Weisses Gold
Englische übertragen worden war. Noch beunruhigender war, dass der Übersetzer Alexander Ross beabsichtigte, sein Werk zu veröffentlichen.
Die Minister der Krone waren entsetzt über die Aussicht, ein solches Buch könne bald für die Allgemeinheit zugänglich sein, und sie befürchteten, es könne zu einer Welle von Übertritten führen. Sofort wiesen sie den Sergeant at Arms an, »nach der Presse zu suchen, in der dieser türkische Koran gedruckt wird, und diese sowie die Papiere zu beschlagnahmen«. Der Beamte erhielt auch den Befehl, »den Drucker dingfest zu machen und ihn vor den Staatsrat zu bringen«.
Der Drucker wurde rasch verhaftet, und sämtliche Exemplare der Übersetzung wurden in Gewahrsam genommen und weggesperrt. Jede künftige Veröffentlichung wurde verboten, und Ross wurde vor den Staatsrat zitiert, um »zum Druck des Koran Rede und Antwort zu stehen«.
Die Aufzeichnungen über diesen Zusammenstoß mit der Zensur sind leider nicht erhalten geblieben. Aber Ross schrieb später einen Essay über die Gründe für seine Übersetzung. Ähnliche Argumente dürfte er gegenüber den Mitgliedern des Staatsrats vorgebracht haben. Er erklärte, seine »neue englische« Ausgabe, die den Titel
The Alcoran of Mahomet
trug, diene dazu, »all jene zufrieden zu stellen, die Einblick in die türkischen Einbildungen gewinnen möchten«. Er räumte ein, dass die Veröffentlichung wahrscheinlich eine heftige Kontroverse auslösen werde, bezeichnete seine Koranübersetzung jedoch als unverzichtbare Lektüre für all jene, die die Beweggründe der fanatischen Sklavenhändler in der Berberei verstehen wollten. »Indem man die ganze Gestalt seiner Feinde erkennt«, schrieb er, »kann man sich besser darauf vorbereiten, ihnen zu begegnen und sie hoffentlich zu überwinden.« Dabei dachte er vor allem an die von den Korsaren von Salé verübten Schandtaten: »Es hat immer wieder Kriege zwischen uns gegeben, und es wird sie auch weiterhin geben. Jeder Christ, der seinem Gewissen gehorcht, hat die Pflicht, die Ursache zu untersuchen und die Gründe für diesen Krieg zu erforschen.«
Die Ratsmitglieder warfen Ross vor, die Apostasie zu fördern, worauf er erwiderte, der Koran sei »bereits in fast alle Sprachen der Christenheit übersetzt«, was nicht zu Übertritten zum Islam geführt habe. Allerdings räumte er ein, dass das Buch gefährlich sein könne, wenn es in die falschenHände gerate, und riet dazu, die Verbreitung streng zu überwachen: »Es steht nicht jedem Mann an, Heilmittel zu mischen, [denn] es ist möglich, dass er statt eines Gegengifts ein Gift braut.«
Der Staatsrat gelangte zu dem einhelligen Schluss, dass die von Ross angefertigte Übersetzung keine willkommene Ergänzung der wachsenden Zahl von Büchern über die islamische Welt sei. Doch die Kraft seiner Argumente beeindruckte die Minister durchaus. Ross hatte überzeugende Gründe für die Veröffentlichung des Buchs vorgelegt und die Ratsmitglieder wohl auch darauf hingewiesen, dass ihr Versuch, den Druck seiner Koranübersetzung zu verhindern, gegen das Gesetz verstoßen könnte. Es war erst vier Monate her, dass in zwei Ratsversammlungen in Whitehall für die Tolerierung aller Religionen in England gestimmt worden war, wobei »weder Türken noch Papisten oder Juden« ausgenommen werden sollten.
Als der Staatsrat die Argumente abwog, gestand er Ross zu, dass das Gesetz auf seiner Seite war. Ohne eine Erklärung oder Entschuldigung widerrief der Rat die Verbotsentscheidung und teilte Ross mit, dass sein
Alcoran
nun doch in England veröffentlicht werden könne. Am 7. Mai 1649 wurden die Druckerpressen erneut in Gang gebracht. Kurze Zeit später erschien die erste Ausgabe des Koran in englischer Sprache.
Ross hatte richtig vermutet, dass seine Übersetzung des Koran keine Welle von Übertritten zum Islam auslösen würde. Stattdessen lieferte sie das Material für zahllose giftige Predigten und Streitschriften gegen die islamische Welt. Sein
Alcoran
wurde geplündert und verfälscht, und ganze Abschnitte des Buchs wurden als Beweis für die Falschheit des Islam und die Gefahren der Apostasie ins Feld geführt. Einer der erfolgreichsten antiislamischen Eiferer war Humphrey Prideaux, ein Gottesmann aus Cornwall, dessen Heimatort Padstow seit langem unter dem Terror der Korsaren von Salé litt. In seinem Buch
The True Nature of Imposture, Fully Displayed in the Life of Mahomet
nahm Prideaux kein Blatt vor den Mund. Er nutzte die Furcht des Volkes
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