisen lassen, sie würde sich umdrehen und mir ein neues Vergnügen darbieten. Sie würde auf
     mich klettern, sie würde wissen, wann sie sich zurückziehen musste, damit es länger dauerte, sie würde die Stunden strecken,
     die sie nicht allein sein musste.
    Wie alle anderen. Verzweifelt, einsam und bedeutungslos.
    Mein Kopf sagte mir all das. Es lohnte sich nicht. Wenn alles vorüber war, würde mein Bewusstsein Emmas Namen rufen, aber
     Tertia würde gehalten werden wollen, sie würde sich eine Zigarette anzünden und über Morgen reden wollen.
    Ich stand mit einer flüssigen Bewegung auf. Es waren nur vier große Schritte bis zu ihrer Tür. Ich sah sie auf dem Bett |278| liegen. Eine Kerze brannte auf dem Nachttisch, und sie lag auf dem Rücken, die Knie gespreizt, ihre beringten Finger streichelten
     sie eifrig. Das Licht flackerte über ihrem zitternden, schwitzenden Körper.
    Sie sah mich. Sie hatte gewusst, ich würde kommen. Nur ihr Blick verriet es. Ihr Gesicht war angespannt vor Erregung und Vergnügen.
    Sie nahm ihre Finger weg, bevor ich entschlossen in sie eindrang.
    »Ja«, sagte sie. »Fick mich.«

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    |279| TEIL 3
    |281| 33
    Um zwanzig vor fünf war ich wach.
    Ich fing nicht an nachzudenken. Ich fing nicht an, mich zu waschen. Ich sammelte meine Sachen ein und schlich mich wie ein
     Feigling davon, während Tertia tief unter dem sternklaren indianischen Himmel schlief. Ich ging zum Audi und öffnete leise
     die Tür, warf meine Tasche hinein und fuhr davon.
    Die Sonne ging hinter Hazyview auf, es war der erste Tag des neuen Jahres.
    Ich hielt an einer Tankstelle und ging auf die Toilette. Ich konnte sie an mir riechen, als ich den Reißverschluss aufzog,
     um zu pinkeln. Ich wusch mir den Schwanz mit einer stechend süßen rosa Seife im Waschbecken. Ich rasierte mich, putzte mir
     die Zähne und wusch mir das Gesicht. Fühlte mich trotzdem nicht sauber.
    Ich fuhr zu dem Krankenhaus, in dem Emma lag. Ich dachte darüber nach, was ich tun musste, aber mein Hirn folgte anderen Wegen.
    Ich lag auf ihr, war in ihr, und in der sengenden Hitze des Augenblicks sagte ich »Sasha«, und etwas veränderte sich auf ihrem
     Gesicht, es war ein flüchtiger Augenblick größter Freude, als hätte sie eine Insel im Ozean entdeckt.
    Sie war gesehen worden.
    »Ja?«, antwortete sie mit leuchtend grünen Augen.
    Ich erinnerte mich an das erste Mal, dass mich jemand sah.
    Es war in meinem ersten Jahr als Bodyguard für den Verkehrsminister. Es war ein Sommermorgen auf seiner Farm. Ich wollte gerade
     auf den Trampelpfaden zwischen den Maisfeldern joggen. Er kam mit einem breitkrempigen Hut und einem Gehstock aus dem Haupthaus.
    |282| »Gehen Sie mit mir, Lemmer«, sagte er, und wir gingen schweigend einen
koppie
hoch, von wo aus wir sein gesamtes Land überblicken konnten.
    Er war Raucher. Ganz oben setzte er sich auf einen Stein, entzündete langsam seine Pfeife und sagte: »Wo kommen Sie her?«
     Ich gab ihm grobe Umrisse, aber damit war er nicht zufrieden. Er hatte seine Art mit den Menschen. Er brachte mich dazu, mich
     zu öffnen, und schließlich,

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