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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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Berg? In Französisch: Sir, waren Kevins – Verzeihung, jemand von der lokalen Bevölkerung involviert? Die Lehrer gerieten ins Stottern; sie waren selbst nicht informiert. Die Prämisse hatte gelautet: Lasst die Familie in Ruhe trauern, und ehrt den Toten, indem ihr den Schulbetrieb weiterlaufen lasst – doch das funktionierte nicht. Jemand musste dem Rektor sagen, dass die Situation immer absurder wurde und sich niemand auf das Wesentliche konzentrieren konnte.
    Am dritten Tag wurde eine Schulversammlung im Speech Room einberufen.
    Speech Room  – diese Worte wurden in Harrow mit besonderer Emphase ausgesprochen. Sie vermittelten Würde und Stolz. Der Speech Room auf der Hügelseite war das Herzstück der Schule. Hier wurden Theaterstücke aufgeführt und Versammlungen abgehalten. Im Sommer fanden die Veranstaltungen am Speech Day in diesem Saal statt: Bei dem alljährlichen Ereignis, das als eine Art Abschlussfeier galt, trugen die Schüler der letzten Klasse vorbereitete Reden, Gedichte und Monologe vor Kommilitonen, Eltern und bedeutenden Gästen vor. Während einer Andacht stellten die Schulabgänger ihre gewonnene Reife zur Schau.
    Vor der Versammlung strömten die Jungs in Gruppen in den Speech Room. Andrew war allein. Als er sich einen Platz suchte, merkte er, dass es wieder still um ihn herum wurde, und spürte, dass ihn eisige, neugierige Blicke durchbohrten. Er wünschte, er hätte auf Roddy gewartet. Der Speech Room war kein Saal im eigentlichen Sinne, sondern ein mit fünfhundert eng stehenden Stühlen bestücktes Amphitheater. Treppen führten zu den Sitzreihen vorden Buntglasfenstern hinauf. Schlanke Säulen ragten zur kunstvoll vertäfelten Decke.
    Im vorderen Teil befand sich die Bühne, und darauf stand ein Podest. An diesem trüben Tag betrat um elf Uhr morgens der Rektor Colin Jute in seiner schwarzen Robe das Podium und setzte sich auf einen der bereitgestellten Stühle. Kerzengerade Haltung, energisches Kinn, helles Haar mit grauen Schläfen, ein Blumenkohlohr (ein ehemaliger, erfolgreicher Rugby-Spieler) und Hängebacken. Neben ihm lümmelte Piers Fawkes mit übereinandergeschlagenen Beinen und von Schlafmangel gezeichnetem Gesicht. Neben Fawkes hatte ein schlanker Mann um die vierzig mit gewelltem braunem Haar und Schildpattbrille Platz genommen. Er war der Einzige auf dem Podium, der keinen Talar trug und im ganzen Saal durch seine helle Kleidung auffiel: hellgrünen Sportsakko mit passender Hose. Er hatte einen dicken Aktenordner in den Händen. Er war kein Detective  – dafür war er zu dünn und professionell. Ein Arzt? Der Mann drehte den Kopf wie ein Vogel, ohne seine Neugier zu verbergen: Er hatte etliche Hundert gewaschene und ungewaschene, muskulöse und schmächtige, hellhäutige und braune Jungs vor sich. Trotz ihrer einheitlichen Uniformen und der Herkunft aus ganz ähnlichen sozialen Schichten lauter unterschiedliche Typen, und sie konnten in der ungewohnten Stille kaum ruhig sitzen. In dem großen halbrunden Saal, in dem normalerweise Kichern und lautes Stimmengewirr widerhallten, war heute nur verhaltenes Husten, hin und wieder ein Flüstern und das Knarren der Stühle zu hören. Das Wispern verstummte abrupt. Andrew ließ sich auf seinen Stuhl sinken. Ihm war schlecht. Er schloss die Augen und wartete auf die Worte. Theo Ryder wurde am Morgen desneunten September erwürgt … Hätte jemand seinen Angreifer gesehen, wären wir heute sicher, und wir könnten seinen Mörder der Gerechtigkeit zuführen …
    Der Rektor hob das Kinn und begann die Tatsachen zu bestätigen: Theodore Ryder, Schüler der Abschlussklasse und Bewohner des Lot, starb am Morgen des neunten September. Ryder schien krank gewesen zu sein und an seiner Krankheit gestorben zu sein. Der Rechtsmediziner (der Rektor deutete auf den Mann im Sportsakko) hatte sich großzügigerweise bereit erklärt, vor dieser Versammlung zu sprechen; Dr. Sloane … (trotz der Trauer tuschelten die Schüler belustigt: Oh, klar. Dr. Sloane. Mrrrowww. Der Rechtsmediziner sah sich verwirrt um und hatte keine Ahnung, wieso sein Name solche Aufmerksamkeit erregte. Ihm war nicht klar, dass es für ein paar der feinen Pinkel so was wie Hochstapelei war, denselben Namen wie Londons eleganter Sloane Square zu tragen, ohne vom Sloane Square zu kommen)  … Dr. Sloane würde einen kurzen Bericht abgeben und den Jungs so Informationen aus erster Hand und die Gelegenheit bieten, Fragen zu stellen. Dies würde das erste und, wie der

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