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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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Rektor aufrichtig hoffte, letzte Mal sein, dass er gezwungen war, den Tod eines Schülers zu erörtern.
    Theodore Ryder …, begann der Arzt. Er blinzelte hinter seinen dicken Brillengläsern, als würde er in grelles Scheinwerferlicht schauen. Durch seine nasale, klinische Ausdrucksweise wirkte er wie ein Nerd der Medizin.
    Theodore Ryder starb an Sarkoidose in der Lunge, die, wenn sie unbehandelt bleibt, die Lungenfunktion behindert. Anfangs konnten wir uns nicht erklären, wie sich die Erkrankung so schnell verschlimmern konnte. Er schob die Brille höher auf die Nase. Nach Angaben der Familie hatTheodore in den Ferien keines der üblichen Symptome wie Abgeschlagenheit gezeigt. Sogar am Abend vor seinem Tod  – der Rechtsmediziner prüfte seine Notizen – machte Theodore Ryder laut Aussage seines Zimmernachbarn einen vollkommen gesunden Eindruck. Andrew wurde rot  – zum Teil aus Ärger, zum Teil wegen der Erleichterung, dass weder Drogen noch Mord als Todesursache in Frage kamen. Allerdings hätte er viel darum gegeben, heute nicht erwähnt zu werden. Lasst mich einfach da raus, hatte er gefleht.
    »Sir?«
    Eine Hand hob sich, und elektrische Stromschläge zuckten über Andrews Rücken. Was will dieser Junge wissen? Geht es um mich? Der Doktor sah verwirrt in die Runde.
    Der Rektor erhob sich. »Wir haben die Schüler ermutigt, Fragen zu stellen«, rief er Dr. Sloane ins Gedächtnis. »Danke, Mr. Clegg-Bowra. Bitte.«
    Der Junge stand auf. »Sir, was hat Theo auf dem Church Hill gemacht?«
    Piers Fawkes sprang auf, um dem Arzt ins Ohr zu flüstern: Das ist der Auffindeort. Oben auf dem Hügel.
    »Ich bin Rechtsmediziner, kein Psychiater«, erwiderte Dr. Sloane mit einem öligen Lächeln, »deshalb kann ich Theodore Ryders Beweggründe, diesen Ort aufzusuchen, nicht benennen. Aber aus der medizinischen Perspektive  … vielleicht können wir ein Motiv finden. Der Zeitpunkt des Todes liegt zwischen sieben und neun Uhr morgens. Lassen Sie uns annehmen, dass Theodore Ryder auf seinem Weg zum Frühstück gestorben ist. Sein Lungenvolumen war durch die Granuloma und die geschwollenen Lymphgefäße stark beeinträchtigt, das Lungengewebe wurde starr und konnte sich nicht weiter ausdehnen. Erwurde kurzatmig und bekam einige Zeit später nur noch schwer Luft. Er hatte akute Schmerzen. Während seine Beschwerden belastender, dann lebensbedrohlich wurden, geriet er in Panik. Hätte sich so etwas in einer Klinik ereignet, wäre dies der Zeitpunkt gewesen, in dem die Ärzte Notfallmaßnahmen eingeleitet und ihm beispielsweise einen Tubus in die Luftröhre eingeführt hätten, um ihm das Atmen zu ermöglichen … aber Theodore befand sich nicht im Krankenhaus. Ich nehme an, er tat das, was ihm in dieser Situation als natürlich erschien – das ist, wie gesagt, eine Vermutung«, fügte er mit einem weiteren unpassenden Lächeln hinzu. »Er strebte zu einem höher gelegenen Ort mit offener, luftiger Umgebung. Mit mehr Sauerstoff.  – Den brauchte er nämlich dringend, weil er kurz vor dem Ersticken war.«
    Colin Jute war während dieser ausführlichen, bedrückenden Erklärung unruhig geworden. Er hatte den Arzt eingeladen, damit er die Jungs mit medizinischen Erläuterungen beruhigte, nicht damit er ihnen noch mehr Angst machte. Ein anderer Schüler meldete sich. Jute stand auf und deutete auf ihn – er hoffte, dass der Junge eine medizinische Frage hatte.
    »Demnach waren keine Drogen im Spiel?«, rief der rothaarige Junge.
    »Wir haben Blutanalysen durchgeführt und nichts gefunden«, antwortete der Arzt näselnd. »Doch diese Frage sollte besser die Polizei beantworten …«
    Der Rektor hatte genug von dem Rechtsmediziner und übernahm wieder das Podium. Die Polizei, schaltete er sich mit donnernder Stimme ein, habe gründliche Ermittlungen angestellt und keinerlei Anzeichen von Drogen oder einer kriminellen Tat festgestellt. Theodore Rydersei eines natürlichen Todes gestorben. Sein Tonfall implizierte die Drohung : Und ich möchte keinen weiteren Unsinn hören, sonst … Diese Veranstaltung war nicht zu dem emotionsgeladenen Ereignis geworden, das er geplant hatte, und er war bereit, die Diskussion wieder auf Linie zu bringen.
    »Weitere Fragen?«, rief der Rektor.
    Es gab noch einige. Bestand Ansteckungsgefahr? Das fiel in den Fachbereich des Arztes. Nicht im mindesten … die Sarkoidose ist eine ziemlich mysteriöse Erkrankung, deren Ursachen und Entstehung wissenschaftlich noch nicht geklärt sind.

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