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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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einen Schritt zurücktreten und die Tatsachen nüchtern beurteilen?
    Emma schlief, während ich Jeanette Louws tägliche
ALLES OKAY?
-SMS mit einer Hand beantwortete. Ich hätte gern |123| meinem
ALLES OKAY
hinzugefügt:
Außer der Wirklichkeitswahrnehmung meiner Klientin
, aber
Body Armours
Verhaltenskodex ließ dafür keinen Raum.
     
    Emma wachte nicht auf, als ich um drei Uhr morgens vor der Bateleur-Suite im Mohlolobe Game Reserve hielt. Sie war ein verletzliches
     Wesen auf dem Beifahrersitz: klein, still, schlafend.
    Ich stieg aus, schloss die Suite auf und schaltete das Licht ein. Die Tür war repariert worden, die Lampe ersetzt, und auf
     dem Tisch im Wohnzimmer standen ein riesiger Obstkorb, Schokolade und Champagner. Ich ging hindurch und überprüfte alle Zimmer
     von innen, dann von außen, ich sah mir alle Fenster an. Emma im Wagen schlief immer noch.
    Ich wollte sie nicht wecken. Ich wollte aber auch nicht die Nacht im Wagen verbringen.
    Ich schaute lange auf sie hinunter, dann öffnete ich leise ihre Tür und nahm sie vorsichtig hoch, ihren Kopf an meinem Hals,
     einen meiner Arme um ihren Rücken gelegt, den anderen in den Kniekehlen. Sie war leicht wie ein Kind. Ich spürte ihren flachen
     Atem an meiner Haut und roch den Duft ihres Körpers.
    Ich trug sie die Stufen hoch, und als ich sie in ihr Zimmer tragen wollte, flüsterte sie mir ins Ohr: »Das andere Zimmer.«
     Ich konnte sehen, dass ihre Augen immer noch geschlossen waren. Ich drehte mich um und ging in mein Zimmer. Ich legte sie
     vorsichtig auf mein Einzelbett und schlug die Decke des anderen zurück. Nahm sie wieder hoch, legte sie auf ihr eigenes Bett
     und zog ihre Schuhe aus. Deckte sie zu.
    Bevor ich mich abwandte, um den Wagen abschließen zu gehen, bemerkte ich den Hauch eines zufriedenen Lächelns auf Emmas Gesicht
     – wie bei einer Frau, die einen Streit gewonnen hat.

|124| 16
    Um acht Uhr morgens saß ich draußen auf der Veranda und trank Kaffee, als Emma auftauchte, eingewickelt in den weißen Bademantel
     des Resorts, das Haar noch nass von der Dusche.
    »Guten Morgen, Lemmer.« Der musikalische Klang war in ihre Stimme zurückgekehrt. Sie setzte sich mir gegenüber.
    »Guten Morgen, Emma. Kaffee?«
    »Ich hole mir gleich welchen, danke.«
    Das untere Ende ihres Bademantels glitt zur Seite und ließ ihre gebräunten Knie sehen. Ich konzentrierte mich auf die Tiere,
     die ich beobachtet hatte. »Paviane«, sagte ich und zeigte auf einen Trupp auf der anderen Seite des Flusses, der zum Wasser
     unterwegs war. Die Männchen passten wie Bodyguards auf die Frauen und die Kinder auf.
    »Ich kann sie sehen.«
    Ich trank meinen Kaffee.
    »Lemmer …«
    Ich sah sie an. Die Vorstellung, dass sie möglicherweise unter dem Bademantel nichts anhatte, beeinträchtigte meine Konzentration.
    »… tut mir leid wegen gestern.«
    »Sie müssen sich nicht entschuldigen.«
    »Doch, ich hatte Unrecht, und es tut mir leid.«
    »Vergessen Sie’s. Es war ein harter Tag gestern, mit der Schlange … und allem.«
    »Dahinter kann ich mich nicht verstecken. Sie waren absolut professionell, und das weiß ich zu schätzen.«
    Ich konnte sie nicht ansehen. Der absolut professionelle Bodyguard kämpfte mit seinen Bildern, die ungefragt unter |125| den weichen weißen Stoff ihres Bademantels gekrochen waren.
    Über manche Dinge grübelt man sein ganzes Leben, denn man kann mit niemandem darüber sprechen – weil man fürchtet, als Perverser
     angesehen zu werden. Zum Beispiel die Tatsache, dass ich neben ihr auf der Veranda saß und mir ihren Schambereich vorstellte
     – dieses überraschende Dreieck feiner, dunkelbrauner Locken unter der zarten braunen Haut ihres Bauches. Ich musste nur den
     Arm ausstrecken und ihren Bademantel aufschlagen, dann könnte ich es sehen, feucht wie ihr Haar, eine Tropenmuschel, die nach
     Seife duftete und nach der Emma, deren Duft ich gestern Abend eingeatmet hatte. Ich konzentrierte mich auf die Paviane, ich
     fühlte mich schuldig und fragte mich, ob alle Männer so waren. Oder ob eine Frau unter ähnlichen Umständen zur gleichen Banalität
     fähig wäre.
    »Entschuldigung angenommen.«
    Es dauerte eine Weile, bevor sie wieder etwas sagte. »Ich habe gedacht … Wenn Sie nichts dagegen haben, bleiben wir doch noch
     einen Tag. Wir können heute Abend die Rundfahrt mitmachen und gut essen. Und morgen nach Hause fahren.«
    »In Ordnung.« Hatte sie es endlich begriffen?
    »Ich bezahle Sie trotzdem für die ganze

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