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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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entschieden, um ihr Leben zu retten. Die wenigen Überlebenden waren seit vielen Jahren in Gefangenschaft. Der 61-jährige Germain Cavelier hatte vier Jahrzehnte in der Sklaverei verbracht. Nicolas Fiolet war seit 38 Jahren Sklave. Die meisten anderen hatten mindestens zwei Drittel ihres Lebens in den Sklavenpferchen verbracht. Trotzdem hatten sie nie die Hoffnung aufgegeben, eines Tages befreit zu werden.
    Es wurde Pater Jean rasch klar, dass Mulai Ismail nicht vorhatte, die Franzosen für die angebotene Summe ziehen zu lassen. Stattdessen forderte er für jeden Gefangenen den gewaltigen Betrag von 300 Piastern und weigerte sich, die kostspieligen Geschenke als Teil des Lösegelds anzuerkennen. Die Mönche versuchten zu feilschen, verzweifelten jedoch bald an der Halsstarrigkeit des in die Jahre gekommenen Herrschers.Mit wachsendem Unmut erklärten sie ihm, ihr einziger Wunsch sei ein vernünftiges Abkommen, in der Hoffnung, mit ihren Mitteln einen Teil ihrer Sklaven zurückzuholen, wenn sie sie schon nicht alle haben können.
    Aber die Zeit wurde knapp. Viele dieser Männer würden nicht mehr lange durchhalten, und die Mönche sahen hilflos mit an, wie einer der Sklaven, ein Mann namens Bertrand Massion, unter den Wunden zusammenbrach, die ihm die Sklaventreiber zugefügt hatten. »Er hatte mehrfach das Martyrium erlitten, mit Strick und Stock geschlagen zu werden«, berichtet Pater Jean. »Wir sahen, dass sein Körper von tausenden Striemen übersät war.« Er war auch mit einem Messer geschnitten und »mit einer um den Schädel gespannten Eisenklammer gefoltert worden«. Massion sollte die Freiheit, von der er schon so lange träumte, nicht mehr erleben. Nach mehr als 35 Jahren in Gefangenschaft starb er in dem kleinen Krankenlager im Sklavenpferch.
    Pater Jean verhandelte mehrere Wochen lang mit Mulai Ismail, aber schließlich musste er sich eingestehen, dass all seine Bemühungen umsonst waren. Der Sultan willigte ein, als Gegenleistung für die Geschenke 15 der ältesten Sklaven ziehen zu lassen, lehnte es jedoch kategorisch ab, die übrigen freizulassen. Widerstrebend und schweren Herzens fand sich Pater Jean mit dem Scheitern seiner Mission ab. Am 11. November kam der schwierigste Augenblick für die Gesandtschaft und die Sklaven. »Wir gingen zum
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[Sklavenpferch], um den Sklaven Lebewohl zu sagen, die in Gefangenschaft blieben. Wir flehten sie an, in ihrem Glauben standhaft zu bleiben, und ermutigten sie mit dem Hinweis, dass in günstigeren Zeiten andere Mönche kommen würden, um sie zu befreien.«
    Pater de la Faye betrachtete seine Mission als Fehlschlag und gab sich die Schuld daran. Zwar gelang es ihm noch, Mulai Ismail dazu zu bewegen, zwei weitere Sklaven freizulassen, aber er war keineswegs stolz darauf, mit 17 Landsleuten heimzukehren: »Siebzehn Sklaven stellten uns nicht zufrieden, denn wir hatten gehofft, eine größere Zahl aus ihren Ketten zu befreien.« Also beschlossen die Mönche, nach Algier weiterzureisen, wo ihnen die Erfolgsaussichten größer schienen. Aber auch dort stießen sie auf einen ungewöhnlich unnachgiebigen Dei, der ihnen lediglich 47 Sklaven überließ. Obwohl dies ein sehr enttäuschendes Ergebnis war, entschloss sich Pater Jean, bei der Ankunft in Frankreich einelärmende Prozession mit den befreiten Sklaven zu veranstalten. Ihre Heimkehr war nicht mit dem Triumphzug der von Stewart befreiten Sklaven zu vergleichen, aber als die abgezehrten Sklaven durch die Dörfer Nordfrankreichs zogen, rührte der Anblick dieser verwirrten Männer viele Menschen zu Tränen.
    Die Sprunghaftigkeit des Sultans Mulai Ismail hielt die spanische Kirche davon ab, eine Gesandtschaft nach Marokko zu schicken. Die Kirchenfürsten gingen davon aus, dass kaum eine Chance bestand, Spanier freizukaufen. Also beschloss man, die Männer ihrem Schicksal zu überlassen. Stattdessen wurden Gesandtschaften nach Tunis und Algier geschickt, wo immerhin 25 000 Sklaven festgehalten wurden. Bei drei Reisen zwischen 1722 und 1725 gelang es Padre Garcia Navarra, 1078 Sklaven zu befreien, obwohl er empört darüber war, dass ihn der Dei zwingen wollte, neben den Katholiken auch Protestanten freizukaufen. Als der spanische Mönch barsch anmerkte, die Protestanten lehne er ab, da sie Häretiker seien, fuhr ihn der Dei wütend an: »Was ich will, das will Gott, und der König von Spanien sollte es besser ebenfalls wollen.«

    Bevor Charles Stewart die Rückreise nach England angetreten hatte, hatte er Konsul

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