Weißer Schatten
hatte, der gerade
groß genug für sie beide war.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Pego.
»Ich weiß es nicht.«
Er untersuchte Pegos Wunde. Sie sah schlimm aus, blutete aber nicht mehr. Er fragte Pego, was die Männer von ihm hatten wissen
wollen, und Pego sagte: »Sie dachten, ich sei ein Terrorist. Sie wollten nicht glauben, dass ich von der ESU bin. Sie sagten,
sie müssten uns beide töten. Jacobus, ich habe sie gehört.«
Dann schwieg Pego lange. Schließlich fragte er: »Warum würden die
Boere
das tun?«
Jacobus wusste nicht, was er darauf antworten sollte.
Sie lagen da. Pego schlief wie ein Kranker, sein Atem ging schnell, er zuckte manchmal. Der Mapulane stöhnte im Fieber, murmelte
eigenartige Worte. Jacobus lag wach und dachte nach, bis er nicht mehr denken konnte. Was taten diese Leute hier, was wollten
sie hier?
In den frühen Morgenstunden hörte er jemanden. Schritte, kaum sechs Meter über ihnen am Rande der Schlucht. Er bedeckte Pegos
Mund mit der Hand und sah, wie die Augen seines Freundes sich öffneten und er langsam begriff. Er nickte langsam. Er verstand.
Eine Stimme über ihnen sprach auf Afrikaans. »Scheiße! Ich habe den verdammten Abbruch hier fast nicht gesehen.«
»Das ist kein verdammter Abbruch.«
»Wie nennst du das dann? Sieh doch! Das sind locker zwanzig Meter.«
»Wie, verdammt, willst du das wissen? Es ist stockdunkel, Mann.«
|362| »Ja, dann sag
du
mir doch, wie tief es runtergeht.«
»Egal. Wir müssen außen rum.«
»Scheiß drauf. Die haben es nie da runter geschafft. Kannst du einen Weg sehen?«
»Wir müssen eine Möglichkeit finden. Wir können nicht ewig weitermarschieren. Um vier wollen sie den Funkspruch absetzen.
Bis dahin müssen wir die Sache zu Ende gebracht haben.«
»Okay. Wenn sie hier vorbeigegangen sind, müssen sie da lang sein.«
»Ich glaube nicht, dass sie so weit gekommen sind. Das Bein des Kaffers ist zerschossen.«
»Warum mussten sie überhaupt heute Nacht hier herumschnüffeln? Ich habe noch nicht mal was gegessen.«
»Ich auch nicht. Die Zivilisten schon. Verdammte Impala-Steaks.«
Einer von ihnen trat einen Stein in den Canyon.
»Hörst du das? Ist tief.«
Schweigen.
»Könntest du den Weißen erschießen?«
Der andere antwortete nicht gleich. Stiefel knirschten, dann sagte er: »Im Dunkeln ist es egal. Du kannst gar nicht sehen,
welcher welcher ist. Ach, verflucht, erst will ich mal sehen, wie sie jemand orten können, bloß weil er was funkt. Komm, lass
uns den Mast aufstellen.«
Sie gingen davon.
Ich hockte da und beobachtete das Haus, während es dunkel wurde, aber es saß niemand mehr auf der Veranda. Der große Blonde
kam heraus und ging in Richtung Bach, nicht direkt auf mich zu, aber in die Nähe. Er trug das Galil.
Ich sah, wo er hin wollte. Ein paar Bäume standen in einer Ecke. Er konnte von da aus das gesamte Gelände auf dieser Seite
des Hauses überblicken. Gute Stelle. So lange einen keiner sah.
Mach es dir gemütlich, Großer. Mach es dir bequem. Lemmer |363| aus Loxton sieht dich. Und Lemmer aus dem Brandvlei Maximum Security hat im Gefängnis gelernt zu warten.
Wir sehen uns später.
Um vier Uhr morgens meldeten sie sich per Funk.
Er hörte es leise an seiner Hüfte. Er griff nach dem Funkgerät und drückte es an sein Ohr. »Jacobus le Roux, Jacobus le Roux,
melden Sie sich.«
Es war dieselbe unbekannte Stimme.
Er tat nichts. Er wusste, was sie vorhatten.
»Jacobus le Roux, Jacobus le Roux, melden Sie sich.«
Wieder und wieder, ausdauernd, alle paar Minuten dieselben geduldigen Worte.
Dann: »Ich weiß, Sie können mich hören, Jacobus. Es tut mir sehr leid wegen Vincent. Wir wussten nicht, dass Sie für die ESU
arbeiten.« Die Stimme war freundlich und mitfühlend. »Wir wissen, dass ihr ärztliche Betreuung braucht. Bringen Sie ihn zu
uns, wir können helfen. Sind Sie da, Papa Juliet, melden Sie sich?«
Die nächste halbe Stunde versuchten sie es mit solchen beschwichtigenden Versprechen, aber Jacobus hörte nicht mehr zu. Er
überlegte, was er in ein oder zwei Stunden tun würde, wenn die Sonne aufgegangen war. Erst mal musste er Hilfe für Pego finden.
Sie mussten verschwinden, sonst waren sie tot.
Welche Möglichkeiten blieben ihnen? Sie waren etwa sieben Kilometer von der H10 entfernt, der Asphaltstraße, die die Touristen
nutzten, aber er müsste einen großen Umweg machen, um diesen Leuten zu entgehen. Das würde nicht funktionieren.
Sie
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