Weisses Gold
sind die Veränderungen, die der Fürst jeden Tag vornimmt«. Einmal zwang Mulai Ismail seine Sklaven innerhalb von vier Monaten, die Palastmauern auf einer Länge von zwölf Meilen niederzureißen und die Trümmer »zu Pulver zu schlagen«. Als diese Arbeit abgeschlossen war, wies er die Sklaven an, die Mauern entlang genau derselben Linie wieder zu errichten. Auf die Frage, warum er immer wieder gerade erst fertig gestellte Gebäude abreißen lasse, erklärte er, seine Sklaven seien ränkesüchtiges Gesindel, das beschäftigt werden müsse. »Ich habe einen Sack voller Ratten«, sagte er, »und wenn ich den Sack nicht unentwegt schüttle, werden sie ihn durchbeißen.«
Die schwarzen Sklaventreiber behandelten die ihnen ausgelieferten Männer mit extremer Grausamkeit. »Sie bestrafen die geringste Unterbrechung oder Unaufmerksamkeit augenblicklich«, schreibt Thomas Pellow, »und geben den armen Geschöpfen oft nicht genug Zeit, um ihr Brot zu essen.« Die Sklaventreiber arbeiteten in Schichten und zeigten dem Kollegen, der sie beim Schichtwechsel ablöste, jene Sklaven, die nachlässig gearbeitet hatten. Dann begann der neue Sklaventreiber, die Unglücklichen mit dem Knüppel zu schlagen, wobei er stets darauf achtete, »jene Stellen zu treffen, an denen er ihnen den größten Schmerz zufügen konnte«. Laut Angabe von Mouette zielten die meisten Sklaventreiber auf den Kopf, »und wenn er eine Wunde geschlagen hatte, übte er sich als wohltätiger Chirurg und stillte die Blutung mit ungelöschtem Kalk«. Wurde ein Sklave durch die Misshandlungen arbeitsunfähig, so wandte der Sklaventreiber eine furchtbare Methode an, um ihn wieder aufzumuntern, und »verdoppelte die Schläge, so dass der Sklave unter den neuen Schmerzen die alten vergaß«.
Die Sklaventreiber machten sich einen Spaß daraus, die Gefangenen mitten in der Nacht zu wecken. »Es geschieht häufig«, schreibt Pellow, »dass sie in der Nacht mit dem spanischen Zuruf ›Vamos a trabajo cornudos‹, das heißt ›An die Arbeit, Hahnreie‹ zu einer scheußlichen Arbeit getrieben werden.« Die erschöpften Männer wurden aus den Betten geprügelt und gezwungen, noch einige zusätzliche Stunden harter Arbeit zu verrichten.
Der für die französischen Sklaven zuständige Wärter war bekannt dafür, dass er die Männer besonders gern bestrafte, indem er ihre ohnehin kümmerlichen Rationen weiter kürzte oder sie zur Reinigung der Abwasserkanäleder Stadt abkommandierte. »Er ließ uns alle Abtritte leeren«, schreibt Mouette, »und wir mussten die Kothaufen in der Stadt beseitigen und den ganzen Unrat in Weidenkörben forttragen, wo er durchsickerte und auf uns fiel.« Nachdem sie diese Behandlung mehrere Tage erduldet hatten, befanden sich die französischen Sklaven in einem entsetzlichen Zustand. »Unsere Schenkel waren von den Ketten zerschnitten, und bei einigen, darunter auch bei mir, war das Fleisch eine Fingerbreite tief geöffnet.«
Mulai Ismail besuchte die Baustelle täglich. Simon Ockley berichtete, er sei stets von drei Palastdienern begleitet worden: »…einer trägt seine Tabakpfeife (der Pfeifenkopf ist so groß wie der eines Kindes) … ein anderer seinen Tabak, und ein dritter einen ehernen Topf, der mit heißem Wasser gefüllt ist«. Die Sklaven begannen vor Furcht zu zittern, wenn der Sultan mit seinem Gefolge auftauchte, denn sollte Mulai Ismail auf die Idee kommen, einen von ihnen der Faulheit zu bezichtigen, so war diesem eine schwere Tracht Prügel gewiss. »Seine Jungen hatten kurze Holzstöcke bei sich«, berichtet Pellow, »dazu geflochtene Schnüre zum Peitschen, Ersatzgewänder, um sich umkleiden zu können, sollten sie sich mit Blut besudeln, sowie ein Beil.«
Der Sultan inspizierte die Arbeiten gründlich. Er brüllte Befehle, gab Ratschläge und schlug Änderungen vor. Kamen die Arbeiten nicht zu seiner Zufriedenheit voran, so stieg er schon einmal persönlich auf eine Mauer und begann, den Mörtel zu mischen. Er duldete kein handwerkliches Unvermögen und zögerte nicht, Sklaven zu bestrafen, die minderwertige Arbeit leisteten. Einmal stellte er bei der Prüfung einer Ladung Ziegel fest, dass einige der Steine sehr dünn waren. Er ließ den Steinmetzmeister holen und wies ihn wegen der schlechten Qualität der Ziegel zurecht. Er befahl einem seiner schwarzen Leibwächter, 50 Ziegel am Schädel des Mannes zu zerschlagen. Anschließend ließ er den blutüberströmten Sklaven ins Gefängnis werfen.
Bei einer anderen
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