Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
ich sie alle als wichtige Zeugen einsperren lassen.«
»Vielleicht ist das gar keine schlechte Idee. Manchmal rückt das schon so manche Dinge klar, wenn man sich die Dusche mit Kinderschändern und Junkies teilen muß.«
»Lang käme ich damit nicht durch. Es ist nicht so, daß sie wirklich bei einer Straftat dabei waren.«
»Dann laß sie im eigenen Saft schmoren.«
»Mir bleibt immer noch ein toter Cop.«
Wir saßen lange im Regen so da. Der bläuliche Lichtstreifen am Horizont verschwand nach und nach hinter den Gewitterwolken, und der See wurde erst ganz dunkel, dann spiegelte sich die Festbeleuchtung des Yachtclubs wie ein gelblicher Zuckerguß auf dem Wasser. Der Wind schmeckte nach Salz. Ich zog den Regenhut über die Augen und schlief ein.
Vor meinen Augen sehe ich Bootsie. Sie ist neunzehn, und ihr Haar leuchtet wie Kupfer auf dem Kissen. Ihr nackter Körper ist so weich und rosig wie eine gerade aufgegangene Blume. Ich lege den Kopf zwischen ihre jungen Brüste.
Als ich erwachte, hatte der Regen aufgehört. Mondlicht drang durch einen Riß in der dichten Wolkenwand über dem See, und Clete war nicht im Wagen. Aus dem Ballsaal hörte ich Orchestermusik. Dann sah ich ihn, vielmehr seine Silhouete, der breite Rücken wie gerahmt von der geöffneten Fahrertür von Bobby Earls Chrysler. Die Ellbogen waren angewinkelt, und beide Arme zeigten zu seinen Lenden. Er drehte den Kopf, als stünde er in einer öffentlichen Toilette und könne kein Wässerlein trüben. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich sehen, wie es auf Armaturenbrett, Steuerrad und Ledersitze spritzte. Clete schüttelte ab, streckte die Knie und machte den Hosenladen zu. Er nahm sein Zippo-Feuerzeug mit beiden Händen, zündete sich eine Zigarette an und paffte sie im Mundwinkel, als er wieder zum Wagen zurückmarschiert kam und dabei sichtlich angetan den Himmel über uns musterte, der sich aufklarte.
»Ich glaub’s nicht.«
»Einen Typen wie Bobby, den darfst du nicht vergessen lassen, daß es dich noch gibt«, sagte er und schlug die Tür hinter sich zu. »Na, wen haben wir denn da, ist unser Mann also doch noch fündig geworden. Ich glaube, er ist einer von denen, die sich fest vorgenommen haben, mit der Heirat die soziale Leiter hochzufallen, nur um nachher beim Vögeln so weit runterzuklettern wie möglich.«
Bobby Earl ging über den Parkplatz. Er trug einen weißen Anzug, ein kohlschwarzes Hemd und eine schwarzweiß gestreifte Krawatte. Eine rothaarige Frau in einem straßgeschmückten Abendkleid war bei ihm eingehakt und versuchte mit ihren hochhackigen Schuhen den Regenpfützen aus dem Weg zu gehen. Beide hielten etwas wacklig Champagnergläser in den Händen. Bobby Earl erzählte der Frau etwas, was bei ihr einen unkontrollierten Lachanfall auslöste.
Earl hielt die Beifahrertür auf und setzte sich dann hinters Lenkrad. Das Licht der Dampflaterne strahlte durch die Windschutzscheibe, und ich sah erst seine Silhouette erstarren, dann wie seine Schultern hart wurden, als hätte er just in diesem Augenblick gemerkt, daß sich unter seinem Auto ein Riß in der Erde auf getan hätte. Dann stieg er aus dem Wagen und starrte ungläubig auf seine Handflächen, die nassen Schlieren in seinem Anzug, die feuchten Abdrücke, die seine Schuhe jetzt hinterließen.
Clete startete den Motor, und der durchgerostete Auspuff dröhnte mit lautem Hall, noch verstärkt durch den Asphaltboden und die Wagenreihen um uns herum. Er fuhr eine Reihe weiter und rollte langsam an dem Chrysler vorbei. Motor und Karosserie machten ein Geräusch wie Glas, das zermahlen wird.
»Was liegt an, Bob?« fragte er und schnippte seine Zigarette in hohem, funkenstiebendem Bogen durch die Luft. Dann drückte er eine Kassette mit Rockmusik in den Recorder und hielt Bobby Earl den nach oben gestreckten Daumen hin.
Das Gesicht von Bobby Earl glitt an unserem Fenster vorbei wie ein zornerfüllter Ballon. Die Frau im Abendkleid lief eilig zurück zum Clubhaus. Die Absätze ihrer hochhackigen Schuhe klackten durch die Pfützen.
Alle Menschen haben irgendeine Art von Totem oder Religion. Selbst ein Atheist muß auf eine bestimmte spirituelle Art und Weise in seinem Glauben sehr verankert sein, daß das Universum von selbst entstanden und das darauffolgende Entstehen intelligenten Lebens einfach einem biologischen Zufall zu verdanken ist. Eddy Raintrees Versuch, der metaphysischen Seite seines Lebens gerecht zu werden, war nur ein bißchen exzentrischer als bei den
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