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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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schon als Kind eine »natür liche Neigung zum Studium der orientalischen Sprachen« gezeigt hatte. Als Geistlicher in Swavesey in der Grafschaft Cambridgeshire verbrachte Ockley einen Großteil seiner Zeit mit dem Studium arabischer Handschriften in den Universitätsbibliotheken von Cambridge und Oxford. »Er berät einige unserer Gelehrten für Arabisch«, schrieb Thomas Hearne aus Oxford, »denn er gilt als größter Kenner dieser Sprache in England.«
    Ockley war fasziniert von der islamischen Kultur und entsetzt über die allgemeine Unkenntnis und die Vorurteile, die in England zum Islam herrschten. Das Buch von Prideaux bezeichnete er als »sehr unvollkommen«, was ein mildes Urteil war, und er hielt ein tieferes Verständnis des Islam für »notwendiger als die Kenntnis der Geschichte jedes anderen Volkes«.
    Ockley tat, was in seiner Macht stand, um die Wissenslücken zu füllen. Er übersetzte zahlreiche Werke arabischer Theologen und Philosophen und wandte sich anschließend seinem monumentalen Werk
Geschichte der Sarazenen
zu, das er im Jahr 1718 fertig stellte. Das Vorwort enthielt einen Seitenhieb auf all jene, die sich damit zufrieden gaben, »die östlichen Nationen gering zu schätzen und auf sie als rohe Barbaren herabzublicken«. Nachdem er jene gescholten hatte, deren Denken von Vorurteilen beherrscht wurde, erklärte er mit berückender Einfachheit seine Liebe zum Arabischen. Sein Buch enthielt die
Sätze Alis
, eine Sammlung von Maximen des Schwiegersohns des Propheten, die in Ockleys Augen gleichermaßen aufschlussreich und weise waren. »Die Sätze sind reichhaltig und zweckdienlich«, schrieb er. »Sie verströmen den Geist der Hingabe und drücken strenge Zucht sowie große Würde aus.« Nachdem er begründet hatte, warum eine solche Theologie in seinen Augen lesenswert war, wandte er sich gegen all jene, die den Islam verteufelten. »Selbst in dieser kleinen Handvoll steckt genug, um … die armen verletzten Araber gegen die Anklage jener umfassenden Ignoranz zu verteidigen, die von den modernen Novizen über sie ausgeschüttet wird.«
    Ockley erhielt kaum einen Lohn für seine harte Arbeit und war stets in Geldnot. Er litt vor allem in gehobener Gesellschaft unter extremer Schüchternheit und verspielte die einzige Chance, seine Lage zu verbessern, als er zu einem Abendessen beim Earl of Oxford eingeladen war. Als er neben einigen der edelsten Lords im Königreich saß, verlor Ockley die Nerven und schaffte es, fast alle Anwesenden einschließlich seines Gastgebers zu beleidigen. Später entschuldigte er sich schriftlich beim Grafen und bedauerte, dass ihn die Versammlung überfordert und vollkommen gelähmt habe. »Nicht jeder wohlmeinende Mann hat das Talent, im Gespräch mit Höhergestellten angemessene Schicklichkeit zu zeigen«, erklärte er. Aber seine Entschuldigung stieß auf taube Ohren. Der Earl lehnte es ab, weiter mit Ockley zu verkehren, und der wichtigste Fürsprecher des Islam versank im Elend. Als er im Jahr 1720 starb, ließ er seine Frau und seine Kinder in tiefster Armut zurück.

    Nach der Hinrichtung der Rebellenführer aus dem Hohen Atlas blieb Thomas Pellow noch einige Wochen in Meknes. Seine Audienz bei Mulai Ismail hatte ihn vollkommen verstört, denn der Sultan hatte ihn mit demTod bedroht, sollten nicht rasch weitere Beutestücke aus dem jüngsten Feldzug zum Vorschein kommen. Pellow hatte den Palast in Todesangst verlassen. Doch die Drohungen des Sultans waren oft bloßes Getöse, und so war es auch in diesem Fall. Nachdem Mulai Ismails Zorn durch die Hinrichtung der Aufständischen beschwichtigt war, wandte er sich mit Entzücken den neuen schwarzen Sklaven und dem reich verzierten Zaumzeug zu. Nach einigen Tagen der Anspannung erhielt Pellow den Befehl, mit seinen Leuten nach Kasbah Temsna zurückzukehren.
    »Als wir uns den Festungsmauern näherten, kamen uns alle Frauen und viele Männer entgegen, um uns zu begrüßen«, schreibt Pellow. Diese Begegnung war »von ebenso großer Freude wie Trauer« geprägt. 60 Frauen mussten feststellen, dass sie nun Witwen waren, während die übrigen dankbar waren, dass ihre Ehemänner unversehrt heimgekehrt waren. In Pellows Bericht findet sich kaum ein Wort über die Beziehung zu seiner Frau. Er nennt weder ihren Namen noch ihr Alter und verrät wenig darüber, wie viele Monate er gemeinsam mit ihr in der Festung Temsna verbrachte. Vielleicht war es ihm peinlich, mit einer Muslimin verheiratet zu sein, obwohl sie aus

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