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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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weiße Männer in schwarzen Anzügen und mit schwarzen Hüten, die
     ihn sprechen wollten. Sie kamen von der neu gebildeten Arms Development and Production Corporation, dem Vorläufer dessen,
     was 1977 Armscor wurde. Er musste eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnen, bevor sie ihm von der Artillerie und den
     gepanzerten Fahrzeugen erzählten, die entworfen und gebaut werden mussten. Da sie bereits in Erfahrung gebracht hatten, dass
     er ein treuer Afrikaaner war, waren sie gekommen, um ihn zum Bau der Antriebsmechanik unter Vertrag zu nehmen.
    Dieser Vertrag hatte zwei Konsequenzen. Erstens wurden Johan und Sara le Roux reich. Nicht über Nacht und nicht ohne Mühen,
     denn der Staat ist ein unangenehmer Kunde, und es bedurfte vieler Stunden Blut und Schweiß. Aber über fast dreißig Jahre wurde
     Le Roux Engineering zu einer Firma mit |60| drei riesigen Werkstätten und einem Gebäude in Johannesburg nur für Forschung, Verwaltung und Management.
    Die zweite Konsequenz bestand darin, dass sie bis 1972 warten mussten, bevor sie an ein weiteres Kind denken konnten. In diesem
     Jahr wurde Emma le Roux geboren. Am 6. April, einem Geburtstag, den sie damals mit der gesamten Republik teilte.
    »Dann zogen sie nach Johannesburg, damit mein Vater nicht mehr so viel reisen musste …«
    Mein Gefühl war, dass sich das große Geld nicht länger im Grau der Mittelklasse von Vanderbijl Park zu Hause fühlte. Linden
     war die Gegend der aufstrebenden, wohlhabenden Afrikaaner in jenen Tagen.
     
    »Dort bin ich aufgewachsen«, sagte Emma und vollführte eine entschuldigende Bewegung mit der Hand, die sagen sollte: »Es war
     mein Schicksal.« Ich konnte sehen, dass die Schwere von ihr gewichen war, als hätte es sie irgendwie befreit, ihre Geschichte
     zu erzählen. Sie lächelte ein wenig unsicher und sah auf die Uhr. »Morgen müssen wir früh aufstehen.«
    Wir gingen. Die Nacht war ein Brutkasten voll Hitze und Feuchtigkeit. Weit im Westen war ein Gewitter zu sehen. Während wir
     den hell erleuchteten Pfaden zurück zur Bateleur-Suite folgten, dachte ich über ihre Geschichte nach. Ich fragte mich, ob
     sie je an die Quelle ihres Wohlstandes dachte, erarbeitet auf dem Fundament der Apartheid und internationaler Sanktionen und
     mittlerweile politisch vollkommen inkorrekt. Geschah es aus Schuldbewusstsein, das sie solche Betonung auf die ursprüngliche
     Armut ihrer Eltern legen ließ?
    War die Herkunft ihres Wohlstandes der Grund, dass sie einen Beruf hatte und nicht nur von den Zinsen lebte?
    In unserer Suite bat ich sie, ihr Schlafzimmer von innen zu verriegeln. Ein schlechter Rat, wie wir bald herausfinden sollten.
    Mein Handy piepste in meiner Tasche. Ich wusste, dass es Jeanette Louws tägliche
ALLES OKAY? -
Nachricht war. Ich |61| zog es heraus und schickte wie üblich zurück:
ALLES OKAY
. Dann umrundete ich noch einmal das Gebäude, bevor ich zu Bett ging. Meine eigene Schlafzimmertür ließ ich offen. Ich lag
     in der Dunkelheit und wartete auf den Schlaf. Nicht zum ersten Mal dachte ich über die Vorteile einer harmonischen Familiengeschichte
     nach.

|62| 8
    Emmas Schrei drang in meinen Schlaf: »Lemmer!«
    Ich war auf den Beinen und lief ins Wohnzimmer, bevor ich ganz wach war. Ich war nicht einmal sicher, dass der Schrei wirklich
     gewesen war.
    »Lemmer!« Reine Panik.
    Ich eilte zu ihrer Tür, prallte dagegen. Abgeschlossen. »Ich bin hier«, sagte ich, heiser vor Schlaf.
    »Da ist etwas im Zimmer«, kreischte sie.
    »Machen Sie die Tür auf.«
    »Nein!«
    Ich bearbeitete die Tür mit der Schulter, ein dumpfes Krachen, aber sie blieb verschlossen. Ich hörte ein merkwürdiges, unscharfes
     Geräusch aus dem Innern.
    »Ich glaube, es ist eine … Lemmer!« Mein Name war ein verängstigter Schrei.
    Ich ging einen Schritt zurück und trat nach der Tür. Sie splitterte auf. Im Zimmer war es stockdunkel. Emma kreischte wieder,
     ich schlug mit der Hand dorthin, wo der Lichtschalter sein musste. Plötzlich war es hell, und die Schlange griff mich an,
     ein großes, graues Zischen, ein Monster mit weit aufgerissenem Maul, das Innere schwarz wie der Tod. Ich zog mich ins Wohnzimmer
     zurück, Emma schrie wieder nach mir. Für einen flüchtigen Augenblick sah ich sie auf dem Doppelbett – Kissen und Decke, aus
     Angst alles vor sich zum Schutz aufgetürmt. Die Schlange stieß nach mir, wieder und wieder, ihr hohles Zischen reine Wut.
     Ich stolperte über einen Sessel, die Fänge des Biests schlugen

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