Weisses Gold
ihres Todes blieben.« Kaum jemand wurde mit größerem Respekt behandelt, weil er zum Islam übergetreten war. Pitts führte seinen eigenen Fall als warnendes Beispiel an: »Ich erfuhr eine sehr grausame Behandlung und wurde anschließend wieder verkauft.«
Allerdings war es üblich, den Abfall eines Sklaven vom christlichen Glauben mit großem Prunk zu feiern. Germain Mouette beschreibt, wie die Apostaten in Marokko »zum Lärm von Pauken und Trompeten im Triumph auf einem Pferd durch die Stadt geführt wurden«. In Algier und anderswo im Maghreb waren die Zeremonien noch extravaganter. Der bekehrte Sklave wurde in prachtvolle neue Gewänder gekleidet und auf ein kunstvoll aufgezäumtes Pferd gesetzt. »Er ist feierlich angekleidet und trägt einen Turban auf dem Kopf«, schreibt Pitts.
Anschließend wurde er in Begleitung von Dienern und Wachen durch die Straßen geführt. Diese hielten »gezogene Schwerter in der Hand, womit sie [dem Bekehrten] drohten, sollte er sich eines anderen besinnen und die geringste Neigung zeigen, seinen Entschluss zu widerrufen … so werde er in Stücke gehauen.« Einige zum Islam übergetretene Sklaven berichteten von einer demütigenden Prozedur, in der sie dem Christentumabschwören mussten: Man zwang sie, »einen Pfeil auf das Bildnis Jesu Christi zu werfen, um zu bekräftigen, dass sie nicht länger den Erlöser in ihm sahen«.
Thomas Pellow hatte seinem Gott erst unter der Folter abgeschworen, weshalb er keinen Anspruch auf eine derartige Feier hatte. Das einzige sichtbare Zeichen seines Übertritts zum Islam war die erzwungene Beschneidung, ein erniedrigender und schmerzhafter Eingriff, der oft in der Öffentlichkeit vorgenommen wurde. Pater Pierre Dan war der Erste, der (acht Jahre vor der Beschneidung Pellows) über diese Operation berichtet hatte. Er erklärte seinen Lesern, dass in Algier der Chirurg »die Vorhaut des unglücklichen Renegaten vor aller Welt abschneidet«. Pierre Dan fügte hinzu, dass es die Muslime in der Berberei anders als die Juden, die »nur ein wenig von der Vorhaut abtrennen«, vorzogen, die Haut »vollkommen abzuschneiden, was extrem schmerzhaft ist«.
Der Eingriff wurde normalerweise ohne großen Sachverstand vorgenommen, was einen derart großen Blutverlust zur Folge hatte, dass der Renegat mehrere Wochen lang das Bett hüten musste. Erst nach seiner völligen Erholung übergab man ihm die muslimische Sklavin, die ihm nun als Ehefrau zustand.
Während sich Thomas Pellow von der Beschneidung erholte, schlug Mulai es-Sfa ihn weiter, in diesem Fall, um ihn für seine Weigerung zu bestrafen, die Landeskleidung zu tragen. »Ich wurde vierzig weitere Tage in Haft gehalten, weil ich mich weigerte, das maurische Gewand anzulegen.« Als die erneute Folter die alten Wunden wieder aufriss, gelangte er zu dem Schluss, dass diese »sehr dumme Halsstarrigkeit« vergeblich sei. »Anstatt eine neue Peinigung über mich ergehen zu lassen, fügte ich mich und wirkte nun wie ein Mohammedaner.« Man schor ihm den Kopf, warf seine alten Kleider weg und gab ihm einen langen Dschellaba.
Die Neuigkeit von Pellows Bekehrung erreicht schließlich auch Mulai Ismail, der sich über jeden Sklaven freute, der dem christlichen Glauben abschwor. Der Sultan befahl, den Jungen aus seinem Gefängnis zu entlassen, und schlug vor, Pellow in die Schule zu schicken, damit er »die maurische Sprache und die arabische Schrift erlernte«. Aber Mulai es-Sfa missachtete den väterlichen Befehl und fuhr fort, seinen Sklaven zu misshandeln. Er beschimpfte ihn weiter als »christlichen Hund« und verprügelte ihn regelmäßig. Daraufhin zitierte der erboste Sultan seinen Sohn zu sich. Sie hatten kaum ein Wort gewechselt, da gab der Vaterseinen schwarzen Gardisten ein Zeichen, und Mulai es-Sfa wurde »au genblicklich getötet, indem man … ihm das Genick brach«. Pellow glaubte, die Hinrichtung sei die Strafe dafür, dass Mulai es-Sfa seine Sklaven derart schlecht behandelte, aber der Grund dürfte vielmehr gewesen sein, dass der Sultan über den Ungehorsam seines Sohns verärgert war, weil er darin eine direkte Herausforderung seiner Autorität sah. Jeder, der Mulai Ismail den Gehorsam verweigerte, schwebte in Gefahr, den Kopf zu verlieren. Mulai es-Sfa war weder der erste noch der letzte seiner vielen Söhne, die der Sultan oberflächlich betrachtet aus einer Laune heraus töten ließ.
Die Sklaven des Sultans Mulai Ismail stammten aus allen Winkeln Europas. In Meknes wurden
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