Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
unter den Vermißten wäre. Ihre Augen waren knallrosa, entweder vom Kater oder vom Weinen, und ihr Gesicht aufgequollen und rund wie ein weißer Ballon.
    »Es kann gut sein, daß euer Vater tot ist. Kriegt ihr das in euren Kopf? Der da angerufen hat, der war ein wichtiger Mann in der Firma. So einer würde nicht anrufen, wenn er sich nicht wirklich Sorgen machte. Versteht ihr Kinder überhaupt, was ich euch sage?«
    Weldon scharrte mit dem Tennisschuh im Dreck, und Lyle blickte auf einen imaginären Punkt eine Handbreit vor seinen Augen.
    »Er hat sich wie ein Nigger für euch abgeschuftet, vielleicht hat er wegen euch sein Leben verloren. Habt ihr nichts zu sagen?«
    »Vielleicht sollten wir mal anfangen, unsere Zimmer aufzuräumen. Du wolltest doch, daß wir unsere Zimmer aufräumen«, sagte Lyle.
    »Ihr bleibt draußen. Wagt es ja nicht, einen Fuß in dieses Haus zu setzen«, sagte sie.
    »Ich muß mal aufs Klo«, sagte Weldon.
    »Dann mach’s hier draußen, genau wie ein Nigger«, sagte sie und ging ins Haus. Sie verriegelte die Fliegentür hinter sich.
    Am nächsten Nachmittag gab es immer noch keine Spur von Verise. Mattie stritt sich am Telefon mit irgend jemandem, vielleicht dem Mann mit der weiten Hose und den Two-Tone-Schuhen; sie sagte ihm, er schulde ihr Geld und es käme gar nicht in die Tüte, daß sie wieder in Broussard’s Bar zu arbeiten anfinge, ehe er es ihr nicht gegeben hätte. Nachdem sie eingehängt hatte, stand sie schweratmend an der Küchenspüle, rauchte eine Zigarette und starrte hinaus in den Hof. Sie schnippte den Kronenkorken von einer Flasche Jax und trank sie mit einem großen Schluck halb leer. Dabei sah sie Lyle mit einem Auge scharf an.
    »Komm her«, sagte sie.
    »Was?«
    »Du hast Dreck in die Küche gebracht. Und die Toilette hast du auch nicht abgezogen, nachdem du drauf warst.«
    »Hab’ ich doch.«
    »Was hast du doch gemacht?«
    »Die Toilette gespült.«
    »Dann hat einer von den anderen es nicht getan. Kommt sofort alle her, auf der Stelle!«
    »Was ist los, Mattie? Wir haben gar nichts getan«, sagte Lyle.
    »Hab’s mir anders überlegt. Macht, daß ihr rauskommt. Alle. Alle. Weldon, du auch, und zwar fix. Wo ist Drew?«
    »Sie spielt im Garten. Was ist denn los, Mattie?« sagte Lyle.
    Draußen blies der Wind durch die Bäume im Hof und drückte die Glyzinien ganz flach, die in dichten, violetten Büscheln an der Scheunenwand hochwuchsen.
    »Jetzt geht jeder von euch zur Hecke und schneidet sich die Rute ab, mit der ich ihn verhauen soll«, sagte sie.
    Es war ihre Lieblingsbestrafung. Wenn sie eine dicke Rute abbrachen, verabreichte sie ihnen weniger Schläge. Wenn sie eine dünne oder kleine Rute wählten, setzte es Hiebe, bis Mattie das Gefühl hatte, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Größe und Zahl erreicht zu haben.
    Sie verharrten reglos. Drew hatte mit ihrer Katze gespielt. Sie hatte dem Tier einen Faden um den Hals gebunden, den sie wie eine Leine in der Hand hielt. Ihre Knie und weißen Socken waren staubig vom Spielen.
    »Ich hab’ dir doch gesagt, du sollst das der Katze nicht noch mal um den Hals binden«, sagte Mattie.
    »Das ist doch völlig harmlos. Und ohnehin ist es nicht deine Katze«, sagte Weldon.
    »Jetzt werd’ nicht frech«, sagte sie. »Das laß ich mir von keinem von euch bieten.«
    »Ich schneid’ hier keine Rute ab«, sagte Weldon. »Du bist doch verrückt. Das hat meine Mama auch gesagt. Du gehörst in die Klapsmühle.«
    Sie sah Weldon scharf in die Augen, und in ihrem bleichen Gesicht spiegelte sich einen Augenblick lang Erkenntnis, geradeso, als hätte sie gesehen, daß da in Weldon eine Bösartigkeit und destruktive Energie heranwuchs, die der ihren in nichts nachstand. Dann befeuchtete sie sich die Lippen, preßte sie fest zusammen und rieb sich die Hände an den Oberschenkeln.
    »Das werden wir doch mal sehen, wer hier was macht«, sagte sie. Sie brach einen dicken Zweig aus der Myrtenhecke und ratschte mit einem Ruck alle Blüten und Blätter bis auf einen kleinen grünen Trieb an der Spitze weg.
    Drew blickte hoch in Matties Schatten, der über ihr dräute, und ließ den Faden aus der Hand fallen.
    Mattie packte sie am Handgelenk und schlug ihr ein halbes dutzendmal auf die nackten Beine. Drew wand sich hilflos in Matties Faust und machte bei jedem Schlag einen Satz. Die Rute hinterließ dicke rote Striemen auf ihrer Haut.
    Dann stürzte sich auf einmal Weldon von hinten mit dem ganzen Körpergewicht auf Mattie, rammte

Weitere Kostenlose Bücher