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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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bat den Gouverneur, seinem Widersacher zu verzeihen, und bot ihm 40 Golddukaten an, »die [er] in vielen Jahren zusammengespart habe«, in der Hoffnung, Johnston freikaufen zu können.
    William Johnstons Verrat hinterließ einen tiefen Eindruck bei Pellow. Diese Erfahrung rief ihm erneut ins Bewusstsein, wie außerordentlich gefährlich ein Fluchtversuch war. Nun war er zum zweiten Mal fast unter die Hände des Henkers geraten. Er schwor, in Zukunft vorsichtiger zu sein, und es vergingen einige Jahre, bis er den Mut zu einem letzten, verzweifelten Fluchtversuch aufbrachte.

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    11
Mörderische Brüder
    Seit Charles Stewarts erfolgreicher Mission nach Meknes waren zwei Jahre vergangen, und es gab nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der Sultan beabsichtigte, weitere europäische Sklaven freizulassen. Die Arbeiten an seinem großartigen Palast kamen zügig voran, und immer noch schufteten tausende Sklaven an den weitläufigen Palästen und Befestigungsanlagen. Die Größe der Sklavenpopulation schwankte in dieser Zeit. Die Korsaren brachten weiterhin menschliche Beute nach Salé und versorgten Mulai Ismail mit Arbeitskräften, aber viele der in Meknes gefangen gehaltenen Europäer hatten sich entschlossen, zum Islam überzutreten, um ihr Los zu verbessern. Ihre Leidensgenossen, die in den Sklavenpferchen blieben, konnten nur hoffen und beten, dass ihre Regierungen jemanden schicken würden, um sie freizukaufen.
    Im Jahr 1723 keimte bei einigen dieser Sklaven die Hoffnung, ihre Gebete könnten endlich erhört werden. An einem strahlenden Oktobermorgen watete in der Bucht von Tetuan eine Gruppe französischer Mönche durch die Brandung. Pater Jean de la Faye und seine Brüder waren mit kostbaren Geschenken und Geld nach Marokko gekommen, um Stewarts außergewöhnlichen Erfolg zu wiederholen. Sie waren überzeugt, dass es ihnen gelingen werde, alle im maghrebinischen Königreich festgehaltenen Landsleute freizukaufen.
    Die Franzosen hatten zu Beginn von Mulai Ismails Herrschaft eine Reihe von Missionen nach Meknes geschickt, und einmal war es ihnen tatsächlich gelungen, mehrere hundert versklavte Landsleute zu befreien. Aber in den letzten Jahren war der Sultan immer reizbarer geworden, weshalb die Mönche ihr Geld lieber dazu verwendet hatten, in den Barbareskenstaaten Algier, Tunis und Tripolis Sklaven freizukaufen, da die Erfolgsaussichten dort größer waren. Doch nun waren Pater Jean und seine Brüder angespornt von dem britischen Erfolg zu der Überzeugunggelangt, dass der Zeitpunkt gekommen sei, die Verhandlungen mit Mulai Ismail wieder aufzunehmen.
    Doch der französischen Gesandtschaft wurde in Tetuan kein annähernd so begeisterter Empfang bereitet wie dereinst Stewart. Pascha Hamet, der Gouverneur der Stadt, wollte unbedingt die Geschenke begutachten, die Pater Jean mitgebracht hatte, und teilte dem Besucher brüsk mit, das Fayence-Geschirr und die vergoldeten Kleider genügten den Ansprüchen des Sultans nicht. Pascha Hamet fühlte sich durch das Auftreten des französischen Geistlichen beleidigt und zeigte sein Missfallen, indem er mehrere französische Sklaven in den örtlichen Kerker werfen ließ. Als Pater Jean diese Männer besuchte, war er entsetzt: »Die Feuchtigkeit, der Gestank und die Menge an Ungeziefer in diesem Gefängnis konnten sie in kürzester Zeit töten.«
    Die Mönche beschlossen, nach Meknes weiterzuziehen, obwohl es ihnen an Proviant und Wasser mangelte. »Seit unserer Abreise aus Tetuan«, schrieb Pater Jean, »haben wir nicht einen Tropfen gutes Wasser gefunden.« Sie füllten ihre Fässer aus Flüssen und Bächen, aber »das Wasser stank, war trüb und voll von Würmern und Insekten, da es dort keine Strömung gab«.
    Die meisten ausländischen Gesandtschaften wurden in Meknes mit einem Mindestmaß an Respekt behandelt. Aber Pater de la Faye und sein Gefolge wurden von Anfang an missachtet und in Unterkünften untergebracht, die kaum besser als jene waren, in denen die Sklaven gehalten wurden. »Wir sahen das Tageslicht nur durch eine Öffnung in der Decke des Empfangszimmers«, berichtet Pater Jean. Es war ihm ein Rätsel, warum der Sultan ihn so geringschätzig behandelt. Es ist möglich, dass Mulai Ismail bereute, seine britischen Sklaven freigelassen zu haben, doch der Grund kann auch in einem anderen Zug seines unberechenbaren Wesens gelegen haben.
    Nachdem sie einige Tage in Meknes ausgeharrt hatten, hörten die Mönche eines Nachts ein Klopfen an der Tür ihrer

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