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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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hat direkten Bezug zu Ihrer Ermittlung. Also bitte erklären Sie mir,
     inwiefern das Ihre Ermittlungen behindert. Und diese beiden Idioten hätten uns anhalten und sagen können, dass sie uns folgen
     würden, wenn sie uns wirklich hätten schützen wollen, was ich nicht einen Augenblick lang glaube. Ich werde nicht die Verantwortung
     für die Dummheit eines anderen übernehmen.«
    Die beiden Idioten schauten auf ihre Füße.
    »Was für Beweise?«, fragte Phatudi.
    »Wie bitte?«
    »Was für Beweise hatte Wolhuter?«
    »Das weiß ich nicht. Deswegen bin ich hier.«
    »Was hat er gesagt?«
    Sie zog ihr Handy heraus. »Hören Sie selbst«, sagte sie und bearbeitete die Tastatur, um die Nachricht erneut abzuspielen.
     Sie reichte es Phatudi. Er hörte zu.
    »Das ist nicht das, was er sagt.«
    »Entschuldigung?«
    »Er hat nie gesagt, dass er etwas gefunden hätte, was beweist, dass de Villiers Ihr Bruder ist.«
    |131| »Natürlich hat er das gesagt.«
    Phatudi gab ihr das Handy zurück. Mit seiner ständig gerunzelten Stirn wirkte er permanent genervt – es war schwer, ihn einzuschätzen.
     Er stand da und sah Emma an. Schließlich sagte er: »Reden wir irgendwo weiter, wo es kühler ist.« Er drehte sich auf dem Absatz
     um und ging zurück Richtung Auditorium.
     
    »Was hat Wolhuter gestern zu Ihnen gesagt?«, fragte er, als wir uns gesetzt hatten.
    »Wie ist Wolhuter umgekommen?«, entgegnete Emma.
    Das würde ja ein interessantes Gespräch werden.
    Stattdessen aber geschah ein Wunder auf Phatudis Gesicht. Falte für Falte glättete sich seine gerunzelte Stirn. Dann baute
     sich aus dem Nirgendwo ein Lächeln auf. Es war eine faszinierende Metamorphose, vielleicht weil es so undenkbar erschienen
     war, dass er dasselbe Gesicht für beide Mienen verwenden konnte. Als das Lächeln fertig war, begann sein massiver Körper zu
     zittern, und seine Augen schlossen sich. Ich brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass Inspector Jack Phatudi lachte – lautlos,
     als hätte jemand vergessen, den Ton anzuschalten.
    »Sie sind schon eine«, sagte er, als das Beben abgeklungen war.
    »Ach?«, sagte Emma, aber nicht mehr so aggressiv.
    »Sie sind klein, aber giftig.«
    Und damit war er in den Fanclub der mutigen Emma eingetreten, zusammen mit dem verstorbenen Wolhuter, dem lebenden Lemmer
     und dem zwinkernden Stef Moller. Ich fragte mich, wie kalkuliert Emma war, wie viel Manipulation sich unter der furchtlosen
     Empörung verbarg. Es war ein neuer, dritter Pawlowscher Trick, den ich zu meinem Gebot kleiner Frauen hinzunehmen musste.
    Ich sah sie an. Falls sie zufrieden war, verbarg sie es gut. »Inspector, helfen wir einander. Bitte.«
    »Okay«, sagte er. »Das können wir versuchen.« Er lächelte immer noch. Bis Emma ihm erzählte, was Wolhuter am Tag zuvor gesagt
     hatte.

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    »Warum müssen sie lügen? Ich kann das nicht verstehen«, sagte Jack Phatudi, und seine Stirnfalten erwachten wieder zum Leben.
    »Worüber lügen sie?«, fragte Emma.
    »Über alles. Über mich. Über die Sibashwa. Die Landforderungen. Es gibt keine vierzig Forderungen gegen Kruger. Vor sechs
     Jahren hat die Kommission bemerkt, dass viele Forderungen von denselben Familien stammten, dass die einen aber nicht von den
     anderen wussten. Sie haben sie konsolidiert. Und jetzt sind es nur noch die Mahashi, Ntimane, Ndluli, die Sambo, die Nkuna
     und die Sibashwa. Es gab noch zwei andere Forderungen, von den Mhinga und den Mapindani, aber die wurden abgelehnt. Bleiben
     acht Forderungen, keinesfalls vierzig.«
    »Aber Sie haben eine Forderung.«
    »Ich? Ich bin Polizist. Ich fordere kein Land.«
    »Die Sibashwa fordern Land. Sie sind ein Sibashwa.«
    »Das stimmt, die Sibashwa haben eine Forderung. 1889 wurden sie vertrieben. Meine Leute haben tausend Jahre hier gelebt, und
     dann kamen die Weißen und sagten: ›Ihr müsst weg.‹ Sagen Sie, Madam, was würden Sie tun, wenn die Regierung käme und sagte:
     ›Wir konfiszieren Ihr Haus, suchen Sie sich ein anderes?‹«
    »Wenn es für die Umwelt ist, würde ich gehen.«
    »Ohne einen Cent Entschädigung?«
    »Nein, es muss bezahlt werden.«
    »Genau. Das ist alles, was die Sibashwa wollen. 1889 gab es nichts dergleichen, man hat bloß mit Gewehren auf unsere Vorfahren
     gezielt und gesagt, sie sollen verschwinden, sonst |133| würden sie erschossen. Unsere Vorfahren sind dort begraben, tausend Jahre Gräber, aber die Weißen haben den Boden in Besitz
     genommen und gesagt, wir müssen gehen.

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