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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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wie ihre kurzen, schnellen Schritte auf die nackten
     Bodendielen klackten. Gezielt ignorierte sie die drei dicken Kakerlaken, die vor uns davonliefen, und schließlich fragte sie
     außer Atem: »Ist es das, wonach Sie gesucht haben?«
    »Ja, das ist es.«
    »Gut, dann lassen Sie uns einen Vertrag machen. Die Kaution beträgt tausendachthundert Rand, dazu kommt eine Monatsmiete im
     Voraus. Das macht dreitausendsechshundert. Ist das in Ordnung?«
    Ich zog mein und Emmas Handy heraus, um zu überprüfen, ob ich Empfang hatte. Ein Balken, ein zweiter flackerte.
    »Das ist in Ordnung, danke.«

|290| 34
    Um zehn nach zwei war ich zurück in Motlasedi. Ich schleppte Vorrat für eine Woche in Einkaufstüten in die Küche, entzündete
     das Gasflämmchen des Kühlschranks und legte die Energade-Flaschen hinein. Ich holte Besen, Eimer, Lappen und Reinigungsmittel
     aus dem Wagen und begann in der Küche. Dann nahm ich mir das Wohnzimmer vor, Bad und Schlafzimmer. Ich schwitzte wie ein Wahnsinniger.
    Während ich vier Dosen Insektenvernichtungsmittel durchs Haus sprühte, klingelte eines der Telefone – meins. Es war Nadine
     Bekker.
    »Motlasedi heißt ›Ort des großen Kampfes‹«, sagte sie, nachdem ich mich gemeldet hatte. »Möchten Sie die Geschichte hören?«
    »Gerne.«
    Sie las auf Englisch von irgendetwas ab, zu schnell und ohne jeden Respekt für die Zeichensetzung, sodass ich die Augen schließen
     und mich konzentrieren musste, um ihr zu folgen.
    Sie sagte, ein örtlicher Stamm, die Mapulana, sei 1864 von König Mswati der Swasis angegriffen worden. Die Mapulana zogen
     sich auf den Mariepskop zurück, und dort, fast zweitausend Meter über den Ebenen des Lowveld, bereiteten sie sich auf den
     Kampf vor, der folgen würde. Die Mapulana rollten Steine dicht an die Kante und bewachten den einzigen Fußweg den Berg hinauf.
    Die Swasi-Krieger warteten auf dichten Nebel, der sich manchmal in Sommernächten auf den Hängen des Berges bildet, bevor sie
     den Pfad hinaufschlichen. In jener Nacht war der Nebel so dicht, dass jeder Krieger mit der Hand auf der Schulter seines Vordermannes
     aufschlagen musste.
    |291| Oben verharrten die Mapulana schweigend. Sie warteten bis zum letzten Moment, bevor sie begannen, ihre Felsen den Weg hinunterzurollen.
     Ihre Strategie war tödlich. Die Verluste der Swasis waren groß, und der Angriff endete im Chaos. Schließlich rannten die Mapulana
     den Berg hinunter, überwanden jeden verbliebenen Widerstand und löschten die Swasi-Krieger an einem kleinen Fluss südlich
     des Mariepskop aus.
    Nadine unterbrach hier ihre Lektion und sagte. »Das muss genau dort sein, wo Ihr Haus steht. Man sagt, man könnte immer noch
     die Knochen der Swasi finden, wenn man weiß, wo man suchen muss. Deshalb heißt der Fluss ebenfalls Motlasedi, Ort des großen
     Kampfes, und deswegen nennen die Mapulana den Berg Mogologolo, was ›Berg des Windes‹ heißt, denn die Swasis hörten nur das
     Pfeifen des Windes der fallenden Steine, bevor sie starben. Haben Sie sich schon eingelebt? Sind Sie zufrieden? Rufen Sie
     mich an, wenn noch etwas ist. Ich muss weiter.«
    Im Bad gab es keine Dusche. Ich ließ ein kaltes Bad ein, wusch mich und fühlte mich zum ersten Mal wieder sauber.
    Ich stellte den Wecker des Handys auf 16:30 Uhr und legte mich auf die nackte Matratze; ich schlief unruhig über eine Stunde.
     Dann stand ich auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ich griff mir Emmas Handy und holte eine Flasche Energade aus
     dem Kühlschrank.
    Ich setzte mich auf die Veranda und schaute auf den Bach. Das Summen der Insekten war wie eine Decke aus Klängen. Vögel sangen
     in dem dichten Wald auf der anderen Seite des braunen Wassers. Ein paar Grünmeerkatzen wirbelten wie Geister durch die Baumkronen.
     Ein großer grauer Ibis landete am Ufer und begann mit seinem langen Schnabel gezielt im kurzen Gras zu picken.
    Ich ging meinen Plan noch ein letztes Mal durch. Überprüfte die Zeit auf meiner Uhr: 16:43.
    Ich rief die Auskunft an, um mir drei Nummern geben zu lassen. Ich schrieb sie mit einem Bleistift auf Emmas Notizzettel.
    |292| Ich wählte gleich danach die erste – das Mogale Rehabilitation Centre.
    Eine der Freiwilligen meldete sich mit skandinavischem Akzent. Ich bat darum, Donnie Branca sprechen zu können. Die Frau sagte,
     ich solle am Apparat bleiben. Ich hörte, wie sie ihn rief.
    »Einen Moment bitte, er kommt.«
    Dann sagte er: »Hier ist Donnie.«
    »Hier ist Lemmer, Donnie.

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