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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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einer Familie stammte, die am Hof einigen Einfluss besaß. Doch die wenigen Stellen, an denen er sie erwähnt, zeigen, dass ihre Beziehung offenbar innig war und dass es vielleicht sogar Liebe zwischen ihnen gab. Mit Sicherheit war er froh, wieder mit seiner Frau vereint zu sein, die er zuletzt zu Beginn ihrer Schwangerschaft gesehen hatte. »Ich war sehr glücklich über das Wiedersehen mit meinem Mädchen, so sehr, dass ich, obwohl ich vor unserem Abmarsch erfahren hatte, dass sie ein Kind austrug, zu fragen vergaß, ob es ein Junge oder ein Mädchen sei.« Verärgert darüber, dass er sich anscheinend so wenig für sein Kind interessierte, spielte seine Frau ihm einen Streich. Sie sagte ihm, sie habe vor etwa sechs Wochen ein Mädchen zur Welt gebracht, das Neugeborene jedoch aus Verzweiflung darüber, dass er möglicherweise nie heimkehren würde, weggegeben.
    Pellow war entsetzt und »sehr erzürnt«, doch dann begann seine Frau zu kichern. Sie hatte nur gescherzt und sagte ihm, dass er in Zukunft hoffentlich aufmerksamer sein werde. »Die durchtriebene Zigeunerin befahl, das Kind herbeizubringen«, und nun konnte Pellow seinen Nachwuchs erstmals auf den Arm nehmen. Er war verzückt beim Anblick seiner Tochter – deren Namen er nicht nennt – »und nicht wenig amüsiert über den Scherz, und [er] lachte und herzte das Kind innig«. In den folgendenJahren durchlebte er eine glückliche Zeit mit seinem Töchterchen. Jedes Mal, wenn Pellow an einem Feldzug teilnehmen musste, träumte er von dem Tag, an dem er wieder mit seiner Tochter vereint sein würde. »Wenn ich verwundet heimkehrte, schlang sie ihre Ärmchen um meinen Hals, liebkoste mich, bedauerte ihren armen Vater und sagte mir, ich solle nie wieder in den Krieg ziehen.« Einmal fragte sie ihn nach seiner Familie in Penryn und kündigte an, »dass sie und ihre Mutter mit [ihm] nach England gehen und dort mit ihrer Großmutter leben würden«.
    Binnen kürzester Zeit hatten sich Pellow und seine Männer von dem entbehrungsreichen Feldzug im Hohen Atlas erholt. »Nun haben wir wieder die Freiheit, uns zu vergnügen«, schreibt Pellow, »und wir verbringen den Großteil unserer Zeit mit Schießübungen und auf der Jagd in den Wäldern.« Sie nahmen den Zeitvertreib der Wildschweinjagd wieder auf und verbrachten ihre Abende damit, zu trinken und die Jagdbeute des Tages zu verspeisen. Doch wenige Monate nach ihrer Rückkehr nach Kasbah Temsna erhielten sie erneut Marschbefehl, um einen weiteren Aufstand niederzuschlagen: Ein Stamm in der trockenen Wildnis des Südens hatte sich gegen Mulai Ismail erhoben und »sechzehn der Schwarzen des Fürsten getötet, die dorthin geschickt worden waren, um den Tribut einzutreiben und nach Meknes zu bringen«. In dem Wissen, dass dies einer Kriegserklärung gleichkam, hatten die Aufständischen begonnen, Verteidigungsanlagen zu bauen und ihren Ort »mit starken Mauern zu befestigen und große Mengen an Waffen, Kriegsgerät und Proviant hineinzubringen«.
    Mulai Ismail befahl einem seiner Söhne, Mulai ech-Scherif, eine Streitmacht von 40 000 Mann gegen die Aufständischen zu führen. Dieser Feldzug sollte ganz anders verlaufen als der, an dem Pellow und seine Männer im Atlas-Gebirge teilgenommen hatten. Diesmal zogen sie durch ein kahles Land, in dem tagsüber eine kaum erträgliche Hitze herrschte. Sie versuchten, in der Wüste rund um die aufständische Ortschaft Guslan Verteidigungsstellungen zu errichten, mussten jedoch feststellen, dass das praktisch unmöglich war, da ihnen »der Sand unter den Füßen davon rutschte«. Noch schlimmer war, dass ihre Kanonen kaum Schäden an den aus Sand aufgeschütteten Verteidigungswällen anrichteten.
    Sie waren der Verzweiflung nahe und begannen, direkt in den Ort zu schießen, um dort möglichst große Schäden und ein Blutbad anzurichten.Nach mehrwöchigem heftigem Beschuss konnten die Rebellen nicht mehr standhalten und sahen sich zu Ausfällen gezwungen, um die Kanonen des Sultans zu zerstören oder in ihre Gewalt zu bringen.
    Ihr zweiter Ausfall hätte für Pellow beinahe tödlich geendet. Er hatte sich zu weit von seinem Bataillon entfernt und gab ein leichtes Ziel ab. Obwohl er wie die Aufständischen einen Dschellaba trug, verriet ihn seine helle Haut als europäischen Renegaten. Innerhalb weniger Sekunden hatten ihn mehrere feindliche Kämpfer aufs Korn genommen.
    Pellow hörte das Krachen einer Muskete. Im selben Augenblick spürte er den brennenden Schmerz im Bein und

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