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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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Mann.« Er nickte ernst. »Derselbe Kerl. Ich erinnere mich nicht an den Ausschlag oder die Wangen. Aber das weiße Haar  – definitiv.« Er legte die Quittung auf den Tresen.
    Die anderen drei drängten sich zusammen, um seine Zeichnung zu sehen. Es war ein längliches Gesicht mit angedeutetem weißem Haar, und Vivek hatte mit mehreren Strichen deutlich gemacht, wie tief die Augen in den Höhlen lagen, als hätte sich ihm dieses Detail besonders eingeprägt.
    Andrew schluckte. Er hörte die Kommentare der Mädchen, aber er konnte den Blick nicht von der Zeichnung wenden.
    »Bist du in Ordnung, Mann?«, fragte Vivek leise.
    »Ja«, brachte er heraus.
    Vivek tätschelte ihm mitfühlend die Schulter.
    Kurz danach verließen sie das Lokal. Agatha und Vivek waren zu einer Party eingeladen.
    »Keine Angst«, rief Vivek über die Schulter, als Agatha ihn zu einem Taxistand am Ende des Blocks zerrte.»Der Geist hat noch nie jemandem ein Leid angetan. Das weiß ich!« Er grinste und winkte.
    Persephone führte ihn ins obere Stockwerk. Das Haus war warm, stickig, steril; ihr Zimmer, das jetzt als Gästezimmer diente, wirkte unpersönlich. Sie standen vor dem großen Spiegel und betrachteten sich  – symmetrische Spiegelbilder verschiedenen Geschlechts mit langen weißen Hälsen und dunklen Locken.
    Andrew legte den Finger an ihren Hals. Persephone seufzte. Andrew schälte sie aus ihrem bunten Wickelkleid. Ihre Haut war klamm, klebrig und zart. Sie ließen sich aufs Bett fallen. Sie legte sich auf den Rücken und half ihm, in sie zu dringen. Der einzige Laut in dem stillen Haus war ihr Keuchen. Erst später, im Halbschlaf, fiel ihm etwas ein, und er setzte sich auf. Hast du …? Obwohl er die Antwort kannte oder zumindest glaubte, sie zu kennen. Persephone fand in der Dunkelheit seine Hand und drückte sie an ihre Brust.

15

Sputum
    Andrew stieg den Hügel hinauf, stolz wie ein Eroberer und herrlich schuldbewusst. Mit jedem Schritt erinnerte er sich jedoch mehr an die beklemmenden Schulvorschriften. Schüler in ihrem Sonntagsstaat – Gehrock und gestreifte Hose – gingen an ihm vorbei. Das Mittagessen war offensichtlich gerade vorbei. Er beschleunigte seine Schritte, überquerte die Straße und wurde um ein Haar von einem Krankenwagen, der mit kreischender Sirene über die Kuppe schoss, überfahren. Er sprang auf den Gehsteig und stieß gegen Rupert Askew, den gottesanbeterinähnlichen Redner vom Essay Club.
    »Was für ein Anblick, Taylor. Du kommst gerade zurück? Du wirst gekreuzigt, wenn du dich so blicken lässt.«
    Andrew setzte seinen Weg fort und strengte sich an, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Er brauchte eine Weile, bis er realisierte, dass der Krankenwagen, der gerade an ihm vorbeigerast war, in die Einfahrt des Lot zurücksetzte.
    Er fing an zu rennen. Als er durchs Tor lief, stand der Krankenwagen vor dem Eingang. Ein Sanitäter stürmte ins Haus. Ein Notarzt folgte ihm mit einer Arzttasche.
    Andrew kam ins Foyer. Alles war eigenartig ruhig. Dann ertönten Stimmen in einem der oberen Stockwerke. Er ging hinauf. Mit jedem Schritt vernahm er die Stimmen deutlicher.
    Kannst du mich hören, Roddy? Warst du krank?
    Roddy, hast du irgendwelche Medikamente eingenommen?
    Durchsuchen Sie seinen Schrank und das Nachtkästchen – sind dort Pillen oder so was?
    Roddy, kannst du mich hören? Weißt du, wo du bist?
    Andrew erreichte den obersten Treppenabsatz und sah Rhys vor Roddys Tür. Der Haussprecher biss sich ängstlich auf die Lippe und starrte unverwandt in das Zimmer. Er trug sein weißes Hemd und eine schwarze Seidenweste. Ein Sanitäter in Overall hielt die Tür auf.
    Gut, wir müssen ihn in die Klinik bringen. Haben Sie die Tasche? Dann mal los. Hilf mir. Der Notarzt winkte Rhys heran.
    Rhys verschwand in Roddys Zimmer. Andrew wagte sich näher heran. Die beiden Sanitäter schoben ihre Arme unter Roddy –  auch in weißem Hemd und gestreifter Hose –, um ihn auf die Trage zu heben. Roddys Gesicht war von einer schwarzen Latexmaske, die der Notarzt festhielt, halb verdeckt. Die Maske war mit einem Gebilde verbunden, das an einen schwarzen Punchingball erinnerte und sich zusammenzog und wieder aufblähte. Rhys packte die Griffe an einem Ende der Trage.
    Mach den Weg frei, schrie der Sanitäter Andrew an.
    Andrew wich zurück an die Wand im Flur. Rhys und der Sanitäter ächzten, als sie die Trage mit dem festgeschnallten Roddy hochhoben und aus dem Zimmer trugen. Der zweite Sanitäter

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