Weisses Gold
Franzosen, Niederländer, Griechen, Portugiesen und Italiener gefangen gehalten. Unter seinen Sklaven waren auch einige Iren und Skandinavier, und einige kamen sogar aus Russland und Georgien. Die größte Gruppe stellten jedoch die spanischen Sklaven, deren Zahl meist bei mehreren tausend lag.
Diese Männer und Frauen litten ganz besonders. Viele von ihnen waren schon vor mehr als einem Jahrzehnt verschleppt worden, und einige jüngere Gefangene hatten mehr als die Hälfte ihres Lebens in Meknes verbracht. Am elendsten war die Lage des kleinen Häufchens von Spaniern, die die Belagerung von Mamora überlebt hatten. Die Berichte über ihre Gefangennahme im Jahr 1681, das heißt 35 Jahre vor der Verschleppung Thomas Pellows, ließen keinen der Sklaven, die im Sommer und Herbst 1716 nach Meknes kamen, je wieder los.
Die Garnison von Mamora (Mehdia) war einer von mehreren spanischen Stützpunkten an der nordafrikanischen Küste gewesen. Die Festung erhob sich auf einer strategisch bedeutsamen Halbinsel an der Atlantikküste und kontrollierte die Mündung des Sbu, der unweit von Meknes entspringt. Die nach Mamora entsandten Spanier stellten bald fest, dass sie von gut ausgerüsteten maurischen Truppen umzingelt waren, die immer neue Angriffe auf die mit unzureichenden Kräften besetzten Verteidigungsanlagen starteten. Die Garnison war von militärischem Nachschub und Proviantlieferungen aus Spanien abhängig. An einem Punkt wurden die Nahrungsmittel so knapp, dass die Soldaten Hunde, Pferde, Katzen und Ratten aßen, um nicht zu verhungern.
In der unerträglichen Hitze des Hochsommers brachte der schlammige Fluss einen furchtbaren Fluch über die spanische Garnison. Aus stehenden Tümpeln und sumpfigen Nebenarmen stiegen Schwärme von Mücken auf, die die Soldaten mit der Malaria infizierten. »Die übermäßige Hitze macht die Luft sehr ansteckend«, schrieb Simon Ockley, »weshalb dies in der Sommerzeit ein sehr ungesunder und verseuchter Ort ist.«
Laut den Berichten der Überlebenden von Mamora begann die Geschichte ihrer Gefangennahme im Frühjahr jenes schicksalhaften Jahres. Die Hitze machte sich in diesem Jahr besonders früh bemerkbar, und der April war noch nicht zu Ende, als die Männer schon deutlich geschwächt waren. Ein Angehöriger der spanischen Garnison lief aus Furcht vor dem Tod in diesem verseuchten Höllenloch zu den Marokkanern über und informierte Mulai Ismail darüber, dass »der Großteil der Garnison krank und dem Hungertod nahe war, so dass er die Festung mühelos einnehmen könne«. Der Sultan handelte rasch. Er befahl Kaid Omar, der immer noch unter seiner Niederlage gegen die Engländer vor Tanger litt, mit einem Bataillon eine Bresche in die Festungsmauer zu schlagen.
Kaid Omar hatte in den Kämpfen mit den Engländern viel gelernt. Beim Angriff auf Mamora bestand seine Taktik darin, mit einem Sturmangriff auf den äußeren Verteidigungsring den Widerstandsgeist der Verteidiger zu brechen, um anschließend die Garnison vor die Wahl zwischen Kapitulation und Tod zu stellen. Er rückte sehr entschlossen gegen die Festung vor. Zunächst überrannte er die aus zugespitzten Pfählen bestehende Palisade, die sich von der Stadtmauer bis zum Flussufer erstreckte. Bei Einbruch der Dunkelheit gelang es ihm, zwei uferseitige Türme einzunehmen.
Der marokkanische Kommandeur wusste, dass die Garnison demoralisiert war, und hoffte, den Rest der Festung einzunehmen, ohne einen einzigen Schuss abgeben zu müssen. Er schickte einen Boten los, der dem Gouverneur von Mamora, Don Juan Penalosa y Estrada, ein außergewöhnliches Versprechen überbrachte: die spanischen Soldaten würden nicht in die Sklaverei verkauft werden, sofern die Garnison bedingungslos kapituliere. »Sie würden zwar Gefangene sein, sagte er, aber sie würden bis zu dem Zeitpunkt, da sie ausgelöst würden, nicht arbeiten müssen.«
Dieser listige Schachzug zahlte sich aus. Als die durch Fieber und Hunger geschwächten Verteidiger erfuhren, dass man sie nicht wie Sklaven, sondern wie Kriegsgefangene behandeln würde, erklärten sie sich einstimmig zur Kapitulation bereit. Der spanische Gouverneur war entsetzt und forderte sie auf zu kämpfen, aber sein Appell stieß auf taube Ohren. Dasselbe galt für die flehentlichen Warnungen der in der Stadt lebenden Mönche, die den Truppen rieten, den Versprechungen Kaid Omars nicht zu trauen. Sie waren überzeugt, dass sämtliche Bewohner von Mamora in Ketten gelegt werden und »entweder in
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