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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ihre Art war, mit Stress umzugehen – ein spektakulärer Kurzschluss, wenn die Leitungen
     überladen waren. Ihr Kopf zuckte hoch, sie drückte ihre hübschen Schultern durch, hob eine kleine Hand mit ausgestrecktem
     Zeigefinger und ging direkt auf den großgewachsenen Polizisten zu. »Was für ein Detective sind Sie eigentlich?« Sie betonte
     das vorletzte Wort, während sie mit ihrem Finger auf seine breite Brust einstach. Ihre Hand sah aus wie ein Madenhacker, der
     auf einem Büffel herumpickte.
    Ich hoffte, dass sie mehr zu bieten hatte als diesen einen Satz.
    »Madam …«, sagte er überrascht, und seine Arme hingen an den Seiten herunter, während ihr Finger auf ihn einstach und ein
     tiefes Rot über ihren Hals bis zu ihrer Stirn kroch.
    »Kommen Sie mir nicht mit ›Madam‹! Was für ein Detective sind Sie eigentlich? Sagen Sie mir das! Ich habe Informationen. Über
     ein Verbrechen. Und Sie wollen nicht mit mir reden? Wie soll das gehen? Ihre Leute beschützen – das ist alles, was Sie interessiert.«
    »Meine Leute beschützen?«
    »Ich weiß alles über Sie, und ich sage Ihnen, ich werde es nicht darauf beruhen lassen. Dies ist auch mein Land.
Mein
Land. Sie sollen allen dienen. Nein, Sie sollen der Gerechtigkeit dienen, und ich sage Ihnen, ich werde es nicht darauf beruhen
     lassen. Haben Sie das verstanden?« Bei jedem »Sie« stach sie mit dem Finger zu.
    Der Sergeant und der Constable standen überrascht da.
    »Meine Leute beschützen?« Phatudi packte ihr Handgelenk mit seiner großen Pranke.
    »Lassen Sie mich los!«, sagte Emma.
    |129| Er hielt sie weiter fest.
    »Sie haben zehn Sekunden, um sie loszulassen, sonst breche ich Ihnen den Arm«, sagte ich.
    Langsam wandte sich Phatudi mir zu, hielt Emma aber weiter fest. »Bedrohen Sie einen Polizisten?«
    Ich trat näher. »Nein, ich drohe niemals. Aber normalerweise gebe ich eine Warnung.«
    Er ließ Emmas Arm los und trat auf mich zu. »Na los«, sagte er und rollte seine mächtigen Schultern.
    Bei den großen Kerlen muss man schnell und fest zuschlagen. Nicht auf den Körper, das bringt bloß Ärger. Ins Gesicht. Man
     muss so viel Schaden wie möglich anrichten. Das Blut muss fließen, Lippen müssen aufplatzen und Zähne abbrechen. Am besten
     zerschmettert man ihnen den Kiefer. Dann haben sie etwas zum Nachdenken, vor allem die Bodybuilder, die allesamt eine narzisstische
     Ader haben. Sollen sie sich über ihr Aussehen sorgen! Währenddessen tritt man ihnen so fest man kann in die Eier.
    Aber Emma war schneller. Ich war bereit, ich stand schon auf den Fußballen, das Adrenalin floss, ich freute mich sogar beinahe
     – als sie nutzlos auf Phatudi einschlug und sagte: »Nein, Inspector,
ich
rede mit Ihnen. Und ich sage Ihnen, Sie haben nur eine Chance, bevor ich mit Ihrem Boss spreche.«
    Dieses eine Wort war der entscheidende Unterschied. Er war bereit, sich auf mich zu stürzen, ließ es aber. »Boss«, sagte er
     langsam. »Das ist ein weißes Wort.«
    Emma hatte sich beruhigt, sie hatte sich wieder unter Kontrolle. »Vorgestern haben Sie mir gegenüber von ›meinen Leuten‹ gesprochen,
     Inspector. Den Weißen. Erinnern Sie sich? Also kommen Sie mir nicht mit Hautfarben. Ihr Commander oder Officer oder Chef oder
     was auch immer … Die Hierarchie der Polizei ist nicht meine starke Seite, aber meine Rechte als Bürgerin dieses Landes schon.
     Und das Recht jedes anderen Bürgers, ob schwarz oder weiß oder braun, ganz egal. Jeder von uns hat das Recht, mit der Polizei
     zu sprechen, angehört zu werden und zum Zuge zu kommen. Und wenn |130| Sie nicht meiner Meinung sind, dann sagen Sie es mir besser jetzt, damit ich weiß, wo wir stehen.«
    Phatudis Problem waren seine beiden Kollegen. Er konnte es sich nicht leisten, das Gesicht zu verlieren.
    »Mrs. le Roux«, sagte er langsam, »jeder hat ein Anrecht auf den Dienst der Polizei. Aber niemand hat das Recht, eine Mordermittlung
     zu stören. Niemand hat das Recht, Schwierigkeiten zu machen und Probleme zu verursachen. Die Behinderung der Justiz ist ein
     Vergehen für sich. Einen Polizisten anzugreifen ist ein Vergehen.« Er spreizte Daumen und Zeigefinger einen Zentimeter auseinander.
     »Ich bin so dicht dran, Sie zu verhaften. So dicht.«
    Das schreckte sie nicht. »Wolhuter hat mich gestern Abend angerufen. Er hat etwas gefunden, was beweist, dass Cobie de Villiers
     mein Bruder ist …«
    Ihre Interpretation der Fakten.
    »… Ich bin hergekommen, um Ihnen das zu sagen, denn es

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