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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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Untertanen zu wahren.
    An diesem Morgen war Mulai Ismail in bester Stimmung (die Farbe seines Gewandes ist nirgendwo erwähnt) und zeigte sich entzückt über die Ankunft der vielen neuen Sklaven. Kapitän Hakem hatte sich in den Staub geworfen, als der Sultan den Exerzierplatz betreten hatte. Nun bedeutete man ihm, er solle sich erheben, und Mulai Ismail begrüßte ihn freundlich. »Er nahm uns von den Männern aus Salé entgegen«, schreibt Pellow, »und gab Ali Hakem für jeden von uns 50 Dukaten.« Dieser Betrag (der etwa 15 Pfund entsprach) war ein sehr niedriger Ertrag für die Korsaren, sehr viel weniger, als sie vor der Schließung des großen Sklavenmarktes von den Händlern erhalten hatten.
    Kapitän Hakem kannte den gerissenen alten Sultan gut genug, um zu wissen, dass die geringste Andeutung von Unzufriedenheit extrem unklug gewesen wäre. Und er wusste, dass es dumm wäre, das angebotene Geld zur Gänze einzustecken. »Er zahlte ein Drittel davon zurück und entrichtete ein Zehntel als Tribut.« Der Sultan war zufrieden mit der Ergebenheit, die sein Korsarenkapitän zur Schau stellte, und wandte sich Admiral el-Mediuni zu, um die zweite Gruppe von Sklaven in Empfang zu nehmen. Der Admiral trat vor, um das Geld für seine Gefangenen entgegenzunehmen, aber irgendetwas an seinem Auftreten löste beim Sultan einen dramatischen Stimmungswandel aus. Die englischen Gefangenen verstanden nicht, was der Admiral getan hatte, um Mulai Ismail zu beleidigen, aber das, was als Nächstes geschah, jagte ihnen Schauer des Entsetzens durch den Leib: Völlig unvermittelt zog der Sultan sein riesiges Schwert aus der Scheide, schwang die blitzende Klinge durch die Luft und schlug Admiral el-Mediuni den Kopf ab.
    Das grauenhafte Schauspiel erschütterte die Männer, und erst sehr viel später erfuhr Thomas Pellow, dass der Admiral hingerichtet worden war, weil er das britische Schiff, das vor Salé aufgetaucht war, nicht angegriffen hatte. »Dafür, dass er Delgarno nicht bekämpft hatte«, schreibt Pellow ironisch, »wurde ihm die außergewöhnliche Ehre zuteil, seinen Kopf zu verlieren.«
    Diese Hinrichtung gab Mulai Ismail auch Gelegenheit, seine körperlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Er war bereits 70 Jahre alt, als Kapitän Pellow und seine Männer ihm begegneten, aber er war immer noch stark und energisch wie eine junge Antilope. »Das Alter scheint seinenMut, seine Kraft und seine Aktivität nicht im Geringsten geschmälert zu haben«, hatte Busnot wenige Jahre zuvor berichtet, »und er nimmt sich jeder Aufgabe an, deren er habhaft werden kann.« Mulai Ismail war stets darauf versessen, sein Geschick im Umgang mit dem Schwert unter Beweis zu stellen, und der französische Mönch hatte mit ebenso großem Entsetzen wie die englischen Sklaven beobachtet, dass es »zu seinen häufigen Vergnügungen zählt, sein Pferd zu besteigen, seinen Krummsäbel zu ziehen und dem Sklaven, der ihm den Steigbügel hält, den Kopf abzuschlagen«.
    In den vergangenen Monaten waren zahlreiche Sklaven aus England und den amerikanischen Kolonien nach Meknes gebracht worden, aber diese neue Lieferung erfreute den Sultan besonders. Die insgesamt 52 Männer, unter denen drei Kapitäne und zwei Jungen waren, waren allesamt in guter körperlicher Verfassung. Das gab dem Sultan Grund zur Zufriedenheit, denn jeder dieser Männer war gleichbedeutend mit zusätzlichen 15 Stunden Arbeitsleistung pro Tag.
    Als Mulai Ismail an Thomas Pellow vorüberging, hielt er kurz inne und befahl dem Jungen, einen Schritt zur Seite zu tun. Richard Ferris, James Waller und Thomas Newgent sowie drei Männer, an die sich Pellow nicht erinnert, wurden angewiesen, sich zu dem Jungen aus Cornwall zu stellen. Als der Sultan offenbar zu dem Schluss gelangt war, alle Neuankömmlinge ausgewählt zu haben, die er benötigte, wies er seine schwarzen Sklaven an, die übrigen Gefangenen fortzuschaffen. Thomas sah von Angst und Sorge erfüllt zu, wie sein Onkel und die anderen Männer durch das Palasttor geführt wurden. Es sollte mehrere Wochen dauern, bis er etwas über ihren Verbleib erfuhr.
    Thomas und die anderen sechs Männer, die sich der Sultan ausgesucht hatte, wurden dem Befehl eines schwarzen Gardisten unterstellt. Dieser führte sie über den Hof zu einer großen Tür, hinter der sich ein unterirdischer Korridor erstreckte. Dieser Tunnel führte zu einem Lagerhaus, dem Kubbat el-Kajjatin. Dies war ein unterirdisches Labyrinth, »in dem die Schneider

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