Weißglut
aus.
Sayre hielt ein brennendes Streichholz an die Kerze auf dem mitgebrachten Tablett. »Ich habe dir was zu essen gemacht. Tomatensuppe. Käse und Cracker.«
»Du sollst mich nicht bedienen, aber im Moment bin ich zu hungrig, um dich dafür zu schimpfen.«
Sie nickte zu dem kleinen Sofa hin, und er setzte sich, stopfte das Handtuch gesittet zwischen die Schenkel und hob dann das Tablett auf seinen Schoß. Sie nahm auf der Ottomane Platz. Erst als er den Löffel schon in der Hand und ihn in die Suppe getunkt hatte, besann er sich seiner guten Erziehung. »Hast du was gegessen?«
»Vor einer Weile.«
Er nahm einen Löffel Suppe und biss ein Stück Cheddar ab. »Wie geht es Frito?«
»Er hat Speck und Eier verschlungen und schläft im Augenblick.«
»Speck? Tausend Dank. Jetzt wird er sich nie wieder mit Eiern ohne was zufrieden geben.«
»Ich hatte das Gefühl, dass er eine Belohnung verdient hätte. Schließlich hat er fast den ganzen Nachmittag bei dir Wache gehalten.«
Er hielt inne und sah sie an. »Du offenbar auch.«
Plötzlich war der Raum zu dunkel, zu still – und Beck zu nackt. Sie stand unvermittelt auf und zerrte, seinen Protesten zum Trotz, die nassen Laken vom Bett, um sie durch frische zu ersetzen. Bis sie damit fertig war, spülte er sein Mahl bereits mit einem Glas Milch herunter.
Sie trug das Tablett in die Küche zurück und kam mit einer Hand voll Hershey’s Kisses zurück. »Ich dachte, du möchtest vielleicht was Süßes.«
»Danke.« Er wickelte die Schokolade aus der Folie und warf sie sich in den Mund. »Was meintest du, als du vorhin sagtest, Chris sei nicht mein Freund? Oder habe ich mir das nur eingebildet?«
Sie nahm wieder auf der Ottomane Platz. »Nein, das habe ich wirklich gesagt. Weil er tatenlos dastand und nichts unternahm, während du verprügelt wurdest.«
»Er hätte nicht viel tun können, Sayre.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach sie hitzig. »Auch wenn er nicht selbst kämpfen wollte, hätte er Fred Decluette nicht davon abhalten dürfen, dir zu Hilfe zu kommen. Und das habe ich genau gesehen.«
»Ich bin freiwillig da rübergegangen, um mit Luce Daly zu sprechen. Chris hat mir abgeraten. Er meinte, ich sollte warten, bis Red mit Verstärkung eingetroffen wäre. Wahrscheinlich dachte er, dass ich es darauf angelegt hätte. Ich wollte den Helden spielen.«
Seine Erklärung konnte sie nicht überzeugen. Natürlich klang das vernünftig. Aber sie hatte Chris’ Gesicht gesehen, und ihr Bruder hatte nicht die angsterfüllte Miene eines Menschen gezeigt, der hilflos zusehen musste, wie sein Freund von einer aufgebrachten Menge überwältigt wurde.
»Hätten dich zehn wilde Pferde abhalten können, wenn es andersrum gewesen wäre?«, fragte sie. »Wärst du Chris nicht zu Hilfe gekommen?«
»Weiß ich nicht.«
»Doch, das weißt du genau. Du hast ihm und Danny vor drei Jahren bei der Schlägerei im Razorback beigestanden.«
»Was rückblickend betrachtet Unfug war. Außerdem hatten wir es damals nicht mit einer aufgebrachten Menge, sondern nur mit Slap Watkins zu tun.«
Sobald er den Namen ausgesprochen hatten, stellten sich die Härchen an ihren Armen auf. Sie strich sie wieder glatt.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Ich hätte dich nicht an ihn erinnern sollen.«
»Egal.«
»Er wurde wohl nicht zufällig festgenommen, während ich den Tag verschlafen habe?«
»Nicht soweit ich gehört habe.«
Ihr fiel auf, wie geschickt er von Chris abgelenkt hatte, doch sie ließ den Themenwechsel zu. »Ich würde meinen, das Sheriffbüro war vor allem mit der Situation vor der Gießerei beschäftigt.«
»Hast du Nielson zurückgerufen?«
»Ich habe mit seiner Empfangsdame gesprochen. Sie dankte mir dafür, dass ich ihren Anruf erwidert habe. Sie wussten bereits über die Ereignisse von heute Morgen Bescheid. Sie bedauern es, denn Gewalt wäre nicht Nielsons Stil, und sie lassen fragen, wie es dir geht.«
»Vielleicht hat er Mitleid mit mir und hält dafür unsere nächste Verabredung ein.«
»Vielleicht. Allerdings …«
»O Mann. Es gibt ein Allerdings?«
Sie knabberte an einem Hershey’s Kiss. »Das Problem mit Nielson hat sich vorerst erledigt, Beck.«
»Wieso das?«
Weil sie nicht wusste, wie er die Neuigkeit aufnehmen würde, brachte Sayre sie ihm so schonend wie möglich bei. »Hoyle Enterprises wurde heute von der Arbeitssicherheitsbehörde geschlossen.« Sie erzählte ihm, was sie erst in den Nachrichten und später von Huff erfahren
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