Weisses Gold
kommt ein anderer kräftiger, strammer Schurke und verabreicht ihm so viele gewalttätige Schläge auf die Fußsohlen wie befohlen.« In anderen Gegenden des Maghreb waren die Sklaven daran gewöhnt, zwischen 50 und 60 Schläge zu erhalten, aber in Marokko wurden sie oft mit noch mehr Schlägen traktiert. Mulai Ismail befahl einmal, zwei Sklaven jeweils 500 Schläge zu verabreichen. »[Durch die Verrenkungen infolge der Schmerzen] sprang dem einen die Hüfte heraus«, schreibt Pater Busnot, der Zeuge der Bestrafung wurde, »aber einige Zeit später wurde sie durch die Gewalteinwirkung einer zweiten Bastonade wieder eingerenkt.«
Thomas Pellow wurde brutal misshandelt. Mulai es-Sfa ließ es sich nicht nehmen, seinen Sklaven persönlich zu foltern, und er genoss seineGrausamkeit sichtlich. Er steigerte sich in eine furchtbare Raserei hinein und »brüllte wütend in der maurischen Sprache ›Schehed, schehed! Kunmora! Kunmora!‹ Werde zum Mauren! Werde zum Mauren!« Ein christlicher Sklave musste lediglich einen Finger hochhalten, um zu signalisieren, dass er bereit war, seinem Glauben abzuschwören. Der
eine
Finger galt als Zeichen dafür, dass der Sklave die heilige Dreifaltigkeit leugnete.
Mulai es-Sfa peinigte seinen jungen Sklaven Woche für Woche und schlug ihn so lange, bis seine Fußsohlen zerfetzt und von blutigen Schwären übersät waren. »Nun war mein verfluchter Herr noch wütender«, schreibt Pellow, »und meine Folter wurde jeden Tag härter.« Er erhielt tagelang nichts zu essen. Schließlich gab man ihm ein wenig Brot und Wasser. »Da ich hart gezüchtigt wurde und so sehr litt, erwartete ich jeden Tag, dass es mein letzter sein werde.« Doch nach monatelangen Misshandlungen schreckte ihn die Aussicht auf den Tod nicht mehr. »Ich wäre gewiss als Märtyrer gestorben und hätte mir damit eine glorreiche Krone im himmlischen Königreich verdient.«
Die Behandlung, die Mulai es-Sfa seinem Sklaven angedeihen ließ, war ebenso normal wie seine Bemühungen um die Bekehrung Pellows. Überall im Maghreb drängten die Sklavenhalter ihre Gefangenen dazu, dem christlichen Glauben abzuschwören und die Religion ihrer neuen Herren anzunehmen. Besondere Aufmerksamkeit widmeten sie dabei den jüngeren Sklaven. Es war dem Ansehen eines Mannes sehr zuträglich, wenn er bekehrte Sklaven besaß, vor allem, wenn diese Konvertiten Steinmetze, Schmiede oder Berufssoldaten waren.
Pellow hatte das Pech, in die Hände eines Besitzers gefallen zu sein, der fest entschlossen war, ihn zum Islam zu bekehren, selbst wenn die Bekehrung tödlich endete. »Meine Folter wurde nun über alle Maßen verschärft«, schreibt Pellow, »mir wurde mit Feuer das Fleisch von den Knochen gebrannt, was der Tyrann durch häufige Wiederholung auf die grausamste Art tat.« Nach monatelanger Peinigung konnte Thomas Pellow keine weiteren Qualen mehr ertragen. Der Geist des halb verhungerten Jungen war ebenso gebrochen wie sein zerschlagener Körper. Als sich Mulai es-Sfa ein weiteres Mal anschickte, ihn zu peinigen, brach Pellow unter Tränen zusammen. »Ich war schließlich gezwungen, mich zu unterwerfen, und flehte Gott um Verzeihung an, denn er weiß, dass ich nicht aus freiem Herzen aufgab.«
Pellow bestand stets darauf, nur unter der Folter zum Islam übergetreten zu sein und nie den Wunsch gehegt zu haben, dem christlichen Glauben abzuschwören. Doch es war ihm zweifellos klar, dass dieser Moment einen Wendepunkt in seinem Leben darstellte. Indem er den Zeigefinger hob, kehrte er seiner Familie, seinem Land und seiner Vergangenheit für immer den Rücken. Und er verlor damit die Hoffnung, von der Regierung seines Heimatlandes freigekauft zu werden, denn diese betrachtete jeden Apostaten als Verräter, der kein Mitgefühl verdiente.
Dieselbe Erfahrung hatte auch der in Algier gefangen gehaltene Sklave Joseph Pitts machen müssen. »Sie müssen wissen«, schrieb er, »dass für einen Sklaven, der sich zum Mohammedaner wandelt, kein Lösegeld mehr bezahlt wird.« Auch bestand keine Aussicht darauf, dass ihm sein Eigentümer die Freiheit schenken würde, wie viele Konvertiten irrtümlich annahmen: »Einige begehen den Irrtum zu glauben, dass ein Christ, sobald er zum Türken wird, emanzipiert oder frei ist.« Doch nur den wenigsten bekehrten Sklaven wurde die Freiheit geschenkt. »Ich habe einige kennen gelernt, die noch viele Jahre, nachdem sie sich in Türken verwandelt hatten, Sklaven waren, und ich kannte einige, die es bis zum Tag
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