Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
wieder hinein durfte und frische Unterwäsche und eine andere Bluejeans angezogen hatte, ging er allein in der Dunkelheit nach draußen, ohne Abendessen, und setzte sich auf den Baumstumpf, auf dem die Hühner geschlachtet wurden. Er riß ein Streichholz nach dem anderen an der Schachtel an und warf damit nach den Hühnern. Vor dem Einschlafen saß er noch lange Zeit auf der Kante des Betts, das direkt neben dem von Lyle stand, in einen Mondlichtkegel getaucht, die Hände auf den Oberschenkeln zu Fäusten geballt. An der Rückseite seiner Arme traten die Muskeln in Knoten hervor. Mattie hatte ihm einen Bürstenhaarschnitt verpaßt, und sein Kopf wirkte so hartgesotten und kahlgeschoren wie ein Baseball.
    »Morgen ist Samstag. Da hören wir uns im Radio das Spiel LSU gegen Rice an«, sagte Lyle.
    »Paar farbige Kinder haben mich von der Straße aus gesehen. Sie haben gelacht.«
    »Das ist mir völlig egal, was die getan haben. Du bist tapfer, Weldon. Tapferer als wir alle.«
    »Der werd’ ich’s zeigen.«
    Seine Stimme machte Lyle angst. Die Äste der Pecanbäume waren völlig kahl und zeichneten sich wie Gichtfinger vor dem Mond ab.
    »So darfst du gar nicht denken«, sagte Lyle. »Sonst kommt’s nur noch schlimmer. Sie läßt’s dann an Drew aus. Sie hat stundenlang im Klo knien müssen, weil sie nicht abgezogen hat.«
    »Schlaf jetzt, Lyle«, sagte Weldon. Seine Augen waren feucht. »Sie quält uns, weil wir es zulassen. Wir haben’s verdient. Wenn du dich nicht wehrst, geht’s dir schlecht. Genau wie Mama.«
    Lyle hörte ihn in der Dunkelheit schniefen. Dann legte sich auch Weldon hin, das Gesicht zur anderen Wand gedreht. Im Mondlicht sah sein Kopf aus wie aus grauem Holz geschnitzt.
    Drei Tage später sah die Schulleiterin im Speisesaal auf Drews Bein das Brandmal einer Zigarette und meldete es dem städtischen Jugendamt. Ein schwindsüchtig dürrer Mann in einem schuppengesprenkelten blauen Anzug kam zum Haus herausgefahren und stellte Mattie auf der Veranda einige Fragen. Im Anschluß daran befragte er in Matties Anwesenheit die Kinder. Drew erzählte ihm, daß sie sich mit glühender Schlacke verbrannt hatte, die herumgesprüht war, als sie im Hinterhof Abfall verbrannt hatten.
    Er hob ihr Kinn mit einem Fingerknöchel. Sein schwarzes Haar war steif vor Pomade.
    »So ist es also passiert?« fragte er.
    »Ja, Sir.« Das Brandmal war verschorft und ähnelte jetzt auf der Haut mehr einer Flechte.
    Er lächelte und nahm die Hand weg von ihrem Kinn. »Dann solltest du nicht so nah am Feuer spielen«, sagte er.
    »Ich würde doch noch gern wissen, wer Sie hier rausgeschickt hat«, sagte Mattie.
    »Das ist vertraulich.« Er hustete auf den Handrücken. »Und ehrlich gesagt, weiß ich es gar nicht. Mein Vorgesetzter hat es mir nicht gesagt.« Er hustete erneut, diesmal laut und heftig, und Lyle roch das Nikotin, das tief in seinen Lungen saß. »Aber hier scheint mir doch alles in Ordnung zu sein.«
    Weldons Augen waren harte, schwarze Murmeln, aber er sagte kein Wort.
    Mattie begleitete den Mann zu seinem Wagen, und Lyle hatte das Gefühl, als würden um sie herum alle Türen zugeschlagen. Sie stellte einen Fuß auf das Trittbrett des Wagens und legte einen Arm auf das Wagendach, während sie mit ihm redete, so daß ihre Brüste gut zur Geltung kamen, und unter dem Saum ihres Kleides hatte sie die Knie breit gemacht.
    »Los, sagen wir’s ihm«, sagte Lyle.
    »Bist du verrückt? Schau ihn dir doch an. Der frißt ihr doch aus der Hand«, sagte Weldon.
    Unmittelbar nach der ersten Pause am nächsten Morgen erfuhren sie von dem Unglück, das sich in Port Arthur ereignet hatte. Im Hafen hatte ein Schiff gebrannt, das Dünger geladen hatte, und während zahlreiche Menschen auf den Docks dabei zugesehen hatten, wie Feuerwehrboote Wasserfontänen auf die verschiedenen Decks des Schiffs gepumpt hatten, hatte das Feuer den Laderaum erreicht. Die Explosion erfüllte den Himmel mit wahren Rauchraketen, und ein feuriger Regen ging schirmförmig auf das Chemiewerk hernieder. Die Explosion, die daraufhin erfolgte, war so gewaltig, daß noch zwanzig Meilen weit weg in Beaumont zahlreiche Fenster zersprangen.
    An diesem Abend betrank sich Mattie schwer und schlief schließlich im Wohnzimmer in einem Sessel neben dem Radio ein. Als die Kinder am nächsten Nachmittag von der Schule heimkamen, wartete Mattie bereits auf der Veranda. Sie sagte ihnen, daß ein Mann vom Chemiewerk angerufen hätte, um ihnen mitzuteilen, daß Verise

Weitere Kostenlose Bücher