Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Scheinwerfern die Straße hoch und bog an der Ecke in Richtung Lakeshore Drive ab.
»Keine Sorge, er wird uns nicht bemerken«, sagte Clete. »Der denkt doch eh nur dran, wie er sich’s gleich besorgen läßt. Vielleicht sollte ich mir diese Braut selbst mal näher anschauen. Nig sagt, sie sieht aus wie ein Filmstar. Als ich noch bei der Sitte war ...«
»Er fährt nicht nach Algiers. Das ist die falsche Richtung.«
»Wahrscheinlich holt er sich noch ’n paar Pariser.«
»Clete ...«
»Ich hab’ dich nicht nur zum Spaß hier rausgeschleift. Ganz ruhig.«
Wir beobachteten den Chrysler. Er fuhr zügig über den regennassen Boulevard am Ufer des Sees, wurde dann langsamer und bog durch das Eisentor zum Yachtclub. Die Rücklichter verschwanden in einer palmengesäumten Auffahrt, die zu einem riesigen weißen Gebäude mit einer Glaskuppel neben einem Golfplatz führte. Clete fuhr rechts ran und starrte finster durch die Windschutzscheibe. Draußen auf dem See waren dunkelgrüne Wellen mit vereinzelten Gischtkronen. Er atmete laut durch die Nase.
»Ist schon okay«, sagte ich.
»Von wegen. Den Drecksack mach’ ich fertig.«
»Wir brauchen ihn nicht, wenn wir mit dem Mädchen reden wollen.«
»Ich weiß nicht, wo sie ist. Er trifft sie immer in verschiedenen Bars, und dann gehen sie in ein Motel.«
»Ein bißchen Zeit geben wir ihm noch. Vielleicht fährt er ja später noch nach Algiers.«
»Yeah, vielleicht«, sagte er. Sein Blick streifte über die weitläufigen Fairways und die Eichen, den Parkplatz vor dem Hauptgebäude, die Segelboote, die sich mit der Brandung in ihren Anlegestellen hoben und senkten. »Hier gibt’s zwei oder drei Ausfahrten. Wir sollten besser drinnen parken. Ich werd’ mich wohl mal mit Nig über die Zuverlässigkeit seiner Informationen unterhalten müssen. Das ist das Problem, wenn du Privatdetektiv bist – du hast nicht mehr Einfluß als das ganze Gesocks. Ich hab’ immer das Gefühl, als müßte ich die Krümel bei Tisch aufpicken.«
Wir fuhren durch das Tor und stellten den Wagen am hinteren Ende des Parkplatzes ab, von wo aus wir zwei Reihen weiter den Chrysler stehen sahen. Er war unter einer Dampflaterne geparkt. Clete faßte in seine Styropor-Kühlbox auf dem Rücksitz und brachte zwei Poor-boy-Sandwiches mit fritierten Austern, eine Büchse Jax-Beer für sich und eine Dr.-Pepper-Limonade für mich zum Vorschein. Während er aß, wischte er sich fortwährend Krümel vom Hemd. Wenn er ein Bier ausgetrunken hatte, zerdrückte er die Dose in der riesigen Hand, schmiß sie hinaus auf den Parkplatz und knackte die nächste. Er kniff ein Auge zusammen und sah mich an.
»Dave, führst du noch was anderes im Schilde?« sagte er.
»Eigentlich nicht.«
»Du hast doch nicht etwa vor, Joey Meatballs noch mal auf die Pelle zu rücken, ohne deinen alten Partner zur Party einzuladen?«
»Gouza kriegt kein Muffensausen. Wir müssen uns irgend jemanden aus seiner näheren Umgebung greifen.«
»Das haben andere auch schon versucht. Im Normalfall haben die alle viel mehr Schiß vor Joey als vor uns. Man erzählt, er hätte in Angola einem Spitzel die Zähne mit einem kleinen Hammer ausgeschlagen. Eine Geschichte, die im übrigen auch sämtliche Luschen, Drogenköpfe und Sexstrolche in New Orleans kennen.«
»Was meinst du, wie tief steckt er im Crack-Geschäft drin?«
»Gar nicht. Da hängen viel zu viele Zwischenhändler drin, bis es endlich in die Projects kommt. Gouza ist am anderen Ende der Kette. Große Lieferung, reiner Stoff, aus Florida oder Südamerika. Mir ist zu Ohren gekommen, daß seine Leute im Bezirk Orleans so an die vier oder fünf Leute beliefern. Sie machen ihren Profit mit der Masse, dann klinken sie sich zu einem Zeitpunkt aus, wo das Risiko noch minimal ist. Und selbst die Itaker und Schmalzköpfe trauen sich nicht in die Projects. Als ich für Nig einen Kautionsflüchtling jagte, mußte ich mal in die St.-Thomas-Siedlung. Zwei Kids oben auf dem Dach haben eine Mülltonne mit Wasser gefüllt und auf mich runterfallen lassen, mit dem Boden nach unten. Das Ding hat mich um zwei Handbreit verfehlt und das Dreirad eines kleinen Kindes platt gedrückt wie eine Münze ... Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Ich glaube, du hast noch was ganz anderes vor, das du dem alten Cletus verschweigst.«
»Dieser Fall besteht bis jetzt nur aus Sackgassen, Clete. Wenn ich mehr weiß, sag ich’s dir. Mein Hauptproblem ist die gesamte Sonnier-Familie. Am liebsten würde
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