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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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würde. Er hatte sie nur halbherzig und höflichkeitshalber ausgesprochen.
    Nach einem weiteren verlegenen Schweigen fragte er leise: »Und bist du glücklich in Kalifornien, Sayre?«
    »Woher weißt du, dass ich inzwischen dort lebe?«
    »Komm schon. Du weißt, wie schnell sich hier unten solche Neuigkeiten verbreiten. Du hast da drüben ein Möbelgeschäft, richtig?«
    »Ein Homedesign-Shop.«
    »Du bist bestimmt gut. Hast du … ähm, Familie?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Meine Ehen haben nicht lang gehalten.«
    »Ich bin bei meiner zweiten.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Vier Kinder. Drei davon sind ihre. Das vierte ist unser gemeinsames. Ein Junge.«
    »Das ist aber schön, Clark. Das freut mich für dich.«
    Er senkte den Kopf, schob die Hände in die hinteren Hosentaschen und schaute auf seine nackten Zehen. »Na ja, wir schlagen uns wohl alle durch, so gut wir können, schätze ich. Wir müssen mit den Karten spielen, die wir ausgeteilt bekommen.«
    Sie zögerte und stellte dann doch die Frage, die ihr auf der Zunge lag. »Warum bist du nicht Elektroingenieur geworden, wie du es geplant hattest?«
    »Das ging nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Das weißt du nicht? Das College hat mich abgewiesen. Mein Stipendium war gestrichen worden.«
    »Was?«, entfuhr es ihr. »Aber wieso?«
    »Das hat man mir nie verraten. Eines Tages bekam ich einen Brief, in dem kurz gesagt stand, ich brauchte mich nicht einzuschreiben, wenn ich meine Studiengebühren nicht aus eigener Tasche bezahlen könnte, weil mein Stipendium gestrichen worden sei. Also versuchte ich, ein Stipendium als Sportler zu bekommen, aber wegen meiner Knieverletzung wollten mich nicht einmal die kleineren Colleges nehmen. Mom und Dad konnten es sich nicht leisten, mich aufs College zu schicken, und so beschloss ich, erst ein paar Jahre zu arbeiten und genug Geld zu sparen, damit ich selbst für mich aufkommen konnte. Aber … dann kam alles anders. Mom bekam Krebs, und Dad brauchte Hilfe, weil er nicht allein für sie sorgen konnte. Du weißt selbst, wie so was geht.«
    Beide kannten den Grund dafür, dass sein Stipendium gestrichen worden war – Huff. Er hatte die Fäden gezogen, an denen wahrscheinlich enorme Geldsummen hingen. Er hatte geschworen, Clark Daly zu ruinieren, und er hatte sein Wort gehalten. Man konnte sich darauf verlassen, dass Huff Wort hielt. Jetzt stand Clark auf seiner Gehaltsliste und schuftete sich den Buckel krumm, was Huff mit Sicherheit maßlos freute. Wahrscheinlich lachte er jeden Tag mehrmals herzlich über Clark.
    »Ich schätze, du bist jetzt ziemlich enttäuscht von mir.« Clark lachte abfällig. »Scheiße, ich bin selbst enttäuscht von mir.«
    »Schade, dass es für dich nicht besser gelaufen ist. Es gab widrige Umstände, gegen die du nichts ausrichten konntest. Namentlich Huff Hoyle.«
    »Du hast es auch nicht gerade leicht gehabt, nicht wahr?«
    »Ich habe überlebt, aber jahrelang war es nicht mehr als das nackte Überleben.«
    »Offenbar hat Danny das Gefühl gehabt, dass überleben allein nicht genügt.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Wie werden Huff und Chris mit seinem Selbstmord fertig?«
    Sie deutete auf die Schlote, die über der Stadt aufragten. »Hauptsache, die Räder drehen sich weiter. Sie sind schon wieder in ihren Büros. Beck Merchant – ich nehme an, du kennst ihn.«
    Seine Lippen gefroren zu einer dünnen, abweisenden Linie. »Ich weiß genau, wer er ist. Halt dich von ihm fern. Er ist …«
    »Clark?«
    Eine Frau von etwa Ende zwanzig war auf die Veranda getreten. Sie war blond und hübsch. Oder wäre es gewesen, wenn sie nicht so verdrossen geschaut hätte. Ein ungefähr einjähriges Kind saß, mit nichts als einer Windel bekleidet, auf ihrer Hüfte.
    »Hey, Luce, das ist Sayre Hoyle. Sayre, meine Frau Luce.«
    »Sehr erfreut«, begrüßte Sayre sie höflich.
    »Hi.«
    Ihre abweisende Unhöflichkeit schien Clark peinlich zu sein, deshalb sagte er schnell: »Das ist Clark junior.«
    »Ein hübscher Junge.« Sayre schenkte beiden Eltern ein Lächeln.
    »Er kann ganz schön anstrengend werden«, sagte Clark. »Das Gehenlernen hat er ausgelassen, er ist vom Krabbeln direkt zum Rennen übergegangen.«
    »Ich komme zu spät zur Arbeit«, verkündete Luce barsch. Die Fliegentür knallte hinter ihr zu, als sie im Haus verschwand.
    Clark drehte sich wieder zu Sayre um. »In den Sommerferien muss ich auf die Kinder aufpassen, während Luce arbeiten geht. Sie hat einen Job im Krankenhaus. In der Verwaltung,

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