Weißglut
…«
»Vergesse ich bestimmt nicht.«
Sie schloss die Fensterläden, um das Licht im Zimmer zu dämpfen, und schaltete den Deckenventilator ein. Dann wartete sie ab, bis das rhythmische Heben und Senken seiner Brust anzeigte, dass er tief und fest schlief. Erst dann schlich sie zur Tür und winkte Frito, ihr zu folgen.
Stattdessen legte sich der Retriever am Fußende von Becks Bett auf den Boden, ließ den Kopf auf den Pfoten ruhen und sah mit leidendem Blick zu ihr auf.
Lautlos verließ sie den Raum.
Am hellen Nachmittag tauchte Beck aus einem Schlaf auf, in dem er während der letzten halben Stunde keine Ruhe gefunden hatte. Desorientiert richtete er den Blick auf sie. »Sayre?«
»Du hast angefangen zu stöhnen. Ich glaube, die Wirkung des Schmerzmittels lässt nach.«
Er sah auf den Wecker auf seinem Nachttisch. »Warum bist du noch hier?«
»Nimm noch drei Tabletten.« Sie steckte sie in seinen Mund und hielt ihm das Wasserglas an die Lippen.
Er schluckte die Tabletten und fragte dann: »Waren Reporter da?«
»Um eins hielt ein Lieferwagen eines Senders aus New Orleans vor dem Tor und zwei Männer stiegen aus. Sie starrten eine Weile das Haus an, stiegen dann wieder ein und fuhren weiter.«
Seine Lider hatten sich wieder geschlossen; er nickte lediglich.
»In den Mittagsnachrichten wurde der Zusammenstoß kurz erwähnt und ein ausführlicherer Bericht in den Abendnachrichten angekündigt. Nielsons Büro hat eine Erklärung herausgegeben. Er bedauert die Gewalt und behauptet, nicht seine Leute, sondern Hoyles Angestellte hätten dich attackiert.«
»Er hat Recht. Ich habe sie erkannt.«
»Dein Handy hat mehrmals geläutet. Ich habe keine Nachrichten abgehört, aber die Nummern auf dem Display kontrolliert und bei zwei Anrufen die Nummer von Nielsons Büro erkannt.«
»Ruf sie zurück. Erkundige dich, was sie wollten. Wenn es dir nichts ausmacht.«
»Gar nichts. Ich wusste, dass Huff sich deinetwegen Sorgen machen würde, und habe ihn angerufen. Ich sagte ihm, dass du wieder auf die Beine kommst, dass du dich zu Hause erholst und dass ich jeden, ihn eingeschlossen, erschießen würde, der sich in deine Einfahrt wagt.«
Das brachte ihn zum Lächeln. »Das glaube ich dir sofort. Hast du was von Chris gehört?«
»Ich werde dir was über Chris verraten. Er ist nicht dein Freund, Beck.«
Er schlug die Augen auf.
Sie schüttelte ganz langsam den Kopf und sagte leise: »Ehrlich.«
Er sah sie noch ein paar Sekunden lang an, dann schlossen sich seine Lider, und er war wieder eingeschlafen.
Um Viertel nach sechs rief sie wieder bei Huff an. Nach seinem geknurrten Hallo sagte sie: »Ich bin’s, Sayre. Ich habe es eben in den Abendnachrichten gesehen.«
Sie konnte ihn atmen hören. Und sie stellte sich vor, dass er den Hörer so fest umklammerte, dass die Knöchel weiß hervortraten. Bestimmt paffte er wutentbrannt eine Zigarette und seine Augen waren schwarze, zornige Nadelspitzen. »Rufst du nur aus Schadenfreude an?«
»Ich rufe in Becks Namen an. Sobald er aufwacht, wird er wissen wollen, wie du reagiert hast.«
Erst hatte sie kaum glauben können, was der Nachrichtensprecher verkündet hatte, und sie hätte es bestimmt nicht geglaubt, wenn die eingeblendeten Bilder seine Worte nicht bestätigt hätten.
Die Arbeitssicherheitsbehörde war am Nachmittag bei Hoyle Enterprises vorstellig geworden und hatte das gesamte Werk geschlossen, vom Verladeplatz für das Alteisen bis zur Versandabteilung der neu gegossenen Rohre.
»Es ist ein Trauertag, an dem eine Bande von bleistiftkauenden Bürokraten, die wahrscheinlich noch nie im Leben ins Schwitzen gekommen sind, einem Mann seine Geschäft verbieten können«, donnerte Huff. »Steckst du etwa dahinter?«
»Nein, du steckst dahinter. Du hast dir das selbst eingebrockt, Huff. Man hat dich immer und immer wieder gewarnt. Wenn du die vorhergehenden Anordnungen befolgt hättest …«
»Wenn ich den Schwanz eingezogen hätte, willst du sagen.«
Mit ihm zu streiten war wie gegen eine Mauer zu rennen. Er würde niemals zugeben, selbst schuld an seiner Misere zu sein. Man würde der Firma erst nach einer gründlichen Inspektion sämtlicher Bereiche die Wiederinbetriebnahme erlauben. Die Behörde verlangte die bedingungslose Erfüllung aller Vorgaben, die aufgrund der Inspektion erlassen würden, sowie die volle Zahlung aller Bußgelder, die für etwaige Verstöße festgesetzt würden, von denen es nach allgemeiner Übereinstimmung eine ganze Reihe
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